Mittwoch 21. August 2024

Courage und Gottvertrauen. Der unfolgsame Nikolaus

Courage und Gottvertrauen. Der unfolgsame Nikolaus

zum Nikolaustag, 6. Dezember 2016 / Lesejahr A

 

Autorin: Mag. a Angelika Gumpendorfer-Eckerstorfer,

                 Referentin im Sozialreferat der Diözese Linz

Liebe Brüder und Schwestern, liebe Kinder!

 

War der Nikolaus schon bei euch? Was hat er euch gefragt oder erzählt?

Wahrscheinlich wurden auch Sie, liebe Erwachsene, früher als Kinder vom Nikolaus gefragt: Hast du immer brav deinen Eltern gehorcht, der LehrerIn gefolgt? Hast du getan, was sie dir gesagt haben? Warst du ein gehorsames Kind? Nach Ermahnungen holte er dann Nüsse, Mandarinen oder kleine Geschenke aus dem Sack.

Heute soll der Nikolaus nicht mehr als Erziehungshelfer benutzt werden, sondern die Menschen, allen voran die Kinder, erfreuen. Zu ihm, der auch Schutzpatron der Kinder ist, möchte ich ein paar Gedanken sagen.

In den Legenden vom Hl. Nikolaus kommen zwei Personen aus Myra in Lykien, das 100 km südwestlich vom türkischen Antalya liegt, zusammen: Der Bischof, der zur Zeit der Christenverfolgung lebte, Konzilsteilnehmer in Nizäa war und um 350 starb, und der Abt des Klosters Sion, 564 gestorben.

Eine der vielen Nikolaus-Geschichten will ich Ihnen jetzt erzählen und darüber nachdenken, was sie uns heute sagen kann.

 

Die Kornvermehrung

Es gab Missernten in der Gegend von Myra, die Menschen leiden Hunger und wissen sich nicht zu helfen. Wie sollen sie überleben? Da erfährt der Bischof Nikolaus, dass Schiffe im Hafen der Stadt liegen, schwer beladen mit Getreide für den Kaiser in Byzanz. Der Schiffskapitän wagt es nicht, einen Teil des Getreides zu verkaufen, weil er den strengen Auftrag hat, alles dem Kaiser abzuliefern. Nikolaus setzt sein Verhandlungsgeschick und sein Ansehen ein und bürgt persönlich für die entnommenen Säcke. So kann er den Kapitän schließlich dazu bewegen, der Bevölkerung Myras mit Getreide auszuhelfen.

Ab da gibt es zwei Versionen, wie die Geschichte weitergeht: in der einen laufen die Schiffe den Zielhafen an, und beim Ausladen stellen die Schiffsleute fest: es fehlt durch ein Wunder nichts von dem Korn. Alles ist da, als hätte nie jemand einen Sack ausgeladen.

In der anderen Version geht Nikolaus als Bürge mit aufs Schiff. Auf der Überfahrt geraten die Schiffe in einen schweren Sturm, und hätten sie nicht vorher einen Teil des Getreides abgeladen – und hätte nicht Nikolaus den Sturm besänftigt – so wären alle im Meer versunken, Besatzung, Ladung und Schiffe. So erlässt der Kaiser dem Nikolaus den Preis des Getreides, weil er die Schiffe gerettet hat.

Das Getreide reicht für zwei Jahre und eine Aussaat. Alle werden satt.

 

Eine Geschichte voll Mut und Vertrauen: Entgegen aller Hoffnung und Wahrscheinlichkeit verhandelt Nikolaus mit dem Kapitän, und gemeinsam setzen sich die beiden über Gesetze und Vorschriften hinweg – um Menschen vor dem Tod zu retten.

Nikolaus fürchtet den Hungertod seiner Landsleute, der Kapitän den unberechenbaren Zorn des Auftraggebers. Doch sie lassen sich von der Angst nicht lähmen und suchen einen Ausweg aus dem Dilemma.

Gesetze und Vorschriften sind dazu gemacht, das Zusammenleben der Menschen zu regeln und gerecht zu gestalten. Sie sollen dem guten Leben von Menschen dienen, nicht sie zu Tode kommen lassen! Diese Haltung, dieses kritische Verhältnis zu Normen und Gesetzen können wir heute auch gut und dringend brauchen. Hätte der Kapitän nichts von seinem Getreide abgegeben, dann hätte er zwar nicht gegen den Befehl des Kaisers verstoßen – sich aber einer unterlassenen Hilfeleistung gegenüber den fremden BewohnerInnen von Myra schuldig gemacht.

Und hier klingen politische Auseinandersetzungen, die wir derzeit führen, bei mir an: Österreich im Notstand – und somit freigesprochen davon, weit dramatischerem Notstand in anderen Schiffe Ländern abzuhelfen? Schließlich haben wir ein Gesetz, und dieses Gesetz gibt uns das „Recht“, die eigenen Grenzen hochzuziehen. Tun wir – im persönlichen Umgang und Reden, im Bemühen der VolksvertreterInnen – genug, um der Not vor den Toren Europas (oder sogar in den Ländern am Rand Europas) entgegenzuhalten? Einer Not, die da „Obdachlosigkeit, Hunger, keine Bildung, Unsicherheit“ heißt? Dieser Not abzuhelfen heißt zuerst hinzuschauen, sich berühren zu lassen – und am besten vor Ort für die Stillung der Grundbedürfnisse zu sorgen. Aber auch dafür braucht es Mut, Geld und Solidarität.

Welche Prioritäten setze ich? Was ist mir wichtiger – ausreichend gesichertes Leben, oder dem Gesetz Genüge getan zu haben? Nikolaus setzte Prioriäten: lieber Tausende aus seiner Stadt vor dem Hungertod retten und mit dem eigenen Leben bürgen, es sogar verlieren können - als Konflikte zu vermeiden, der Obrigkeit hörig zu sein und auf der sicheren Seite zu bleiben.

Was wir von Nikolaus weiters lernen können, ist Vertrauen: ein Vertrauen darauf, dass die Sache ein gutes Ende nehmen wird, auch wenn ich selber noch nicht weiß wie das geschehen soll. Auf Gott setzen, nachdem man die eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft hat. Und erfahren, dass genug für alle da ist. Schließlich – wie der Kaiser – das Gute im Schlechten sehen, das kleinere Übel hinnehmen, lieber den Verlust von wenig Getreide verschmerzen als den Verlust der gesamten Ladung und der Schiffe.

Und Ruhe bewahren im Sturm. In einem Sturm, der vielleicht den Untergang bringt – oder sich bald legen wird, der im Moment äußerst bedrohlich ist, aber zu überstehen ist. Turbulente Zeiten müssen nicht in den Untergang führen. Ein kühler, klarer Kopf schadet da auch nicht.

 

Ein Hoffnungslied

 

Unsere Hoffnung muss Fantasie bekommen,

die diese kranke Welt neu entwerfen kann,

die das aus-malen, aus-denken, aus-deuten, aus-breiten kann,

von dem wir jetzt nur träumen können:

den neuen Himmel und die neue Erde.

 

Unsere Hoffnung muss Hände bekommen,

die Hand anlegen an dieser kranken Welt,

heilende Hände anlegen,

die die Tränen abtrocknen

und sich nicht abfinden mit den Ungerechtigkeiten

dieser kranken Welt.

 

Unsere Hoffnung muss Worte bekommen,

die die Menschen verstehen,

ein rechtes Wort zur rechten Zeit,

worte, die Trauer tragen,

Worte, die trösten,

Worte, die Freude schenken.

 

Gott hat damit den Anfang gemacht

In seinem geliebten Sohn Jesus von Nazareth,

in ihm hat die Hoffnung der Menschen,

die Hoffnung dieser kranken Welt

Hand und Fuß bekommen,

und das im wahrsten Sinne des Wortes.

 

Gott hat damit den Anfang gemacht,

wir müssen weitermachen.

                Aus: Gebetsmappe der Burg Altpernstein

 

Segenstext

Die Barmherzigkeit Gottes umgebe dich

Die Menschenfreundlichkeit Gottes begleite dich.

Ihre leuchtende Gegenwart umstrahle dich.

Die Weisheit Gottes erfülle dich.

Gehe hin in Frieden.

Amen

                Aus: Gebetsmappe der Burg Altpernstein

 

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