Samstag 20. Juli 2024

Was bekomme ich für Verzicht?

Sozialpredigt zum 17. Sonntag im JK, Lesejahr A (30. Juli 2023)

 

Autorin: Johanna Strasser-Lötsch, Pastoralassistentin Pfarre Wels - St. Franziskus

 

L1: 1Kön3,5.7-12

Mt 13,44-52 oder Mt 13,44-46

 

 

Liebe Schwestern und Brüder,

 

kostbare Funde sind es, die im heutigen Evangelium als Vergleichspunkte für das Himmelreich dienen: ein vergrabener Schatz im Acker, eine kostbare Perle. Aber es ist auch ein hoher Einsatz, den der Erwerb des Schatzes von den Findern fordert – von beiden heißt es: „Er verkaufte alles, was er besaß.“

Schon regt sich Widerspruch, der aus dem praktischen Leben entspringt: Ist das vernünftig, alles auf eine Karte zu setzen? Ist der Fund den hohen Einsatz wert? Können die elementaren Lebensbedürfnisse noch gedeckt werden, wenn alles verkauft wird, um den Schatz erwerben zu können? Gibt es keine Verpflichtungen anderen gegenüber, die durch so eine radikale Aktion verletzt werden könnten? Und – aufs Heute bezogen: Gibt es nicht allzu viele Menschen, die sich wegen einer Liebhaberei, einer fixen Idee in Unkosten stürzen, die ihnen dann über den Kopf wachsen?

 

Noch bevor meine aufgeregten Einwände an ein Ende kommen, meldet sich der Teil in mir zu Wort, der vom richtigen und guten Verstehen von Gleichnissen weiß: Er sagt mir, es geht in Gleichnissen nicht um eine Geschichte, die 1:1 in die Realität übertragen werden kann, sondern es geht um den einen springenden Punkt, auf den die kleine Geschichte hinzielt.

Was aber ist der springende Punkt in diesen beiden kleinen Beispiel-Erzählungen? Vielleicht könnte man ihn so formulieren: Wenn du etwas als unbedingt richtig und gut erkannt hast, dann lass dich davon locken und nach vorne ziehen; folge dieser Spur und setze deine Kräfte dafür ein.

 

Unterbrechen wir diesen Gedanken kurz an dieser Stelle und erinnern wir uns an die erste Lesung! Dem heutigen Evangelium ist eine Erzählung aus dem Ersten Testament zur Seite gestellt, die jenes gut ergänzt. Von König Salomo wird erzählt, dass er einen Wunsch frei habe, es wird ihm sozusagen ein kostbarer Schatz in Aussicht gestellt. Worauf möchte er sein Leben ausrichten? Was ist sein Schatz, dem er alle anderen Wünsche unterordnet, dessentwegen er – in Gleichnis-Sprache gesprochen – alle anderen „verkauft“? Was schwebt ihm als Ziel vor Augen, dessen Spur er folgen möchte? Er nennt die Weisheit als seinen Schatz.

 

Die Weisheit halte ich für eine unabdingbare Zugabe, wenn wir uns auf die Suche nach dem Schatz im Acker unseres Lebens machen, nach dem Kostbaren, Unverzichtbaren, dass lockt und nach vorne zieht und das wir uns auch etwas kosten lassen.

Verschiedene Menschen werden ihren Schatz wohl unterschiedlich benennen. Für manche wird es das Glück einer Familie sein, dem sie vieles andere unterordnen. Für manche wird es die berufliche Aufgabe sein, manchen geht es um das Pflegen einer besonderen Fähigkeit, die ihnen gegeben ist. Wenn die Suche nach dem, was gut und richtig ist, von Weisheit geleitet ist, wird darin ein kostbarer Schatz für das Leben liegen.

 

Unsere Suche nach dem Schatz ist aber nicht nur eine individuelle Sache. Auch uns als Gesellschaft insgesamt ist diese Suche aufgegeben. Zurzeit fällt einem da als Schatz, den es zu heben gilt, vielleicht zuerst eine lebenswerte Welt und Umwelt ein, eine Welt, die ihr Gleichgewicht erhält bzw. wiederfindet, eine Erde, die mit ihrem Reichtum alle Menschen ernährt, die auf ihr wohnen, eine Erde, die mit ihren riesigen Wäldern und Flächen an Meerespflanzen atmet und alle Lebewesen mit Sauerstoff versorgt, eine Erde, die über Generationen hin eine lebenswerte Heimat für Menschen und Tiere ist.

 

Wir sind es gewohnt, von Klimakrisen und herannahenden Katastrophen zu hören und zu reden. Diese alarmierende Sicht ist sicher notwendig. Aber wäre es darüber hinaus nicht auch heilsam, dem Hinweis der beiden kleinen Gleichnisse zu folgen und den Schatz in den Blick zu nehmen, den es zu finden und zu ehren gilt? Das würde auch bedeuten, dass der Verzicht, der für diesen Schatz zu leisten ist, in einer anderen Farbe gesehen wird – nicht ein Verzicht unter Ächzen und Stöhnen, sondern in der Freude und der Freiheit, die daraus erwächst, dass der Verzicht auf ein lockendes Ziel hinführt.

 

Noch einmal sei eingeräumt, dass der Verzicht auch oft hart errungen werden muss: der Verzicht auf unbeschränkten Ressourcenverbrauch, auf Bequemlichkeit, auf Billigprodukte, auf fragwürdige Gewohnheiten. Aber wir sollten nicht aus dem Blick verlieren, was es zu gewinnen gibt.
… Und bei allem möge uns die Weisheit leiten!!! Amen.

 

Fürbitten (die Antwort auf die einzelnen Fürbitten ist: Schenke uns Weisheit!)

 

Gott des Lebens, vor dein Angesicht legen wir alles hin, was uns unter den Nägeln brennt:

 

Wir denken an unsere gefährdete Erde, die an der Erwärmung wie an einem Fieber leidet, und durch Ausbeutung und Versiegelung am Atmen gehindert wird. Sie braucht weise Behandlung von uns allen. A: Schenke uns Weisheit

 

Wir denken in Sorge an jene Menschen, deren Lebensgrundlage durch die gegenwärtigen Entwicklungen bedroht ist. Sie brauchen weise Solidarität von uns allen.  A: Schenke uns Weisheit

 

Wir denken respektvoll an Entscheidungsträger:innen in Politik und Gesellschaft, die dem sinnvollen Verzicht das Wort reden, sich auch unpopuläre Forderungen zu erheben trauen und das lockende Ziel nicht aus den Augen verlieren. Sie brauchen weise Unterstützung von uns allen.

A: Schenke uns Weisheit

 

Wir denken in Liebe auch an die Menschen in unserem persönlichen Umfeld, die sich schwertun, den Schatz in ihrem Leben zu finden, für den sich die täglichen Mühen und Anstrengungen auszahlen. Sie brauchen vielleicht dann und wann einen weisen Anstoß von uns. A: Schenke uns Weisheit

 

Gott, wir bekennen dich als Gott des Lebens – lass uns einstimmen und einschwingen in eine Bewegung, die dem Leben dient. Das bitten wir dich durch Jesus Christus, der uns darin Vorbild und Bruder ist. Amen
 

Download: Sozialpredigt

 

 

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