Mittwoch 21. August 2024

Fasten in Krisenzeiten - Mut zu Neuorientierung

Sozialpredigt zum Aschermittwoch (22. Februar 2023)
Autor:  Daniel Holzapfel, Referent Pax Christi Österreich 


Mt 6,1-6.16-18
Joel 2,12-18; 2 Kor 5,20-6,2

Fasten liegt seit einigen Jahren ziemlich im Trend. Die einen fasten zum Abnehmen, die anderen zum Entschlacken, manche fasten abends, während andere mehrmals die Woche ganze Fastentage einlegen. Neben diesen Trends wirkt die nun beginnende Fastenzeit beinahe etwas altmodisch: Eine gute Gelegenheit, über Inhalt und Zielrichtung dieser Zeit nachzudenken und ihre Bedeutung für die Gegenwart zu erschließen. Der Text der ersten Lesung aus dem Buch Joel gibt uns einen Hinweis mit dem eindringlichen Appell: „Zerreißt eure Herzen, nicht eure Kleider“. Eines der Hauptziele der Fastenzeit ist also eine innere Reifung und Wandlung anstatt der Konzentration auf die äußere Sichtbarkeit unserer Handlungen. Beim Fasten handelt es sich in diesem Sinn also um eine Herzensangelegenheit mit dem Ziel, mich selbst und mein Leben besser kennenzulernen. 

 

Nicht nur in diesem Punkt erinnert mich das Fasten an das Pilgern. Beides stellt eine „Zwischenzeit“ im Alltag dar und führt zu einer Unterbrechung des gewohnten Trotts. Ich muss alles, was nicht notwendig für mich ist bzw. nicht Platz im Rucksack hat, zurücklassen und bekomme so einen Blick für wirklich Wichtiges. Diese neue Sicht auf die Dinge kann mir dabei helfen, Gutes wertzuschätzen und Schlechtes abzuwerfen oder auszubessern. Wenn mir das gelingt, kann ich im doppelten Sinn frei werden: Frei werden von Belastendem, Zwängen und Verletzungen und frei werden für neue Wege, neue Perspektiven und meine Mitmenschen.

 

Der letzte Punkt - frei werden für meine Mitmenschen - kann uns zu einer weiteren Erkenntnis führen: Weil wir eingebettet in ein soziales Umfeld leben und keine Einzelkämpfer:innen sind, macht es keinen Sinn, in der Fastenzeit nur allein nach neuen Wegen und Perspektiven zu suchen. Zusätzlich dazu sind wir auch als Gesellschaft herausgefordert, an Lösungen für Probleme und Gerechtigkeit für benachteiligte Menschen zu arbeiten. Der Blick auf die vergangenen Jahre zeigt uns, dass das Finden neuer Wege als Gemeinschaft immer größere Bedeutung gewinnt. Die multiplen Krisen offenbaren uns, vor welchen Grenzen unser derzeitiger Lebensstil steht: Krieg in Europa, Pandemie, weltweite Konfliktherde, Hunger, Teuerung, zunehmende Auswirkungen der Klimakatastrophe, die Aufzählung könnte noch lange fortgeführt werden. Diese Vielzahl an Herausforderungen, die unseren eigenen Wirkungsbereich übersteigen, lässt uns oft ohnmächtig zurück. Wie soll und kann ich selbst zur Verbesserung all dieser Aufgaben beitragen?

Dabei kann die kurze Textstelle der zweiten Lesung aus dem 2. Korintherbrief weiterhelfen: Wir können darauf vertrauen, dass Rettung und Zuwendung als Geschenk Gottes schon da sind. Es liegt an mir, dieses Geschenk aktiv anzunehmen. Die Zusage Gottes öffnet eine positive Perspektive, kann Mut sowie Sicherheit geben und stattet uns zugleich mit einem konkreten Auftrag aus, nämlich zu seinen Mitarbeiter:innen zu werden. Unsere Aufgabe ist es daher, durch eine am Wohl der Mitmenschen orientierte Lebensführung die Zuwendung Gottes in die Welt zu bringen. Konkret kann das auch mit Blick auf die Enzyklika „Laudato Si‘“ von Papst Franziskus bedeuten, sich mit den globalen Herausforderungen - Klimawandel, destruktive Finanzsysteme, Hunger, Kriege - zu beschäftigen und Wege daraus zu finden. Hier bietet die Fastenzeit eine gute Gelegenheit, die Folgen des eigenen Lebensstils zu überdenken und sich gegebenenfalls neu zu orientieren: Welche Auswirkungen hat meine Lebensweise beispielsweise auf Menschen im globalen Süden und auf die Umwelt? Wie kann ich mich für eine gerechte und nachhaltige Umverteilung von Reichtum und Macht einsetzen? Wo werde ich angesichts von zunehmender „Normalisierung des Krieges“ und Aufrüstung mit einer Botschaft der Versöhnung gehört?

 

Wenn wir uns angesichts dieser großen Fragen und Herausforderungen überfordert fühlen, können wir uns die Botschaft aus dem 2. Korintherbrief ins Gedächtnis rufen. Wir sind nicht allein gelassen, Gott hat uns seine Zuwendung geschenkt. Darauf können wir vertrauen und uns als Mitarbeiter:innen Gottes aktiv in seinen Dienst stellen für eine gerechte und friedliche Welt. Fastenzeit kann in diesem Sinn bedeuten, sich mit Gottes Hilfe mutig auf den Weg zu machen, neu zu orientieren und so auf das gemeinsame Ziel zuzugehen: Ostern und die damit verbundene Hoffnung auf ein Leben in Fülle für alle!
 

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