Montag 30. September 2024

Gott ist ganz unten angekommen

Sozialpredigt zum Palmsonntag (5. April 2020)  im Jahreskreis | Lesejahr A
 

Jes 50,4-7
Phil 2,6-11
Mt 26,14-27,66
 

Autorin: Mag.a Angelika Gumpenberger-E., Pastoralassistentin St. Franzikus/Wels

Liebe Geschwister in Gott!


Eine große Bandbreite an Emotionen liegt vor uns, wie wir sie auch aus dem eigenen Leben (zumindest teilweise) kennen – Erwartung, Jubel, Wehmut, Abschied, Angst, Verzweiflung und Liebe. In den Lesungen ist der ganze Bogen des Abschieds und der Passion Jesu heute vor uns aufgespannt: zuerst der Einzug in Jerusalem, in den letzten Aufenthaltsort Jesu – begleitet von einer fröhlichen Menschenmenge, von berührenden Zeichen der Verehrung und Bescheidenheit Jesu, dann die Vorbereitungen für den Abschied, das Abschiedsmahl Jesu beim Pessach, der Verrat seines Freundes, das Gebet in tiefer Verzweiflung, die Wache in der Nacht, die Folter und Verurteilung, der grausame Gang in den Tod.


Als Triumphator, als siegreicher Held, als Gottgleicher ist Jesus in den heutigen Texten gerade nicht gezeichnet: Er reitet auf einem Esel – dem alltäglichen, sanften Arbeitstier, er ringt ihm Gebet mit Gott, er wird geschlagen und verspottet, vom Freund verleugnet, völlig ausgeliefert, schmählich hingerichtet.


Wir sehen einen Christus, der Folteropfern aus Syrien oder in Syndikatskämpfen Mexikos Hingerichteten gleicht; der nicht strahlt und stolz dasteht, sondern geschlagen, verletzt und gedemütigt um seine Verbindung zu Gott ringt. Diese Momente fasst der Apostel Paulus in Worte, wenn er im sogenannten Philipper-Hymnus von Christus spricht – wir haben es in der Lesung gehört, und die Übersetzung der Bibel in gerechter Sprache schält es noch deutlicher heraus:
Über göttliche Gestalt verfügend, hielt Christus die Gottgleichheit doch nicht wie ein glückliches Los fest, sondern entäußerte sich selbst aller Vorrechte und nahm die Gestalt eines versklavten 

Menschen an, wurde den Menschen gleich und seine ganze Erscheinung zeigte: Er war ein Mensch wie du und ich.


Jesus Christus erscheint nicht mit Prunkgewändern, in Limousinen und mit Titeln überhäuft; er wirft nicht mit Geld um sich oder macht Profit mit Aktien und Immobilien, sondern er kommt „ganz unten an“, wie wir es nennen, wenn Menschen ihr Leben nicht mehr in der Hand haben oder bestimmen können, wenn sie zerschlagen, alleine und dem Tod nahe sind.


So möchte ich noch einen Satz aus dem Philipper-Brief dazustellen, der unmittelbar vor dem Gehörten zu finden ist: (BiGS Phil 2,5): Euer Verhältnis zueinander soll der Gemeinschaft mit Jesus Christus entsprechen.


Der Gemeinschaft mit welchem Jesus Christus? Wenn Jesus Christus – unser Gott – der Geschlagene, der Schwache ist, dann heißt es für uns auch dies: Gott ist dort zu finden, wo die Schwachen, die Gedemütigten, die Hilflosen und Armen sind. Um ihre Gesellschaft geht es – und sie brauchen unsere Gesellschaft, Anwaltschaft und Gegenwart. Sie zeigen uns Christus, dort ist Gott daheim (wir kennen das aus anderen Bibeltexten, etwa „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“).


Und Gott ist nicht vordergründig dort zu finden, wo Prunk, Titel, Macht, Geld und Ansehen daheim sind. Weder in Wirtschaft und Politik, noch in der Kirche mit all ihren scheinbar unverrückbaren (männlichen) Hierarchien, „Heiligkeiten“ und Eitelkeiten. Ja, er wird dort schon auch zu finden sein, aber das Wesen Gottes ist nicht, - verzeihen Sie mir – sein „Gott-sein heraushängen zu lassen“, ganz oben an der Spitze zu stehen, verkörpert von einem Mann, sondern freiwillig dort zu sein, wo es sich nicht gut lebt, wo Menschen anderen ausgeliefert sind.
Diese Botschaft von Passion und Ostern ist ein Stachel – ein Stachel in meinem Fleisch (weil ich auch zu den recht gut situierten Menschen auf dieser Welt gehöre), ein Stachel in unserem Land, ein Stachel in der Kirche. Als Christinnen und Christen können wir mit Jesus auch diese Wege gehen – hinaus aus der Komfortzone, gestärkt und begleitet von ihm, mit der Ahnung oder der Gewissheit, dass wir dem Leben in und mit Gott entgegengehen, dort und auch schon hier. Amen


Fürbitten


Gott, der du Jesus zu uns geschickt hast, damit du uns Menschen gleich wirst und nahe:

 

Wir bitten dich
Für die zerschlagenen und stimmlosen Menschen auf der Erde

Stille

Wir bitten dich, erhöre uns.


Für die kranken und einsamen Menschen.

Stille

Wir bitten dich, erhöre uns.


Für uns, um Kraft, anderen beizustehen.

Stille

Wir bitten dich, erhöre uns.

 

Für die Mächtigen – um einen demutsvollen Umgang mit Macht.

Stille

Wir bitten dich, erhöre uns.


Für die geschundene Schöpfung.

Stille

Wir bitten dich, erhöre uns.

 

Für die Verstorbenen.

Stille

Wir bitten dich, erhöre uns.

 

Gott – menschgeworden weißt du, was wir brauchen. Wir vertrauen uns deiner Hilfe und Begleitung an. Berühre uns mit deinem Segen.

Amen.
Segenswunsch auf Anfrage.
 

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