Die Klimakrise trifft nicht alle Menschen gleich: Einkommensschwächere Haushalte, Ältere und Kinder sind stärker betroffen, obwohl sie am wenigsten Emissionen verursachen. Darauf hat Martin Schenk, Mitbegründer der Armutskonferenz und Sozialexperte der Diakonie Österreich, am Montag im Rahmen einer Pressekonferenz des Klimavolksbegehrens (KVB) hingewiesen. Anlass ist die zweite Sitzung des parlamentarischen Umweltausschusses zum Klimavolksbegehren, die am Mittwoch stattfindet und per Live-Stream übertragen wird. Dabei sollen die Forderungen des KVB im Hohen Haus beraten werden, das in der Eintragungswoche vom 22. bis 29. Juni im letzten Jahr 381.000 Unterschriften erbracht hatte. Auch Österreichs Bischöfe hatten das Klimavolksbegehren unterstützt.
Ziel müsse ein Klimaschutzpaket sein, das "alle mitnimmt", sowie Investitionen in eine nachhaltige Entwicklung forderte Schenk gemeinsam mit u.a. Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb, KVB-Sprecherin Katharina Rogenhofer und Umweltmediziner Hans-Peter Hutter. Aktuell gebe es eine "environmental injustice" (Umweltungerechtigkeit), laut der ärmere und sozial benachteiligte Menschen ein höheres Maß an Umweltbelastungen ausgesetzt seien, als die reichste Bevölkerungsschicht, die die meisten Treibhausgase verursachen.
"Klimaschutz wird nur dann erfolgreich sein und Akzeptanz finden, wenn er nicht sozial blind ist", mahnte der Diakonie-Sozialexperte. Als Negativbeispiel nannte Schenk die französischen "Gelbwestenproteste". Die Kundgebungen gegen eine von Präsident Emmanuel Macron geplante Energiewende wandten sich u.a. gegen eine höhere Besteuerung fossiler Kraftstoffe, teils mit gewaltsamen Demonstrationen. Dringend erforderlich sei laut Schenk eine ökologische Steuerreform mit sozialem Ausgleich, etwa durch einen Ökobonus und eine möglichst große Beteiligung aller z.B. in Form von Bürgerräten.
Die Betreiber des auch von kirchlicher Seite breit unterstützten Klimavolksbegehrens appellierten am Montag an den Umweltausschuss und die Bundesregierung: Es brauche einen überparteilichen Mehrparteienantrag, der das Recht auf Klimaschutz in der Verfassung verankert und sicherstellt, dass Österreich bis 2040 klimaneutral wird, so die Sprecherin des Klimavolksbegehrens. Rogenhofer, die im Juni gemeinsam mit Kardinal Christoph Schönborn und weiteren hochrangigen Religionsvertretern für den Klimaschutz geworben hatte, betonte, die Lösungen der Klimakrise lägen mit dem Volksbegehren auf dem Tisch, nun müsse es darum gehen, dass "Österreich ab 2021 nicht mehr zu den Klimaschutz-Schlusslichtern zählt". Dazu brauche es aber einen "Fahrplan zur Klimaneutralität".
Aus klimawissenschaftlicher Sicht sei vor allem die Einhaltung des CO2-Budgets zentral, erläuterte Kromp-Kolb. Dazu brauche es aber ein verbindliches, wissenschaftlich fundiertes CO2-Budget, das im Klimaschutzgesetz festgeschrieben werden müsste und dessen Einhaltung von einer unabhängigen Einrichtung überprüft wird.
Die Corona-Krise und die damit einhergehende Wirtschaftskrise komme dabei "dem Klima und dem Klimaschutz entgegen", meinte die emeritierte Boku-Professorin. Da die Politik nun Investitionen in die Wirtschaft tätig müsse, könne sie im Zuge dessen auch in den Klimaschutz und eine zukunftsfähige Gesellschaft investieren. "Es liegt nun in der Politik sich für das Klima einzusetzen."
Konkrete Forderungen des KVB sind eine ökosoziale Steuerreform, der Abbau klimaschädigender Subventionen, die flächendeckende Versorgung mit klimafreundlicher Mobilität sowie die Energiewende.