1. Linzer Religionsgespräch 2000
130 interessierte Besucher/innen kamen zum 1. Linzer Religionsgespräch „Woran glaubst Du? Was hoffst Du?“. Diesen Fragen stellten sich Vertreter von vier Weltreligionen am 20. Jänner 2000 in der Katholisch-Theologischen Hochschule Linz.
Es stimmt, dass der Ort des Geschehens, die Katholisch-Theologische Fakultät, kein wirklich neutraler Boden war. Es stimmt auch, dass die Veranstalterseite (Theol. Erwachsenenbildung, Bildungswerk, Theol. Hochschule und Kirchenzeitung) rein christlich war. Und doch: Das 1. Linzer Religionsgespräch verlief ganz und gar freundschaftlich, im Geist der Toleranz, der Neugier und des gegenseitigen Wohlwollens. Von christlicher oder katholischer Vereinnahmung der anderen keine Spur, viel mehr waren Respekt und Hinhören angesagt.
Vier Männer (mit Moderator Mag. Othmar Stütz sogar fünf) und keine Frau saßen am Podium – offenkundig ist die Frauenfrage nicht nur dem Christentum, sondern ebenso dem Judentum, Islam und Buddhismus zu stellen. So verschieden die religiöse Herkunft der Männer am Podium ist, so unterschiedlich sind klarerweise ihre Biografien. Die Lebensgeschichten waren es wohl, die am Abend des 20. Jänner die stärksten Antworten auf die Frage nach Glaube und Hoffnung geben.
Was ist meine Wahrheit?
Der eine, Michael Mohammed Hanel, stammt aus Linz und wuchs in christlichem Umfeld auf. Heute ist er vom Islam ergriffen und gewählter Vorsitzender der Muslime in OÖ und Salzburg. Der andere kommt aus Sri Lanka. Mit elf Jahren wurde Thero Seelawansa buddhistischer Mönch. Seit Jahren lebt und doziert er in Wien und vertritt den Buddhismus vor dem Gesetz. Isac Menachem Moshkovitz, in Israel geborener Sohn osteuropäischer Juden, erhielt eine klassische Rabbinerausbildung, auch wenn er heute Geschäftsmann in Wien ist. Für die Christen sprach der römisch-katholische Priester Petrus Bsteh, der nach Jahren in Afrika das Afro-Asiatische Institut in Wien und die Kontaktstelle für Weltreligionen in Österreich leitet. Berührend, ja spannend war der ganze Abend. Und besonders spannend immer dann, wenn es um die Wahrheit ging. Wer will Allgemeingültiges und Wahres kennen, wissen, aussprechen? Ist nicht jede Wahrheit meine ganz persönliche Wahrheit? Letzteres war der Konsens, dem alle zustimmten. Und eine Fortsetzung der Diskussion – dann zu noch konkreteren Fragen – soll es schon im nächsten Jahr geben.
Martin Kranzl-Greinecker, Kirchenzeitung der Diözese Linz (25.1.2000)