5. Linzer Religionsgespräch 2004
Jesus Christus – Gottes Sohn? Jesus aus der Sicht der Weltreligionen
Weltreligionen sehen in Jesus eine verbindende Gestalt für Frieden und für den Umgang mit Schuld.
Die Frage, ob Jesus Sohn Gottes ist, beantwortet sich nicht nur im Bekenntnis zu Jesus. Christen gehen mit ihrer Antwort darauf eine Verpflichtung ein, Jesu Lebensweg zu folgen. Gerade das „Handeln wie Jesus“ kann zu einer tragenden Basis des Miteinanders der Religionen werden. Beim 5. Linzer Religionsgespräch an der Katholisch-Theologischen Privatuniversität Linz am 28. Jänner wurde gerade diese Verbindungslinie deutlich. Der Blick auf die Praxis Jesu – betonte der Linzer Theologe Dr. Franz Gruber – hätte jene Katastrophen verhindern können, in denen das Christusbekenntnis zur Quelle der Verfolgung wurde. Ob dies in den Kreuzzügen der Fall war oder in der Verfolgung der Juden im Nationalsozialismus. Mit seiner Sensibilität für die leidende Welt hätte sich Christus auf die Seite der Verfolgten gestellt.
Dies wurde auch von der jüdischen Rabbinerin Dr. Eveline Goodman-Thau so gesehen. „Jesus wäre nach Auschwitz gegangen“, ist sie sich sicher: „Für mich besteht die Tragödie des Christentums darin, dass sie die Juden nicht lieben konnten!“, meinte sie.
„Die Nächstenliebe ist die Basis der Spiritualität“, betonte Thero Seelawansa, buddhistischer Mönch in Wien. Die hohe Bedeutung des Friedens in der Lehre Jesu verbinde diesen auch mit der buddhistischen Religion.
Dass Jesus als der „Prophet, der vor Mohammed gelebt hat“, auch für den Islam Bedeutung hat, machte Carla-Amina Baghajati deutlich. Der Islam glaubt allerdings nicht an den Kreuzestod Jesu und auch nicht daran, dass dieser Gottes Sohn ist.
Im Blick auf Jesus wäre ein besseres Miteinander möglich. Jesus predigte nie Gewalt im Namen der Religion. Er war bei den Leidenden.
Matthäus Fellinger, Linzer Kirchenzeitung (4.2.2004)