7. Linzer Religionsgespräch 2006
Die Feste der Religionen: Wegweiser zu einem Leben mit Profil
Was Gläubigen verschiedener Religionen beim Feiern ihrer Feste wichtig ist
Die Feierkultur der Religionen trägt überall den Charakter der Befreiung aus Zwängen und des Aufatmens aus dem Alltäglichen. Und: Feste verbinden mehr als sie trennen. Eindrücke vom 7. Linzer Religionsgespräch.
Die Reihen im Hörsaal waren spärlich besetzt. Wie die großen Weltreligionen ihre Feste feiern, interessierte an diesem kalten Wintertag nur eine kleine Schar. Die ihren Feierabend am Montag, 30. Jänner 2006 beim 7. Linzer Religionsgespräch in der Katholisch-Theologischen Privatuniversität verbracht haben, bereuten es nicht.
Sabbat. Sonntag. Freitagsgebet.
„Ich freue mich über die Feste“, sagt Dr. Rose Proszowski aus Wien. „Unser heiligstes Fest“ – meint die engagierte Vertreterin eines reformierten Judentums – „ist der Sabbat – er übertrifft an Heiligkeit alle anderen Feste.“ Der jüdische Sabbat hat damit denselben Rang wie der Sonntag für die Christen. Die Einhaltung des Sabbats werde daher im Judentum besonders genau genommen. Und die Feier des Sabbats spielt sich zum Teil im Familienkreis, zum Teil in der Synagoge ab. Sonntag, das ist das „kleine Ostern“, sagt Pfarrer Johann Schausberger aus Riedersbach/St. Pantaleon.
Viele Feste orientieren sich am Mondkalender, sind also beweglich. Der Fastenmonat Ramadan verschiebt sich bei den Muslimen jährlich um elf Tage. Für DI Tarafa Baghajati (Wien) ist es ein besonderes Erlebnis, das „Fastenbrechen“ einmal in der Hitze von Damaskus erlebt zu haben, Jahrzehnte später bei eisigen Temperaturen im Norden. Das „brennt“ die Erinnerung in das Gedächtnis.
Wenn die Buddhistin Dr. Andrea Loseries aus Graz erzählt, erinnert das fast an die Grundsätze der „Allianz für den freien Sonntag“ der Christen: „Feste sind zum Routine-Brechen da, damit die Menschen Antrieb für das gemeinschaftliche Leben finden können.“
Wie bei den Juden und Christen spielt auch im Islam der Wochenrhythmus eine große Rolle. Zum Freitagsgebet kommen die Muslime zum Beten und zur Unterweisung zusammen. Der Buddhismus allerdings kennt den Wochenrhythmus nicht, er orientiert sich eher an den Mond-Viertelphasen.
Feiern und Gutes tun.
An ihren Festtagen sind die Buddhisten besonders angehalten, möglichst viele gute Werke zu vollbringen. Auch das ist ein gemeinsamer Nenner der Religionen: Feiern und Gutes tun gehören zusammen. Sogar Tiere werden an den Festen der Buddhisten freigelassen. Eine buddhistische Besonderheit: Der Ritus der Trauer ist ein fröhlicher Ritus. Im Judentum hat der Trauerritus auch hohe soziale Bedeutung. Freunde und Angehörige kommen während der siebentägigen Trauerzeit (Schiwa) ins Haus, um die Trauernden zu trösten.
Aufmerksamkeit.
„Mehr Aufmerksamkeit für die Feste der jeweils anderen“, wünschen sich die VertreterInnen der nicht christlichen Religionen. Das jüdische Chanukka-Fest ginge in zeitlicher Nähe zum christlichen Weihnachtsfest fast ganz unter. In der Öffentlichkeit würden Feste nicht christlicher Religionen in Österreich kaum wahrgenommen, sagen sie. Andererseits: Buddhisten haben kein Problem, die Feste der Christen mitzufeiern, selbst wenn sie sich mit dem Inhalt nicht persönlich identifizieren. Auch in Indien oder Japan wäre es so, sagt Dr. Andrea Loseries.
Pfarrer Schausberger erzählt ein Beispiel, wie die Symbole des Christentums von Muslimen ernst genommen werden: Als im Zuge des Bosnienkrieges bis zu 30 Flüchtlinge im Pfarrhof untergebracht waren, nahm er mit Rücksicht auf die Muslime in einem Raum das Kreuz ab. Diese baten ihn jedoch, es wieder anzubringen. Unter diesem Zeichen ist uns geholfen worden, sagten sie.
Baghajati nennt auch die Grenze dessen, was man von muslimischen Kindern erwarten soll: dass sie in der Schule bei Liedern mitsingen, die ein Gottes-Sohn-Bekenntnis abverlangen, ginge nicht. „Das glauben wir nämlich nicht!“ Vom Segen der gegenseitigen Gastfreundschaft bei den Festen ist auch er überzeugt.
Matthäus Fellinger, Linzer Kirchenzeitung (30.1.2006)