Rock of Dreams
Ein außergewöhnlicher Steinblock
Er ist 11,5 Tonnen schwer – jener Natursteinblock, an dem über zwei Jahre hindurch mehr als zwanzig Bildhauerinnen und Bildhauer gearbeitet haben. Der Stein, nahe der Stadt Vicenza abgebaut, ist vor 200 Millionen Jahren aus dem homogenen Zusammenschluss von zwei verschiedenen Gesteinsarten entstanden – dem goldgelben Muschelkalk „Giallo Dorato“ sowie dem silbergrauen Muschelkalk „Grigio d‘argento“. Dementsprechend weist der Block auch zwei unterschiedliche Farbzonen auf.
Im Atelier des „Steineflüsterers“
Seit dem Jahr 2021 steht dieser imposante Steinblock im Atelier des „Steineflüsterers“ Christian Koller im oberösterreichischen Pöndorf, nahe Frankenmarkt - auf einer drehbaren Rampe unter einem großen Sonnensegel. Und hat sich im Lauf der Monate immer mehr verändert. Denn in den Stein hinein- bzw. aus ihm herausgeschlagen wurden Symbole, Figuren oder Schriftzüge, die unterschiedliche Hoffnungswege bzw. "Menschheitsträume" zeigen: mit alt-ägyptischen, hinduistischen, buddhistischen, daoistischen, jüdischen, christlichen, islamischen sowie profanen Bezügen.
Ein spannendes Gemeinschaftsprojekt
Christian Koller, der bei Fritz Wotruba Bildhauerei studierte und u.a. Assistent bei Henry Moore war, ist der „Mastermind“ hinter diesem Gemeinschaftsprojekt. Seit vielen Jahren gelingt es ihm, Interessierte in die Bildhauerei einzuführen und sich das Arbeiten am Stein zu eigen zu machen. Dazu gehört auch Stefan Schlager. Koller ermutigte ihn, beim "Rock of Dreams" insbesondere das ins Bild zu rücken, wofür christliche Hoffnung steht.
Jesu Traum … vom Gottesreich
„Hoffen“ – so sagte der deutsche Bibelwissenschafter Fridolin Stier einmal – „heißt von einem geheimen Versprechen zu leben“. Von einem Versprechen, dass das Leben eines jeden Menschen getragen und umfangen ist. Auch dann, wenn es brennt und dornig ist. Dieses Versprechen hat Gott selbst den Menschen gegeben. Und er steht dafür mit seinem Namen ein: Jahwe - "Ich werde da sein, ich bin da" für euch. Was es heißt, von diesem Versprechen her zu leben, hat in besonderer Weise Jesus gezeigt. Er hat diese Zusage in den konkreten Alltag "über-setzt" – und mit einem Traum verbunden: dem Traum vom Reich Gottes. Inspiriert vom befreienden Da-Sein Gottes ermutigt und befähigt dieser Traum, ebenfalls füreinander da zu sein: einander aufrichtend, befreiend, in die Weite führend.
Zwei typische Symbole
Auf dem Stein finden sich dementsprechend zwei typische „Symbole“ für die christliche Hoffnung: zum einen das aus dem ersten Testament kommende „Tetra-Gramm“, das auf den Gottesnamen „Jahwe“ und das damit verbundene Versprechen verweist - dargestellt mit den vier hebräischen Buchstaben י ה ו ה (= J H W H).
Auf dieser „Basis“ ruht sodann ein Symbol in Fisch-Form, gefüllt mit den griechischen Buchstaben für Fisch „I X Θ Y Σ“ (Ichthys). Denn mit Hilfe eines in der Spätantike üblichen Buchstaben-Spiels, bei dem jeder Buchstabe eines Wortes wiederum ein eigenes Wort ergibt, bekam das Wort „Ichthys” noch eine neue, eine tiefere Bedeutung. Es wandelte sich zu einem Bekenntnis. I X Θ Y Σ ⇒ Ἰησοῦς Χριστός Θεοῦ Υἱός Σωτήρ ⇒ Jesus Christus, Gottes Sohn, Erlöser. Wo immer sich Menschen zu Jesus als ihren Christus bekennen, bekennen sie sich gleichzeitig zum Traum Jesu vom Reich Gottes: jenem Traum, den der Mann aus Nazaret mit jeder Faser lebte, ja verkörperte – bis in seinen Tod hinein.
Eine interreligöse Skulptur als Sinn-Bild für ein friedliches und respektvolles Zusammenleben:
Was beim Blick auf den „Rock of Dreams“ sofort auffällt ist – neben dem homogenen Sich-Ineinander-Fügen der beiden unterschiedlichen Gesteinsarten – das schöne, ja selbstverständliche Nebeneinander und Miteinander der unterschiedlichen „Träume“ und „Hoffnungen“. Ein Sinn-Bild, wie friedliches Zusammenleben gelingen kann – trotz aller Verschiedenheit.
Der „Rock of Dreams“ soll in den kommenden Jahren in verschiedenen europäischen Ländern zu Gast sein. Vor kurzem ist auch ein reich bebildertes Buch erschienen, in dem – so Christian Koller – „alle Beteiligten zu Wort kommen und die Fülle der Bildsprache sowie Symbole näher beleuchten und die entsprechenden Motivationen transparent machen“ (Christian Koller & Zwölf: Rock of Dreams, Ein Projekt der Lebensfreude).
Info-Broschüre "Rock of Dreams" (Christian Koller)
Text und Fotos:
Dr. Stefan Schlager, Theologe, Erwachsenenbildner und Hochschullehrer, Leiter des Referates Theologische Erwachsenenbildung & Weltreligionen der Diözese Linz, seit rund 20 Jahren auch künstlerisch tätig (Bildhauerei, Malerei und Lyrik) – auf dem Foto unten gemeinsam mit Christian Koller. Die verwendeten Fotos entstanden im Rahmen der Atelieraufenthalte und geben einen vorläufigen Eindruck des inzwischen fertiggestellten Steins wieder. Mitbeteiligt am Projekt war u.a. auch Dr. Thomas Schlager-Weidinger (Pädagogische Hochschule der Diözese Linz) mit einem „Griechischen Kreuz“.