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„geh.Zeiten“ - die spirituelle Wanderung in Andorf
Drei meditative Wanderungen werden seit 2014 in der Pfarre Andorf in der Fastenzeit oder Osterzeit angeboten: die „geh.Zeiten“. Sie finden immer an einem Samstag von 7.00 bis 8.00 Uhr statt, mit einem anschließenden Frühstück – für diejenigen, die das wollen.
Ausgangspunkt ist immer die Pfarrkirche, gegangen wird zur Kaiserlinde am Kirchberg und wieder retour. Nach einer kurzen Einleitung zu den vom Fachausschuss Spiritualität vorbereiteten Thema geht jeder für sich, schweigend den Weg, auf dem es noch zwei weitere Impulse zum Innehalten gibt. Die Teilnehmer/innen hören bewusst mit allen Sinnen in den Tag hinein, das Erwachen der Natur aus der Winterzeit, Geräusche, Vogelgezwitscher, den Wald. Eine Erfahrung, die jede/r im langsamen Gehen und Innehalten machen darf: Den Gedanken freien Raum geben.
Der Fachausschuss Spiritualität gestaltet die „geh.Zeiten“. Jedes Mal wählen die sechs Frauen und drei Männer ein aktuelles Thema, dazu sammeln sie Impulse. Aus den Bibeltexten oder anderen spirituellen Texten gestaltet Johannes Weilhartner die Stationen auf dem Weg.
Beworben werden die „geh.Zeiten“ auf der Homepage, dem Pfarrblatt, bei den Gottesdiensten, durch persönliche Einladung.
Der Fachausschuss Spiritualität gestaltet in Andorf außerdem: Die Nacht der 1000 Lichter, Bibel.im.Puls (eine sehr lebendige Bibelrunde), den Gebetskreis „Müttergebete“ und gestaltet Impulse für Gottesdienste. Auch die Homepage wird vom Fachausschuss mit spirituellen Texten bereichert.
PAss. Johannes Weilhartner
Christoph Kleemayr, Mitglied im Fachausschuss Spiritualität der Pfarre Andorf, beschreibt seine Eindrücke und Gedanken von der ersten „geh.Zeit“ 2020:
geh.Zeiten: Gedanken, die am Weg liegen
geh.Zeiten. Zeit zum Gehen. Treffpunkt um 7 Uhr bei der Pfarrkirche. Es ist noch ruhig am Kirchenplatz, samstags um diese Zeit ist der Ort noch verschlafen. Wir brechen im Schweigen auf, einer nach dem anderen, genügend Abstand – man könnte meinen, es sei aufgrund der Corona-Situation, aber wir halten Abstand aus Achtsamkeit, um die Ruhe des anderen nicht zu stören. In den Gedanken klingt noch der Text nach, der uns auf den Weg mitgegeben wurde. Die Bibel mit auf den Weg nehmen, nicht das ganze Buch, aber doch eine ansprechende Stelle. Gehen. Einige Wohnhäuser zieren unseren Weg, dann aber lassen wir den Ort hinter uns, steigen am Waldrand entlang den Hügel hinauf, vom Vogelgezwitscher begleitet, der Morgensonne entgegen.
Bei der Kapelle ist die zweite Station. Den Text lesen, einer nach dem anderen, Worte die berühren, in mir etwas zum Schwingen bringen. Im Wald ist die Stimmung mystischer. Ein Vogel gurrt mit tiefem Gesang im Rhythmus. Auch wir bleiben gleichmäßig im Gehen. Und ich denke mir, diese zehn Personen, die schweigend unterwegs sind, jede für sich und doch gemeinsam, die keine Ratschläge geben, die zuerst nur da sind, gehen, wahrnehmen, offen sind für die Botschaft, für eine Inspiration: sie, ja sie sind ein Urbild von Religion. Und nach dem Wald erwartet uns die Weite der Felder, die Strahlen der Sonne, die in der Tau-Nässe glitzert. Momente des Staunens.
Dritte Station. Weggabelung. Wir biegen ab, Richtung Ort zurück. Die Sonne, jetzt hinter mir, wirft einen langen Schatten, der mich fragt: Wohin gehst du? Und langsam zeigen sich die Häuser des Ortes, die von der Anhöhe gut zu überblicken sind und der Lärm der Straße verliert sich bis in diese gesegnete Landschaft, wo der Raps blüht und das Getreide bereits Ähren gebildet hat. Bei der Linde warten wir zusammen und beenden plaudernd und lachend unsere geh.Zeit, wenn sich der Kreis schließt und wir wieder bei der Pfarrkirche angekommen sind. Eine Stunde ist vergangen. Dieser Tag, der vor mir liegt, ist schon gerettet.