Eröffnung: Aschermittwoch mit Kunst - Memento Mori
Mittwoch, 14. Februar 2018, 20.00 Uhr Aschermittwoch-Liturgie und Eröffnung
Predigt: Peter Paul Kaspar, Orgel: Anton Reinthaler
Die Krypta ist anschließend geöffnet. Die Künstlerinnen sind anwesend.
Kunstgespräch mit Elke Halbmayer und Violeta Ivanova Freitag
Freitag, 2. März 2018, 18.00 Uhr
Memento Mori
Unter dem Leitthema „Memento Mori - Gedenke des Todes" werden seit rund drei Jahrzehnten Künstlerinnen und Künstler mit bereits bestehenden Werken oder ortspezifischen Interventionen für den Zeitraum von Aschermittwoch bis Karfreitag in die Ursulinenkirche in Linz eingeladen.
Nachhall
Im Jahr 2018 sind dies Violeta Ivanova und Elke Halbmayer, deren Masterarbeiten an der Kunstuniversität Linz mit dem Förderpreis des Diözesankunstvereins Linz ausgezeichnet wurden. Der im Jahr 1859 gegründete Diözesankunstverein Linz vergibt seit 22 Jahren jährlich Förderpreise an herausragende AbsolventInnen der Linzer Kunstuniversität. Der Preis wird an KünstlerInnen verliehen, deren Abschlussarbeit sich durch hohe künstlerische Qualität sowie ethische, soziale oder religiöse Relevanz auszeichnet. Die Entscheidung wird von einer Fachjury getroffen. 2016 wurde der Förderpreis des Diözesankunstvereins Linz Violeta Ivanova für ihre Masterarbeit „Staub“ und 2017 Elke Halbmayer für „Eine Frage der Zeit“ verliehen.
Mit der eigens für die Reihe Memento Mori entstandenen bzw. adaptierten Installation mit dem Titel „Nachhall“ nehmen die beiden Künstlerinnen den speziellen Charakter und die Atmosphäre der beiden unterirdischen Räume – des ehemaligen Aufbahrungsraums und der Begräbnisstätte mit den Nischengräbern der Ursulinen – zum Ausgangspunkt für ihre Auseinandersetzung mit der Frage nach der menschlichen Existenz. Auf unterschiedliche Weise thematisieren die beiden Künstlerinnen Brüchigkeit und Verwandlung.
Die Interventionen in der Krypta thematisieren den bestehenden Raum als Interaktionsraum mit den BesucherInnen, lenken den Blick auf die eigene Wahrnehmung und lassen in ihrer Unmittelbarkeit die menschliche Existenz in einem neuen Licht erscheinen.
Elke Halbmayer – Eine Frage der Zeit
Ausgehend von der 2017 ausgezeichneten zweiteiligen Abschlussarbeit „Eine Frage der Zeit“ platziert Elke Halbmayer die zentralen Objekte ihrer Installation in der unterirdischen Grabstätte. Die Lichtsituation, die Objekte, ihre Form und Materialität sowie die fein säuberlich aufgereihten Hilfsmittel erwecken den Eindruck einer klinischen Atmosphäre. In der zentralen Achse stapeln sich – auf einer Bahre aus Edelstahl – vertrocknete Strudelteigblätter, deren Risse an einzelnen Stellen mit rotem Faden vernäht sind. Ein runder Lichtschein mit kaltem LED-Licht lenkt den Blick auf eine zweite Situation: Ein Arbeitstisch mit einem weißen Tuch, ein Schwenkarm, auf dem Nadeln mit roten Fäden, ein Ölspender und Mehl platziert sind. Die in der Krypta inszenierte Situation erinnert an einen Operationsraum und zugleich an eine häusliche Tätigkeit.
Der zweite Teil der Arbeit, ein Video, ist räumlich entkoppelt im Turmzimmer zu sehen. Auf den am Tisch liegenden Monitor sind in Nahaufnahme Hände beim Ausziehen eines frischen Strudelteiges und das Vernähen der dabei entstandenen Löcher mit Operationsbesteck und rotem Baumwollfaden zu sehen.
„Eine Frage der Zeit“ eröffnet für die BetrachterInnen eine Vielfalt an Bedeutungsebenen. Der ausgezogene Strudelteig, in der Weiterverarbeitung als Apfelstrudel ein Inbegriff der österreichischen Esskultur, verwandelt sich in Haut. Der Strudel erweckt Assoziationen an Heimat, Herkunft, Tradition und Identität. Das Vernähen mit rotem Faden ist ein Versuch des Umgangs mit dessen Brüchigkeit, die dem Mehl-Öl-Gemisch und den damit verbundenen Bildern von Identität immanent ist. Darüber hinaus eröffnet die Installation im Kontext der vorösterlichen Fastenzeit Assoziationen zur Brüchigkeit der menschlichen Existenz und dem Ringen um Vollkommenheit. „Eine Frage der Zeit“ birgt Metaphern über das Scheitern als Unfertiges, Gerissenes und über die Versuche, Verwundetes in Form der aufgerissenen Stellen zu nähen und zu „heilen“. Eine Haushaltstätigkeit wird dabei wiederum mit der klinischen Situation einer Operation, bei der mit menschlichen und technischen Möglichkeiten Leben in seiner Brüchigkeit zentrales Thema ist, in Verbindung gebracht. Die Krypta mit ihrer räumlichen Wirkung, ihrer Geschichte und Bedeutung eröffnet den BetrachterInnen eine weitere Bedeutungsebene. Die Kirche als Ort, in dem Heil versprochen und Unvollkommenes vollkommen wird, die Krypta als Jahrhunderte alter Bestattungsort birgt in der Auseinandersetzung neue Assoziationsräume. Elke Halbmayer schafft assoziative Räume, denen existentielle Fragestellungen zugrunde liegen. Die Handlungen – das Ausziehen und Vernähen im Video – führen zusammen mit den glatten und glänzenden Edelstahlobjekten und den auf dem Wagen gestapelten und mit Nähten überzogenen brüchigen „Strudelteighäuten“ auf subtile Weise das Wechselspiel zwischen Vergeblichkeit und Hoffnung in einem Wettlauf mit der Zeit und damit Grundkomponenten menschlichen Lebens und Handelns vor Augen.
Violeta Ivanova
Violeta Ivanova wirft den Betrachter/die Betrachterin mit ihrer Intervention im ehemaligen Aufbahrungsraum links vom Stiegenabgang auf das unmittelbare Umfeld und die Wahrnehmung des eigenen Körpers zurück. Sie taucht den tonnengewölbten Raum in monochromes gelbes Licht. Das Licht hat eine spezifische, sofort einsetzende Wirkung: Es absorbiert alle Farben aus dem Farbspektrum und lässt Wände, Boden und Körper grau erscheinen. Jede Bewegung und Wahrnehmung im Raum wirkt eigentümlich entzogen. Von einer Vielzahl an Farbkombinationen bleibt Grau als alleinige Farbe des Spektrums übrig. Einziges Objekt im Raum ist ein kleiner quadratischer Spiegel am Boden. Der Spiegel öffnet den Raum und dient – einer Spiegelung im Wasser gleich – als Referenzobjekt zur Betrachtung der eigenen Vergänglichkeit. Als Symbol für Weisheit ermöglicht der Spiegel Erkenntnis.
Den historischen Bezugspunkt zur Reduktion der Materie in der Lichtinstallation bilden die beiden barocken Gedenkreliefs an den Stirnwänden mit ihren Vergänglichkeitssymbolen Sanduhr, Kronos und Sense als bildhafte Reminiszenzen des Todes.
Die Wirkung des Lichts und die Interaktion mit dem Raum eröffnen in ihrer Unmittelbarkeit Assoziationen zu Reduktion, Innenschau, einer neuen Form der Wahrnehmung der Wirklichkeit und der Verwandlung von Vertrautem.
Der zweite Teil der Arbeit von Violeta Ivanova ist eine großformatige abstrakte Kohlezeichnung im Turmzimmer, die auf andere Weise eine Auseinandersetzung mit Reduktion in ihrer unmittelbarsten Form ist. Die Künstlerin sammelt Kohle und verbranntes Holz von Feuerplätzen und zermahlt es zu Kohlestaub. Mittels Wasser und einer speziell entwickelten Technik wird die Kohle auf Papier aufgetragen. Die als Experiment entstandene Serie der Kohlezeichnungen „Negative Mountain“ thematisiert die Umwandlung von einem Zustand in einen anderen, den Umgang mit Materie und ihren unterschiedlichen Formen und birgt die Frage nach dem Anfang und dem Ende. Für Violeta Ivanova schließt sich mit dieser Serie auch biografisch ein Kreis. In ihrer Ausbildung an der Kunstakademie Sofia hat die Kohlezeichnung als klassisches Medium eine besondere Rolle eingenommen. Nach Jahren der künstlerischen Neuorientierung und konzeptionellen Arbeit taucht Kohle als Metapher von Verwandlung und Anknüpfung an die Geschichte erneut auf.
Violeta Ivanova, * 1985 in Bulgarien, 2008 Bachelor an der Kunstakademie Sofia, Bulgarien, 2015 Abschluss Masterstudium Plastische Konzeptionen/Keramik an der Kunstuniversität Linz, 2016 Förderpreisträgerin DKV Linz, 2017 forum Stipendium Kunstuniversität Linz.
Elke Halbmayer, * 1977 in Amstetten, 2007 Diplom in Ernährungswissenschaften an der Universität Wien, 2017 Abschluss Masterstudium der Plastischen Konzeptionen / Keramik an der Kunstuniversität Linz, 2017 Förderpreisträgerin DKV Linz, Nominierung STRABAG Artaward International.
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