Eröffnung: Aschermittwoch mit Kunst - Memento Mori
Mittwoch, 6. März 2019, 20.00 Uhr Aschermittwoch-Liturgie und Eröffnung
Predigt: Markus Schlagnitweit, Orgel: Anton Reinthaler
Kunstgespräch mit Katharina Anna Loidl
Freitag, 29. März 2019, 18.00 Uhr
Memento Mori
Unter dem Leitthema „Memento Mori - Gedenke des Todes" werden seit rund drei Jahrzehnten Künstlerinnen und Künstler mit bereits bestehenden Werken oder ortspezifischen Interventionen für den Zeitraum von Aschermittwoch bis Karfreitag in die Ursulinenkirche in Linz eingeladen.
Kuratorin: Dr.in Martina Gelsinger
Die Mitte der Nacht
Katharina Anna Loidl wählt für ihre ortsspezifische Installation „Die Mitte der Nacht“ in der Reihe „Memento Mori“ Licht als Gestaltungsmittel. Zusammen mit einem großen Boot entfaltet es in der unterirdischen Begräbnisstätte auf symbolische Weise eine Wirkung, die den Tod als Beginn einer Reise, die Bedeutung des Wechsels von Licht und Dunkelheit sowie die Frage nach dem Diesseits und dem Jenseits in den Blick nimmt.
Licht wird in der Krypta in mehrfacher Weise mit Bedeutung versehen. Zum einen als Textkörper der vom Boden des ehemaligen Aufbahrungsraumes links vom Stiegenabgang den Raum erleuchtet, zum anderen als Wandzeichnung in Form von Neonröhren an der Stirnwand der Krypta.
Der Hauptraum, die Begräbnisstätte der Ursulinen, wirkt durch das transparente Tuch, das eine Schwellensituation beim Eingang bildet, scheinbar entrückt. Im Bereich der vier Pfeiler, die den Hauptraum der Krypta mit den Nischengräbern gliedern, lagert ein Boot. Dieses Objekt aus dem Alltagskontext setzt die Künstlerin zum Licht, das die Wahrnehmung der unterirdischen Räume prägt und es erfährt in der Architektur und Funktion des Ortes eine symbolische Aufladung. Es erinnert an die auf der Donau gebräuchlichen Donauzillen, die für Überfahrten und Transporte genutzt wurden. Doch bei näherer Betrachtung erweist die Zille sich als fahruntüchtig. Die Künstlerin hat das Wasserfahrzeug maßstabsgetreu mit gebrauchten Verpackungskartons nachgebaut.
Das Boot steuert direkt auf die Stirnwand der Krypta zu, auf der eine Lichtzeichnung zu sehen ist. In ihrer Linienführung erinnert sie an das stilisierte Motiv eines Horizonts mit einem Sonnenuntergang, sowie einer darunter angedeuteten Wasserbewegung. Zugleich kann die Form auch als Omega - als letzter Buchstabe des griechischen Alphabets - gelesen werden.
Untermalt wird die Szene mit einer Soundinstallation aus gesprochenen Textsequenzen, die an den Klang von leicht bewegtem Wasser denken lässt. Bei dem als leises Flüstern hörbaren Sound handelt es sich um ausgewählte Textfragmente der zeitgenössischen Popkultur, die das Thema „Licht“ als sehnsuchtsvolles Leitmotiv beschwören.
Der Anfang des Lichts
Mit der eigens für die Krypta entwickelten Installation „Die Mitte der Nacht“ nimmt Katharina Anna Loidl in der Fastenzeit 2019 Bedeutung und Geschichte des Ortes zum Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit Licht und Dunkelheit, mit Tag und Nacht als Phänomene, die einander abwechseln und Wahrnehmung prägen. Leben und Tod dienen als Sinnbild für Wandel und Übergang, Zeit und Bewegung werden mit dem Boot, das als Fortbewegungsmittel im Fluss des Lebens zielgerichtet nach Osten steuert, sichtbar. Auf vielschichtige Weise werden in der Installation Verbindungen her-gestellt, die den Blick auf den Tod und die Frage nach dem Danach auf bildhafte und symbolische Weise aufgreifen. Wenn auch die Zille als stattliches Objekt den Raum einnimmt, so stellt die Ausführung in Karton als vergänglichem Material scheinbare Sicherheiten in Frage. Das Leitthema des Aschermittwochs „Staub bist du und zu Staub wirst du“ wird auf diese Weise in neuer Form sichtbar.
Die Installation schafft Ausblicke und bringt Licht und Hoffnungsschimmer in die Wahrnehmung des Todes, als „dunkles Rätsel des Lebens“, das von Schmerz und dem Eindruck von Sinnlosigkeit ge-prägt ist. Besonders zu sehen ist dies im ehemaligen Aufbahrungsraum der Ursulinen, wo Textzeilen eines alten christlichen Hymnus zu lesen sind. „Die Mitte der Nacht ist der Anfang des Tages. Die Mitte der Not ist der Anfang des Lichts“, schafft als Leuchtkörper im Übergang von Nacht und Not Perspektiven, weist auf den steten Wandel hin und spendet Trost und Zuversicht.
Die Überfahrt im Boot – Der Fluss des Lebens
Das Boot stellte über lange Zeit ein unverzichtbares Mittel zur Fortbewegung dar, insbesondere auch zur Entdeckung von neuem Land und der Erweiterung des Lebensraumes. Im Glauben der Ägypter dienten Boote und Barken den Toten zur Überfahrt in das Jenseits. In der griechischen Mythologie ranken sich Geschichten und Motive der Überfahrt rund um den Gott der Unterwelt „Hades“, dessen Name zugleich den Ort der Toten bezeichnet. In der christlichen Ikonografie gilt das Boot als Sinnbild für die Gemeinde in den Wogen des Weltgeschehens. Bekannte Szenen sind die Arche Noah oder die Fischerszenen mit Jesus und seinen Jüngern. Darüber hinaus wurden im frühen Christentum Schiffe als Symbole für die Lebensfahrt des Verstorbenen zum Hafen der Ewigkeit, unter anderem auch auf Grabmälern, dargestellt.
Das Motiv des Bootes hat der Maler Bartolomeo Altomonte, dessen Schwester Euphrosyna als Ordensfrau in der Krypta bestattet ist, im barocken Ursula-Altar der Ursulinenkirche dargestellt. Im unteren Bildfeld ist die Legende des Aufbruchs der Heiligen Ursula und der 11.000 Jungfrauen nach Rom zu sehen. Die Reise mit dem Schiff nimmt mit der Ermordung der Heiligen und ihrer Begleiterinnen in Köln auf der Rückfahrt ein dramatisches Ende. Im übertragenen Sinne steht das Boot der Ordensgründerin mit seinen Insassen auch für die Überfahrt ins ewige Leben. Mit der Kunstinstallation erfährt dies am Bestattungsort der Linzer Ursulinen im Jahr 2019 wieder neue Bedeutung.
Katharina Anna Loidl, geb. 1978 in Linz, studierte Experimentelle Gestaltung und Kulturwissen-schaften an der Kunstuniversität Linz. Seit 2009 ist sie als freischaffende Künstlerin tätig. Mit ihrer konzeptuellen Arbeitsweise hat Katharina Anna Loidl ein Œuvre geschaffen, das Grafik, Installatio-nen, Objekt, Video und Fotografie umfasst. Alltägliche Situationen, Natur und Landschaft sind gleichsam wie geschichtliche Bezüge und literarische Zitate Ausgangspunkte für ihr Werk. Die Form ihrer künstlerischen Werke entsteht zumeist durch die intensive Auseinandersetzung mit der unmit-telbaren Umgebung.
So auch die ortspezifische Installation „Die Mitte der Nacht“, die in der Fastenzeit den Raum neu in den Blick nimmt. Sie lotet die Grenzen des Scheinbaren aus und thematisiert auf metaphorische Weise die Frage nach der Endlichkeit, dem Übergang von Nacht zu Tag, Dunkel zu Licht und dem Tod als Beginn einer Reise und Eroberung neuen Raumes.
Weitere Beispiele für das konzeptuelle Arbeiten der Künstlerin:
In ihrem künstlerischen Formenvokabular untersucht sie das verbindende Element des Abstrakten mit dem Gegenständlichen, des Historischen mit dem Zeitgenössischen, der ländlichen Natur mit urbaner Architektur.
Website: lllk.at
Text: Martina Gelsinger
Weitere Informationen:
Predigt von Markus Schlagnitweit am Aschermittwoch