Aufgaben
Insbesondere sieht sie ihre Aufgabe in der unmittelbaren seelsorglichen Betreuung von Menschen, die unerwartet einen Angehörigen oder anderen nahe stehenden Menschen durch den Tod verloren haben.
Die Krisenintervention umfasst die Betreuung vor Ort, die sich auf den aktuellen Anlass bezieht und erste Verarbeitungsschritte des traumatischen Ereignisses erleichtert.
Dies geschieht unter anderem durch persönliche Zuwendung im seelsorglichen Gespräch und - wenn die Betroffenen es wünschen - wird versucht, der belastenden Lebenssituation gemeinsam aus dem Glauben – z. B. durch Gebet, Abschiedssegen, Rituale - zu begegnen.
NotfallseelsorgerInnen arbeiten zusammen mit den Sozialeinrichtungen vor Ort und den Pfarrgemeinden.
Einfach Dasein …
Die Betroffenen erleben die Situation chaotisch, verlieren die Orientierung, sagen oft: „Ich kenne mich nicht mehr aus“. In religiöser Sprache formuliert können wir sagen: wir müssen uns dem Karfreitag des Lebens stellen und mit den Menschen vor Ort aushalten. D. h. es geht vor allem darum, präsent zu sein, Zeit zu haben, zuzuhören und den Menschen einen Abschied vom Verstorbenen zu ermöglichen, wenn sie dies wünschen, etwa durch ein Gebet oder ein Abschiedsritual. Das Verabschieden vom Verstorbenen ist die wichtigste Maßnahme für den Beginn und guten Verlauf der Trauer.
Notfallversorgung …
Ziele der Seelsorge in Notfällen sind erste emotionale Stabilisierung von Betroffenen, Vermittlung von Orientierung (Abläufe erklären), Normalisierung der Situation und auch die Aktivierung eigener Kräfte und des sozialen Netzes („Wenn möchten Sie jetzt bei sich haben?“). Die NotfallseelsorgerInnen wollen die Handlungsfähigkeit der Betroffenen unterstützen und erklären, was gerade los ist. Eine gute Betreuung macht sich selber überflüssig!
Was wir in der Notfallseelsorge unter humanwissenschaftlichen Aspekten tun
Es geht um eine psychosoziale Notfallversorgung. Betroffene befinden sich zunächst in einer extremen Ausnahmesituation. Sie zeigen oft noch keine Gefühle, können noch nicht weinen, wirken ganz „normal“. Sie erleben alles wie im Traum, stehen noch neben sich und sagen z. B.: „Ich stehe im falschen Film“ oder „Sag mir, dass es nicht wahr ist!“ Sie können das Ereignis noch nicht realisieren und fühlen sich hilflos und der Situation ausgeliefert.
Diese akute Belastungsreaktion ist aber keine Krankheit, sondern eine normale Reaktion eines normalen und gesunden Menschen auf ein nicht normales Ereignis. Sie ist so eine Art Schutzmantel für die Person (kein Handlungsrepertoire) und dauert einige Stunden bis einige Tage und bildet sich von alleine wieder zurück. Die Notfallseelsorge kann dazu beitragen, dass die Dauer und Intensität der Belastungsreaktion reduziert wird. Die akute Belastungsreaktion kann unter ungünstigen Bedingungen später zur Krankheit führen, diese nennen wir dann posttraumatische Belastungsstörungen.
Merkmale:
- Verändertes Essverhalten
- Schlafstörungen
- Alpträume
- Befindlichkeitsstörungen (sozialer Rückzug, Konzentrations- und Leistungsreduzierung, Nervosität, …)
Gegebenenfalls organisieren wir die Vernetzung zu psychosozialen Beratungsstellen (nach Suizid – Schuldfrage, Kindstod, Gewalt) bzw. informieren über das Angebot.
Aus einem Einsatz …
Die 13jährige Ursula geht am Donnerstag morgen bei starkem Nebel verspätet zum Schulbus. Sie läuft über die Bundesstraße und wird von einem Auto erfasst und in das entgegenkommende Fahrzeug geschleudert. Die SchulfreundInnen im Bus müssen den schrecklichen Unfall mit ansehen und sind geschockt.
Jemand alarmiert die Rettung, auch ein Notarztwagen kommt, aber für Ursula kommt jede Hilfe zu spät. Sie stirbt am Unfallort.
Das Rote Kreuz benachrichtigt die MitarbeiterInnen des Kriseninterventionsteams und der Notfallseelsorge.
Bei Johann H. geht der Pager los. Er meldet sich bei der Leitstelle des Roten Kreuzes und wird über das Ereignis informiert. Dann fährt er zur Unfallstelle, die Polizei ist schon vor Ort und gemeinsam fahren sie zur Mutter des Mädchens, um ihr die Todesnachricht zu überbringen. Der Polizist fährt wieder weg und der Notfallseelsorger bleibt bei der Mutter, um ihr in den ersten schweren Stunden beizustehen. Er nimmt sich Zeit, ist einfach da, hört zu. Hilfreich kann auch ein Gespräch, gemeinsames Schweigen, ein Gebet und praktische Unterstützung in organisatorischen Fragen sein.
Andere MitarbeiterInnen des Kriseninterventionsteams und der Notfallseelsorge betreuen inzwischen die betroffenen Lenker der Unfallfahrzeuge.
MitarbeiterInnen einer weiteren Einrichtung (psychosozialer Notdienst der pro mente Oberösterreich) werden verständigt, die die fassungslosen MitschülerInnen des Mädchens einfühlsam und kompetent begleiten.