HoffnungSLos?! Glaube angesichts von Leid
Zur Begrüßung griff die Sprecherin der „Konferenz der Diözesanbeauftragten für Notfallseelsorge“ (KDN) und Referentin der Notfallseelsorge in der Diözese Linz, Michaela Helletzgruber, das Tagungsthema auf. Da Leid zum Menschsein dazugehört, ist die lebensbejahende Bedeutung des Glaubens besonders wichtig. „Trauer braucht das Vertrauen, gehalten zu sein.“ Theologisch spannte diese Tagung einen Spannungsbogen vom Karfreitag bis hin zu Ostersonntag, um der Bedeutung von Ostern für das Leben nachzuspüren. Mag. Karl Schiefermair, Oberkirchenrat der evangelischen Kirche Österreichs betonte im Anschluss, dass der Glaube an alle Orte des Lebens gebracht werden soll, auch und gerade an Orte der Not in belastenden Situationen. „Denn Glaube bietet Frieden des Herzens als Gleichgewicht zu der Erfahrung von Hilflosigkeit und Not.“ Schiefermair sprach gegenüber den Notfallseelsorger*innen und gegenüber allen Einsatzkräften seinen tiefen Respekt aus und dankte für das Engagement. Er werde sich dafür einsetzen, dass dieser Dienst auch in Zukunft verlässlich weiter geführt wird.
Foto: OKR Karl Schiefermair
Das ersten Fachreferat, „DA-Sein jenseits von Worten. Einsatzort der Notfallseelsorge, hielt Dr. Andreas Müller-Cyran, Leiter der Krisenpastoral in der Erzdiözese München und Freising. Die Erfahrung des plötzlichen Todes in der Gesellschaft bezeichnet er als Lernort von Hilflosigkeit und Ohnmacht. Das Aushalten der Grabesruhe am Karsamstag setzt er in Beziehung zum Dienst der Notfallseelsorge. Notfallseelsorger*innen geben mit ihrer Präsenz im Aushalten der Situation eine Hoffnung, die über den Tod hinaus weist. „Diese Präsenz bietet Trost in Hilflosigkeit, Ohnmacht und Sprachlosigkeit.“
Foto: Dr. Andreas Müller-Cyran
Das zweite Fachreferat mit dem Titel „Leben im Tod begleiten – Betroffenen beistehen; von welchem Trost lebt die Notfallseelsorge?“ hielt Prof. Dr. Thomas Zippert, Professor für Diakoniewissenschaften an der FH der Diakonie in Bielefeld. Dieser theologische Vortrag beginnt mit der Frage, von welchem „Trost“ die Notfallseelsorge lebt und von welchem Gottesbild das Tun der Notfallseelsorge geprägt ist. Mit verschiedenen Beispielen aus der Bibel, beschreibt er die Notfallseelsorge als einen „Beistand, der bleibt, nicht davonläuft und im Hinsehen die Situation des Leids anerkennt.“ Trost, so sagt er, kann man nicht spenden. Trost wird erfahrbar, wo Gott sich als Schöpfer, als Erlöser und Richter offenbart. Als Schöpferkraft, deren Vollendung sich in der Auferstehung zeigt. Als ein Gott, der sich als liebender Erlöser in der Kraft des Aushaltens offenbart. Und Gott als Richter und letzte Instanz bei den vielen unaufgelösten Situationen von verschuldetem menschlichem Leid.
Gott zeigt sich im Kontext der Notfallseelsorge in vielfältiger Weise. „Er ist als eine Macht erfahrbar, die dort anfängt, wo die eigene aufhört.“
Foto: Prof. Dr. Thomas Zippert
Am Nachmittag folgte ein interaktives Podium mit allen Anwesenden als Vertiefung, bei dem vieles zur Sprache gebracht werden konnte, was während der Vorträge an Fragen, eigenen Erfahrungen und Ergänzungen aufgekommen war.
Zu Beginn des anschließenden Festaktes gestaltete der evang. Pfarrer Martin Vogel, ein Notfallseelsorger der ersten Stunde, einen informativen Rückblick auf die Geschichte der vergangenen 20 Jahre Notfallseelsorge in Österreich – die aus Erfahrungen großer Unglücke (Lawinenunglück Galtür, Grubenunfall Lassing) heraus, von Beginn an auf professionelle Art auf die Beine gestellt wurde.
Der evangelische Bischof a.D. Mag. Herwig Sturm, der die Entstehung der österreichischen Notfallseelsorge vor 20 Jahren maßgeblich mit initiiert hatte, konnte leider nicht persönlich anwesend sein und schickte ein schriftliches Grußwort. Hierin dankte er allen, die sich in diesem Dienst engagieren und er betont die Wichtigkeit der NFS als „Botschafterin an der Grenze des Lebens.“ DDr. Severin Lederhilger, Generalvikar der Diözese Linz, unterstreicht die Wichtigkeit des Feierns als Dank und Anerkennung gegenüber dem Engagement der Ehrenamtlichen im Dienst der Notfallseelsorge. Für diesen wichtigen Dienst, in dessen Mittelpunkt der hilfsbedürftige Mensch steht, sagt er seinen Dank und bittet um Segen für alle Beteiligten. Mag. Michael Chalupka, Bischof der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich betont, wie verletzlich das Leben ist. Durch die Notfallseelsorge erleben die durch Leid Betroffenen, dass sie nicht allein sind. Ausdrücklich bedankt sich Chalupka für das Engagement im Aufbau der Notfallseelsorge, sowie bei allen, die sich im Dienst der Notfallseelsorge engagieren. „Danke für den Beistand, wenn Gott ferne scheint. Dieser Beistand ist der Lichtstrahl der Auferstehung am Horizont.“
Foto: Bischof Michael Chalupka
Das abschließende Grußwort überbrachte der katholische Militärbischof Dr. Werner Freistetter, zuständiger Referatsbischof für die Notfallseelsorge in Österreich. Unter dem Eindruck der Tagung, der Vorträge und der Beiträge, entbietet er seine Glückwünsche und seinen Dank für das Engagement in Kontext von Leid und Katastrophen. Er bekräftigt die Selbstverständlichkeit, mit der die Kirche in diesem seelsorglichen Bereich, an der Grenze des Lebens, Präsenz zeigen muss. Auch im militärischen Bereich ist diese begleitende Seelsorge von hoher Wichtigkeit. Allen Notfallseelsorger*innen dankt er für ihr Zeugnis im Beistehen der Menschen, die in Not sind. „Gott, der so oft verborgen ist, trägt, wenn nichts mehr trägt.“
Foto: Bischof Michael Chalupka und Militärbischof Dr. Werner Freistetter
Eine ökumenische Segensfeier bildete den Abschluss dieses ersten österreichischen Notfallseelsorge-Symposiums.
In Oberösterreich sind derzeit über 90 erfahrene Notfallseelsorger*innen in den Kriseninter-ventionsteams des Roten Kreuzes sowie in der Einsatznachsorge der Feuerwehr tätig. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort, um Menschen in Not kompetent und professionell beizustehen.
Foto: Ein Teil der Verantwortlichen für die Notfallseelsorge in Österreich
Foto: Tisch der Ehrengäste