45 Jahre TelefonSeelsorge OÖ: Leben trotz widriger Umstände
![Leben trotz widriger Umstände / © GLady/pixabay.com/CC0 Leben trotz widriger Umstände](/img/63/1e/3b8a22e8842220752272/Leben_trotz_widriger_Umst_nde-brown-209106_640.jpg)
Bei einer Pressekonferenz informierten Mag.a Silvia Breitwieser, Leiterin TelefonSeelsorge OÖ sowie DDDr. Clemens Sedmak, Theologe und Philosoph über die neuesten Forschungs- und Erfahrungszugänge zu diesem Thema.
Die Telefonberater*innen sind mit Menschen in Kontakt, die sich in schwierigen Lebensumständen befinden, mit belastenden Ereignissen konfrontiert sind, oft nicht mehr weiter wissen. In dieser Situation der Angst, der Wut, der Traurigkeit, der Enttäuschung und Ausweglosigkeit fördert das Gespräch die Hoffnung, Hindernisse zu überwinden und es werden positive Veränderungsprozesse angeregt. Dazu ist es notwendig, sich von der Annahme zu verabschieden, dass im Leben alles perfekt gehen muss, alles gelingen muss. Die Resilienzforschung beschäftigt sich mit der Frage, wie das Leben trotz schwieriger Umstände gelingen kann.
Nicht unverwundbar aber aufmerksam für die Stärken
„Resilient sein heißt nicht, dass man unverwundbar ist oder unversehrt in einen früheren Zustand zurückkehrt. Es heißt vielmehr, dass man trotz ungünstiger Lebensbedingungen vorwärts kommen kann. Es bedeutet auch, sich durch Widerstände nicht entmutigen zu lassen, sondern daraus zu lernen und diese Erfahrungen wiederum in das eigene Leben zu integrieren“, so Breitwieser.
Die Anrufer*innen bei der TelefonSeelsorge sind oft Personen, die an den Folgen von schwierigen Erlebnissen leiden, die von übergroßen Herausforderungen entmutigt sind und deren Leben aufgrund widriger Ereignisse oder Umstände in seiner Entwicklung gehemmt ist. Jede Person besitzt trotz aller Lebensbelastungen Stärken. Die Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf die Stärken führt von der Versuchung weg, Menschen für ihre Schwierigkeiten zu verurteilen und erhöht den Respekt dafür, was sie auch unter schwierigen Bedingungen gemeistert haben.
Widerstand gegen Schicksalhaftes
Der Salzburger Theologe und Philosoph Clemens Sedmak erklärte: „Resilienz kann in Gesprächen durch den Blick auf Handlungsmöglichkeiten und die Stützung eines Sinnes für Veränderbarkeit der Welt gestärkt werden. Hier kann eine Perspektive von außen, die dazu ermuntert, die eigene Situation zu verbalisieren, sehr hilfreich sind. Die Telefonseelsorge leistet also einen wichtigen Beitrag zur Resilienzstärkung.
Unsere eigenen Forschungen in Salzburg haben gezeigt, dass Freundschaft und soziales Leben Resilienz ebenso stärkt wie ein Sinn für nichtmaterielle Werte. Auch in dieser Hinsicht ist die Telefonseelsorge wichtige Kraftquelle.“ Resilienz wird, so Sedmak, als Widerstand gegen Schicksalhaftes verstanden. Menschen, die sich als Gestalter*innen ihres Lebens verstehen, Menschen, die sich nicht in einer Opferrolle positionieren, Menschen, die den Lauf der Dinge nicht für unabänderlich halten – hätten bessere Voraussetzungen, in einer bestimmten Situation resilient aufzutreten.
45 Jahre TelefonSeelsorge Oberösterreich
Die TelefonSeelsorge ist unter der Notrufnummer 142 kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Sie bietet also eine Möglichkeit zur Beratung, die für alle Menschen in unserem Bundesland leicht erreichbar und zugänglich ist.
Am 1. Oktober 1966 wurde die erste Telefonseelsorge-Stelle Österreichs in Linz eröffnet. Die Initiative ging von Frau Dr.in Wilma Immler aus, die mit einer kleinen Mitarbeiter*innengruppe gleich mit einem Telefondienst rund um die Uhr begann. Von Beginn an war die TelefonSeelsorge am Puls der Zeit, konnte gesellschaftliche Entwicklungen aufspüren und in Zusammenarbeit mit Fachleuten am Aufbau von entsprechend neuen und notwendigen sozialen Einrichtungen mitwirken. Frau Dr.in Immler leistete hier sicherlich großartige Pionierarbeit.
Die Telefonseelsorge Linz ist eine ökumenische Einrichtung der Katholischen und der Evangelischen Kirche. Sie wird auch vom Land OÖ und von der Stadt Linz subventioniert.
Vier hauptamtliche und 74 ehrenamtliche Mitarbeiter*innen (60 Frauen und 14 Männer) leisten derzeit die Arbeit am Telefon. Die Ehrenamtlichen sind zwischen 25 und 70 Jahre alt und kommen aus den unterschiedlichsten Berufen.
Sich auf den Kontakt mit Menschen in Not einzulassen, setzt neben Lebenserfahrung und Einfühlungsvermögen auch ein hohes Maß an fachlicher Kompetenz voraus. Daher gehören neben einer fundierten Ausbildung auch die Bereitschaft zu laufender Fortbildung, Supervision und Austausch zum Anforderungsprofil für die Mitarbeit.