Zeit schenken als Hilfe
„Gern und gespannt“ fährt Reinhard Waldhäusl zu seinen Diensten in der Telefonseelsorge. Als „geborener Glückspilz“ schenkt er Menschen Zeit, denen es nicht so gut geht.
Den Grundstein für sein Interesse an der Telefonseelsorge hat schon die Mutter von Reinhard Waldhäusl gelegt. Sie hat eine Greißlerei betrieben und ist hin und wieder mit Kundinnen im Nebenzimmer verschwunden. Beim Heimgehen haben sich diese Frauen verweint und doch gelöster bei der Mutter bedankt. „Die Zeit, die ich denen schenke, ist Hilfe“, war die Mutter überzeugt.
Austausch. Ein ehemaliger Studienkollege hat Reinhard Waldhäusl auf die Telefonseelsorge aufmerksam gemacht. Bevor er mit 40 die Ausbildung für ehrenamtliche Mitarbeiter*innen begonnen hat, hat sich der zweifache Vater mit seiner Familie beratschlagt. Das hält er für sehr wichtig. Zum einen, weil die Telefonseelsorge keine Arbeit ist wie jede andere. Wer am Notruftelefon abhebt, wird mit ernsthaften Problemen und Krisen konfrontiert und sollte „Luft“ haben für die Menschen in Not.
Mit diesem Dienst ist man außerdem plötzlich stark in einer Gruppe beheimatet. Reinhard Waldhäusl kann sich mit seiner Frau über Erfahrungen im Dienst austauschen. Sie arbeitet ebenfalls in der Telefonseelsorge. Andere haben nicht so leicht die Möglichkeit, das zu teilen, was etwa ein Dienst um vier Uhr früh bringt. Deshalb sind Supervision und die Gruppe so wichtig.
Notruf 142. In der Ausbildung hat Reinhard Waldhäusl viel für sich gelernt – auch für seinen Beruf als Lehrer. „Ich bin bestimmter, einfühlsamer und klarer“, sagt er. Inzwischen ist er seit 17 Jahren bei der Telefonseelsorge. 2.609 Dienststunden lang hat er am Notruftelefon (Tel. 142) abgehoben.
Glückspilz. Er fühlt sich als „geborener Glückspilz“, dem es rundherum gut geht. „Und diese Ruhe, die ich hab, warum soll ich die nicht jemandem weitergeben?“, fragt Waldhäusl, Schulleiter einer HAK. Für ihn ist das auch ein Auftrag christlicher Nächstenliebe. Nur selten hat er sich gefragt, warum er sich das antut. Meist geht er zufrieden heim. „Weil ich das Gefühl hab, ich hab ein wenig von meiner Ruhe weitergeben können, oder weil ich dankbar bin dafür, wie gut es mir geht.“