Müde und leer - Burnout
„Wer ein ausgewachsenes Burnout-Syndrom hat, weiß das in der Regel“, sagt OA Walter Neubauer. Er leitet als Internist und Arzt für Psychotherapeutische Medizin die Psychosomatik im Klinikum Wels-Grieskirchen, wo stationär Hilfe für Burnout-Betroffene angeboten wird.
Tatsächlich erzählen einige Anruferinnen und Anrufer, von ihrem Gefühl, dass etwas nicht passt. „Die Lebenslust fehlt, das heißt: Das, was das Leben ausgemacht hat, ist weg.“ Neubauer möchte Burnout-Patient*innen helfen, ihre eigenen Bedürfnisse wieder wahrzunehmen. Betroffene sagen oft: „Ich will mich selbst wieder spüren.“ Die Therapie besteht aus Körper- und Gesprächstherapie. Die Schmerzen im Rücken oder im Bauch sind oft die Spur, über die man wieder Beziehung zu sich selbst aufnehmen kann.
Der Film im Inneren. In der Gesprächstherapie sollen Betroffene wieder sehen lernen, was in ihrem Inneren läuft. „Ob das der eigene Film ist oder der Film von jemand anderem, der gar nicht einem selbst entspricht“, wie Walter Neubauer das ausdrückt. Wer von Kind an lernt, dass es Anerkennung nur für Leistung gibt, wird wahrscheinlich immer hohe Ansprüche an sich selbst stellen und womöglich auf eigene Bedürfnisse nicht achten. Oder, wie es einem Anrufer geht: Das eigene „Gespür“, nein zu sagen, ist da, aber „Angelerntes“ redet dagegen. In seinem Fall: Autoritätspersonen muss man gehorchen.
Schleichender Weg. Der Weg in ein Burnout-Syndrom erfolgt in Phasen. Zuerst steht jemand mit besonderem Engagement im Arbeitsleben. Er oder sie nimmt Arbeit mit nach Hause, fährt begeistert zu Fortbildungen. Bei Vorgesetzten kommt das positiv an. Schwierig wird die Situation, wenn es keine Entlastungsphasen mehr gibt: keine Zeit mehr zum Joggen, für Treffen mit Freunden, es sich einmal gut gehen zu lassen. „Wenn es Gegenphasen gibt, würde ich nichts daran finden, dass jemand sehr engagiert ist“, erklärt Neubauer. Beim Weg ins Burnout trifft sich das aber mit dem Gefühl, am Fleck zu stehen. Es folgt eine Phase der Teilnahmslosigkeit und schließlich das Burnout. Das geht über Jahre und schleichend, darum ist der Weg nicht leicht erkennbar.
Akkus aufladen. Der Rat für einen Anrufer lautet: „Sie packen Dinge an, wenn Sie Probleme sehen. Sie sollten das auch für Ihr ,Unternehmen Leben‘ einsetzen. Jeder hat nur begrenzt Ressourcen und die Akkus gehören wieder aufgeladen.“
Zur Sache: Burnout
- Definition: „Burnout“ heißt so viel wie „ausgebrannt sein“. Das Burnout-Syndrom beschreibt einen andauernden, schweren Erschöpfungszustand mit seelischen beziehungsweise körperlichen Beschwerden. Die Betroffenen sehen keinen Sinn mehr in ihrer Arbeit und haben den Glauben an sich selbst verloren.
- Ursachen: Die Gefahr ist groß, wenn zwar mit hohem Einsatz gearbeitet wird, es dafür aber keine Anerkennung gibt. Betroffene haben das Gefühl, dass sie zu viel geben und zu wenig dafür bekommen. Meist sind das Menschen, die hohe Ansprüche an sich selbst haben.
- Der Körper: Typische körperliche Symptome sind: Verspannungen, Rückenschmerzen, Schlafstörungen, Kreislaufprobleme, Verdauungsstörungen bis hin zu koronarer Herzkrankheit, Diabetes, Geschwüre im Magen-Darm-Trakt oder Tinnitus. Burnout kann in eine Sucht führen, weil Betroffene versuchen, durch Alkohol, Medikamente oder andere Drogen ihre Stimmung zu verbessern.
- Vorbeugung: Ausreichend Schlaf, Bewegung und Zeit für „zweckfreie“ Beziehung – mit sich selbst und mit anderen.
Autorin: Judith Moser-Hofstadler