Fachtagung „Lasst uns reden!“ Suizidprävention im Alter
Dr. Claudius Stein übermittelte dem anwesenden Fachpublikum interessante Fakten und Daten zu Ursachen von Suizidalität im Alter, Ressourcen alter Menschen und Möglichkeiten der Prävention. Dr. Thomas Kapitany erläuterte wesentliche Informationen und Fakten zum Thema „Sterbeverfügungsgesetz“ und „Assistierter Suizid“ in Österreich.
Mehr als ein Drittel aller Suizide in Österreich werden von Menschen über 65 Jahren begangen. Ab dem 72. Lebensjahr steigt das Risiko noch einmal an, an einem Suizid zu versterben.
Ein großer Unterschied zur Suizidalität jüngerer Menschen ist, dass ältere Menschen den Suizid gut planen und dass es kaum bei einem Suizidversuch bleibt. Der Wunsch nach Veränderung ist bei einem Suizidversuch im Alter nicht mehr gegeben.
Ursachen für Suizid sind oft Krisen, die in einem höheren Lebensalter häufiger werden. Ältere Menschen erleben viele Verluste: Verlust von Ansehen nach der Pensionierung, Verlust von Menschen durch Tod, viele erleben sich im Alter sozial isoliert, gesundheitliche Probleme nehmen zu, die Sehfähigkeit und die Hörfähigkeit werden eingeschränkt. Viele Menschen erleben deshalb oft eine Sinn- oder auch Nutzlosigkeit.
Wenn die äußeren belastenden Lebensereignisse nicht bewältigt werden können, kann ein hoher Druck entstehen, der eine Krise auslösen kann.
Es hat eine große Bedeutung, ob ältere Menschen andere Menschen an ihrer Seite haben, mit denen sie über ihre Gefühle reden können. Gerade über belastende Gefühle mit jemandem reden zu können, kann stark entlastend sein. Genauso sind aber auch Gemeinschaftsangebote, wie z.B. Seniorenverbände eine wichtige Möglichkeit, Sinn im Leben zu finden.
Man kann von drei große Formen von Krisen sprechen, in welchen sich eine Suizidalität entwickeln kann:
- Aus einer akuten psychosozialen Krise
- Aus einer psychischen Krankheit (z.B. Depression oder Angststörung)
- Bei körperlichen Problemen
Depressionen nehmen im Alter zu. Menschen mit Depressionen haben ein 20-fach höheres Risiko an Suizid zu versterben. Im Alter sind häufig sog. „Larvierende Depressionen“ wahrnehmbar, in welchen sich die Depression über körperliche Symptome, hypochondrische Befürchtungen, Schmerzen ohne organische Ursache oder andere diffuse Symptome zeigt und somit auch schwer erkennbar ist. Die Kombination einer medikamentösen Behandlung mit einer Psychotherapie kann sehr gut wirken.
Gerade am Beginn einer schweren körperlichen Erkrankung, z.B. nach der Diagnosestellung kann es zu einer schweren Krise kommen. Die psychosoziale Begleitung bei und nach der Diagnosestellung einer Krankheit ist somit besonders wichtig. So können Menschen in ihren schweren Gefühlen in Gesprächen aufgefangen werden, sodass sie mit der Krankheit umgehen lernen. Starke körperliche Schmerzen können auch Krisen auslösen. Schmerzstillung ist ein wesentlicher Faktor im Umgang mit schweren Krankheiten.
Sterbeverfügungsgesetz und Assistierter Suizid
Im Dezember 2022 hat der Verfassungsgerichtshof in Österreich das Sterbeverfügungsgesetz beschlossen und „Assistierten Suizid“ legalisiert.
Eine „Sterbeverfügung“ ist laut Gesetz eine Willenserklärung, mit der eine sterbewillige Person ihren dauerhaften, freien und selbstbestimmten Entschluss festhält, ihr Leben selbst zu beenden.
Um eine Sterbeverfügung erstellen zu können, müssen zwei Ärzte zu einem Aufklärungsgespräch aufgesucht werden (einer davon mit palliativmedizinischer Qualifikation). In diesem Gespräch sollen Behandlungs- und Handlungsalternativen aufgezeigt werden. Weiters kann über das Sterbe-Präparat, dessen Dosierung und Anwendung gesprochen werden. Es soll auch auf die Möglichkeit eines psychotherapeutischen oder beratenden Gesprächs aufmerksam gemacht werden.
In der anschließenden Podiumsdiskussion diskutierten die Referenten Dr. Claudius Stein und Dr. Thomas Kapitany mit Angelika Feichtner MSc, DGKP (Fachbuch Autorin), LRin a.D. Birgit Gerstorfer MBA (Landespräsidentin des Pensionistenverbands), Dr. Josef Pühringer (Landesobmann des Seniorenbundes), Mag.a Silvia Breitwieser (Leitung Telefonseelsorge) und dem anwesenden Fachpublikum verschiedene sich ergebende Fragestellungen. Moderiert wurde die Diskussion von Dr.in Christine Haiden (Journalistin, Autorin).
Hier finden Sie die Unterlagen der Veranstaltung:
Präsentation Dr. Claudius Stein
Präsentation Dr. Thomas Kapitany