TelefonSeelsorge OÖ hilft zu Weihnachten mit prominenter Unterstützung
Silvia Breitwieser und Barbara Lanzerstorfer-Holzner von der TelefonSeelsorge OÖ – Notruf 142 schilderten Erfahrungen aus ihrem Beratungsalltag. Lanzerstorfer-Holzner wies darauf hin, dass ein Leben mit Unwägbarkeiten und globalen Krisen die „neue Normalität“ darstelle, was vielen Menschen stark zu schaffen mache. Die Sehnsucht nach Stabilität, Sicherheit, Zuversicht, Harmonie und Leichtigkeit sei dementsprechend groß, besonders zu Weihnachten. „Heuer dürfte bei vielen der Heiligabend noch stärker emotional aufgeladen sein als sonst. Wenn draußen die Stürme der unberechenbaren Welt brausen, wünscht man sich die Sicherheit einer warmen, wohligen Stube, den Glauben an das Gute und ein harmonisches Familiengefüge. Zumindest ein Tag soll in diesem Jahr mit kindlicher Vorfreude, weihnachtlichem Zauber, dem Gefühl von heiler Welt unter dem Christbaum und ganz ohne Sorgen ablaufen“, schilderte Lanzerstorfer-Holzner die Wünsche vieler Menschen. Diese Wünsche seien verständlich, jedoch schwer zu realisieren, „denn das, was an den restlichen 364 Tagen herausfordernd war, wird es höchstwahrscheinlich auch am Weihnachtstag sein“, weiß die Expertin. Häufig seien dann Kränkungen und Verletzungen groß, weil es die ersehnte heile Welt nicht einmal mehr in den eigenen vier Wänden gebe. Es gelte daher, die kindliche Vorfreude mit einer gewissen Dosis Realitätssinn zu versehen.
Die weihnachtliche Sehnsucht mit der Realität in Einklang bringen
Sehr oft seien die Idealvorstellungen von Weihnachten mit eigenen Kindheitserinnerungen verbunden. Damals hätten die Eltern für den Zauber von Weihnachten gesorgt; jetzt, als erwachsener Mensch, müsse man sich das „Wunder Weihnachten ein Stück weit selbst gestalten“, betonte Lanzerstorfer-Holzner. Sie gab fünf Anregungen, wie das Weihnachtsfest gelingen kann – auch in schwierigen Zeiten und im Einklang mit realen Rahmenbedingungen.
Erstens sei es wichtig, im Familien- und Freundeskreis die unterschiedlichen Bedürfnisse zu klären. Zu den größten Streitthemen in der Weihnachtszeit gehören ganz pragmatische Fragen wie: Wo und mit wem feiern wir? Wie viel Zeit verbringen wir miteinander und wie gestalten wir diese? Was wollen wir essen, was schenken wir? Als Beispiel für „explosive Themen“ nannte Lanzerstorfer-Holzner die schlichte Frage einer Frau an ihren Partner: ‚Was möchtest du zu Weihnachten essen?‘ Eine mögliche Antwort: ‚Ist mir egal‘ – gedacht als Entlastung für die Partnerin, die sich ihrerseits ärgert, dass der Partner sich nicht in die Vorbereitungen einbringen will. „Konfliktträchtig werden diese Fragen vor allem, weil es oft um etwas ganz anderes geht – vernachlässigte oder enttäuschte Bedürfnisse: Je mehr davon aufeinanderprallen, desto höher ist die Gefahr, dass es zu Streit und Frustration kommt. Sprechen Sie daher in Partnerschaft und Familie, bei Verwandten und Freund:innen etc. noch vor Weihnachten die eigenen Erwartungen offen an, tauschen Sie sich über die Wünsche aller aus und suchen Sie einen für alle akzeptablen Kompromiss“, rät die Expertin.
Zweitens sei es sinnvoll, den Perfektionismus abzulegen und stattdessen den eigenen Bedürfnissen und Gefühlen Raum zu geben. „Schrauben Sie Ihre eigenen Wünsche und Erwartungen herunter und überlegen Sie: Was macht für mich Weihnachten wirklich aus? Was tue ich nur, weil ‚es halt so Brauch ist‘? Was kann ich heuer weglassen? Unangenehme Gefühle wie Schmerz, Trauer und Wut machen keine Weihnachtspause und gehören zum menschlichen Sein dazu. Versuchen Sie daher nicht, sie zu verdrängen, sondern nehmen Sie sie wahr und gehen Sie achtsam mit ihnen um.“
Drittens sei es hilfreich, an liebgewordenen Ritualen und Traditionen festzuhalten; dies sei besonders für Kinder und Jugendliche derzeit stärkend. „Zu Weihnachten haben sie unter anderem die Funktion, die Welt wieder ein bisschen in Ordnung zu bringen. Weihnachtsschmuck, Weihnachtslieder, Weihnachtsfilme, Kekse, Tee, das besondere Weihnachtsessen oder vielleicht sogar ein Weihnachtspulli – erlaubt ist alles, was gefällt und guttut“, meint Lanzerstorfer-Holzner.
Viertens könne man sich vor Augen führen, dass Gemeinschaft und Nähe das größte Geschenk seien. „Einer der größten Wünsche – auch von Kindern und Jugendlichen – ist ein friedvolles Weihnachtsfest, bei dem sich alle gehört und angenommen fühlen. Das kann gelingen, wenn wir uns beim Essen beispielsweise von den Dingen erzählen können, die wir erlebt haben, die uns beschäftigen, die wir uns wünschen. Es geht darum, zusammenzurücken, für ein paar Tage im Jahr nicht nur To-dos zu erledigen, sondern sich zusammen wohlzufühlen. Dazu braucht es keine teuren Geschenke und kein teures Weihnachtsessen.“ Lanzerstorfer-Holzner nannte in diesem Zusammenhang die Aussage einer 17-jährigen Jugendlichen, die meinte: „Weihnachten ist für mich deswegen so besonders, weil Mama und Papa für einen Nachmittag und Abend nicht aufs Handy schauen.“
Fünftens sei es wertvoll, zu Weihnachten Abstand von medialer Dauerberieselung und „bad news“ zu nehmen. „Hilfreich kann es sein, sich täglich zumindest für einige Momente auf das Gute zu besinnen und dem Weihnachtsfest mit neuer Dankbarkeit zu begegnen: Wir haben es warm und hell, verfügen über ausreichend Nahrung und sind im besten Fall noch von lieben Menschen umgeben. Gerät jedoch das Problematische immer mehr in den Vordergrund, hilft es, sich den Medien und dem Weltgeschehen für einige Stunden ganz zu entziehen. Diese Auszeit kann für Dinge genutzt werden, die Kraft, Halt und Sinn geben – sei es Bewegung, Musik, Meditation, Backen oder Kochen, kreatives Schaffen oder einfach In-die-Luft-Schauen.“
TelefonSeelsorge OÖ: Auch zu Weihnachten rund um die Uhr ein offenes Ohr
Es gebe natürlich Situationen, in denen Sorgen, Enttäuschungen und Einsamkeit so groß seien, dass sie die Oberhand gewännen. „Wenn etwa Eltern in Trennung leben oder ein lieber Angehöriger verstorben ist, muss Weihnachten ganz neu aufgestellt werden“, so Lanzerstorfer-Holzner. Dann sei es wichtig, sich Unterstützung zu holen und sich den Kummer von der Seele zu reden – bei Freund:innen, Angehörigen oder bei den professionell geschulten Mitarbeiter:innen der TelefonSeelsorge.
Die TelefonSeelsorge OÖ ist eine Einrichtung der katholischen und evangelischen Kirche und wird vom Sozialressort des Landes Oberösterreich unterstützt. Der amtliche, psychosoziale Notruf ist auch am Heiligen Abend und an den Feiertagen rund um die Uhr unter der kostenlosen Nummer 142 vertraulich erreichbar. 90 ehrenamtliche Mitarbeiter:innen TelefonSeelsorge – Notruf 142 sind in Oberösterreich rund um die Uhr für die Anliegen der Anrufenden da. Wer lieber schreibt, kann sich täglich von 16.00 bis 22.00 Uhr an die ebenfalls kostenlose Mail- oder Chatberatung wenden.
Prominente Unterstützung vor Weihnachten
Ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Menschen in Oberösterreich haben in den kommenden Tagen auch zwei prominente Persönlichkeiten:
- Landeshauptmann Thomas Stelzer: Donnerstag, 22. Dezember | 15.30 bis 16.30 Uhr und
- Bischof Manfred Scheuer: Donnerstag, 22. Dezember | 18.00 bis 20.00 Uhr
Beide unterstützen in dieser Zeit die Mitarbeiter:innen des Notrufdienstes der TelefonSeelsorge und sind unter der Nummer 142 zu erreichen.
Landeshauptmann Thomas Stelzer dankte der TelefonSeelsorge Oberösterreich für ihren Einsatz. „Wir leben in einer Zeit der multiplen Krisen. Zur Gesundheits- und Klimakrise sind der Krieg und erhebliche Teuerungen nach Europa gekommen. All das kann für Menschen zu enormen psychischen Belastungen führen. Als Staat und als Land Oberösterreich tun wir alles, was möglich ist, um hier zu unterstützen. Es kann aber auch ein vertrauliches Gespräch oftmals eine ganz entscheidende Hilfestellung sein. Daher bedanke ich mich bei allen Ehrenamtlichen der TelefonSeelsorge für diesen Dienst von Herzen.“ Gerade in der Vorweihnachtszeit sei dieses nicht selbstverständliche Engagement ein großes Zeichen für das Miteinander in Oberösterreich, so Stelzer. Der Landeshauptmann sprach auch der Diözese Linz seinen Dank für ihr Engagement für Menschen in Notlagen aus. Sein persönlicher Einsatz am Telefon – „alle Jahre wieder und im heurigen Jahr ganz besonders“ – ist für Stelzer ein Zeichen der Wertschätzung und Unterstützung gegenüber den Mitarbeiter:innen der TelefonSeelsorge.
Auch Bischof Manfred Scheuer wird als Gesprächspartner am Telefon zur Verfügung stehen. Er ortet viele Sorgen und Unsicherheiten, die die Menschen derzeit belasten. Aus Gesprächen weiß er, dass auch die seelischen Nöte, besonders bei der jüngeren Generation, groß sind. „Die Teuerung, die teilweise Verdreifachung der Heizkosten, die Zinssteigerungen bringen Existenzängste mit sich. Die Anfragen bei der Caritas um Unterstützung häufen sich. Und auch wenn bei manchen die materiellen Sorgen klein sind, eine Unsicherheit greift um sich – die Sorge um den Frieden in der Welt, der Klimawandel, die Angst vor einem Auseinanderdriften der Gesellschaft. Immer mehr Menschen haben Zweifel, dass die Kinder und Enkelkinder eine gute Zukunft vor sich haben. Es sind reale Sorgen, die selbst oder im persönlichen Umfeld erlebt werden, und man will und muss darüber sprechen.“ Wichtig ist dem Bischof der Blick auf konkrete Menschen und ihr Schicksal, „weil es eine sehr persönliche Begleitung und ein Hinhören darauf braucht, was Menschen abgeht, was sie verletzt oder verwundet, wo sie allein sind“.
Rund um Weihnachten würden sich die Sehnsüchte verdichten – und viele Menschen würden daran zweifeln, dass es das Leben, dass es Gott gut mit ihnen meine. Vielen fehlten Möglichkeiten und Räume, um über ihre Lebenssituation zu sprechen. „Die TelefonSeelsorge bietet so einen Gesprächsraum an. Für viele liefert sie einen ersten Anstoß, eine Veränderung ihrer Lage zu bewirken“, so der Bischof. Die TelefonSeelsorge sei daher „ein unverzichtbarer Baustein der Kirche“, um nahe bei den Menschen zu sein und diese in ihrer Not nicht allein zu lassen. Sie bringe zum Ausdruck, dass die Kirche keine Berührungsängste habe gegenüber Erfahrungen des Dunkels, des Schmerzes und des Leidens.
In christlicher Perspektive sei Weihnachten ein Fest, das von einer großen Hoffnung getragen sei, wie Scheuer ausführte: „Die Geburt eines Kindes ist eine Verheißung, eine Eröffnung von neuen Möglichkeiten, ein großes Versprechen. Die Geburt Jesu geschah unter ärmlichen Umständen in einem unscheinbaren Winkel dieser Welt. Sie ist ein Zeichen dafür, dass auch unter widrigsten Lebensumständen ein Neubeginn möglich ist. Jesus wurde keineswegs in eine friedvolle, heile Welt hineingeboren. Die Weihnachtsbotschaft erzählt von Armut, Verfolgung und Ablehnung, sie erzählt aber auch von Vertrauen ins Leben, selbst wenn das Vertrauen bereits mehrfach erschüttert wurde. Gerade dieses Vertrauen ins Leben, der Mut zum Leben kann uns Weihnachten vermitteln: nicht einfach als abstrakte Botschaft, sondern in der konkreten Beziehung zwischen Menschen.“ Die Menschenfreundlichkeit Gottes werde im ehrenamtlichen Engagement der rund 90 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der TelefonSeelsorge hörbar und spürbar, so der Bischof. Es handle sich um ein Engagement, das nicht mit lauter Begleitmusik verrichtet werde, sondern sich der Diskretion und der Wahrung der Intimsphäre verpflichtet wisse. Scheuer dankte den Mitarbeiter:innen der TelefonSeelsorge für ihren Einsatz. Landeshauptmann Thomas Stelzer sprach er für die große finanzielle und ideelle Unterstützung durch das Land Oberösterreich seinen Dank aus.