Warum ich gerne Priester bin
Gottesdienste feiern, Kinder taufen, Menschen beerdigen, Messen aufschreiben, Sitzungen einberufen, leiten und nachbearbeiten, Grußworte bei öffentlichen Veranstaltungen sprechen, Gespräche in allen Lebenslagen führen – das ist ein Ausschnitt aus meinem Tätigkeitsfeld in den letzten 72 Stunden.
Man kann es auch so formulieren: Wer gerne vielfältig, spontan und oftmals unvorhergesehen lebt und arbeitet, dem kann die Arbeit als Priester oder SeelsorgerIn empfohlen werden. Dass man dabei halbwegs gerne Kontakt mit sehr unterschiedlichen Menschen hat, erleichtert einem die Arbeit ohne Zweifel.
Damit habe ich aus meiner Sicht schon einen großen Teil meiner Antwort auf die Frage gegeben: „Warum arbeite ich gerne als Priester?“ Es ist gerade die Vielfalt an Tätigkeiten, die für mich nach wie vor den Reiz dieses Berufes (spirituell sagt man auch gerne „Berufung“ dazu) ausmachen. Es ist geradezu ein Kennzeichen dieses Berufes, dass ihn jeder, der ihn ausübt, zu einem großen Teil selber gestaltet und formt. Vorbilder hat man dabei immer – ich nenne dabei einen früheren Pfarrer meiner Heimatgemeinde -, aber trotzdem geht jeder Priester seine Aufgabe auf höchst persönliche Weise an; und das ist auch gut so.
Ich bin jetzt seit ungefähr 15 Jahren Priester und seit etwas mehr als zehn Jahren Pfarrer. Von meinen Vorstellungen zu Beginn meiner Studienzeit hat sich sehr wenig erfüllt. Ich sehe das als sehr positiv an. Ich habe heute ein „realistischeres“ Bild von meiner Tätigkeit in der Kirche als vor 20 Jahren. Auch das finde ich gut; es schont das Nervenkostüm. Ich glaube heute auch nicht mehr, dass ich allen Erwartungen gerecht werden muss, die Menschen in meinen Pfarren an mich stellen.
Ich habe mir in meiner Schullaufbahn viele Berufe für mich vorstellen können – Lehrer, Steuerberater, Journalist waren nur einige davon. Ich habe mich erst kurz vor der Matura dazu entschlossen, ins Priesterseminar einzutreten. Mich hat niemand gezwungen, diesen Beruf zu wählen. Dieses „Wissen“ gibt mir nach wie vor Kraft und trägt mich über manche Frustration hinweg: Ich habe meinen Weg gewählt und bin für die Konsequenzen verantwortlich.
Könnte ich manches anders machen? Natürlich. Würde ich mir mehr Akzeptanz für meinen Beruf in der Kirche und in der Gesellschaft wünschen? Ja. Würde ich heute einen anderen Beruf wählen als bei meiner Matura 1999? Vielleicht. Macht mir meine Arbeit und meine Lebensform Freude? Ja, sehr oft. Also passt das Ganze für mich.
Mag. Andreas Köck
Pfarradministrator in Pram und Wendling
Erschienen in: Unsere Brücke. Juni 2022 bis Dezember 2022, hg. v. Priesterseminar der Diözese Linz, 17.