Das Motto der diesjährigen Gebetswoche lautet: „Deine rechte Hand, Herr, ist herrlich an Stärke“ (vgl. Exodus 15,6).
Den Gottesdienst feierten VertreterInnen aller neun christlichen Kirchen in Oberösterreich. Von der Altkatholischen Kirche nahmen Pfarrerin Elisabeth Steinegger und Diakon Samuel Ebner teil. Die Evangelische Kirche A. B. war durch Superintendent Dr. Gerold Lehner und Pfarrer Mag. Josef Prinz vertreten, die Evangelische Kirche H. B. durch Kurat Heinrich Benz. Von der Evangelisch-methodistischen Kirche, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft zur Koptisch-orthodoxen Kirche befindet, nahm Pastor Martin Obermeir-Siegrist teil. Die Baptistengemeinde war durch Rudolf Fürholzer vertreten. Weiters unter den Mitfeiernden: Pfarrer Dr. Sorin Bugner von der Rumänisch-orthodoxen Kirche und Erzpriester Dragan Micic von der Serbisch-orthodoxen Kirche. Gastgeberin war in diesem Jahr die koptisch-orthodoxe St. Georg Kirche in der Wiener Straße in Linz mit „Hausherr“ P. Johannes Abousif. In Vertretung des koptisch-orthodoxen Bischofs Anba Gabriel war Pater Dr. Lukas Daniel aus Wien gekommen. Von der Römisch-katholischen Kirche nahmen Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer, Dompfarrer Dr. Maximilian Strasser und Ökumene-Referentin Mag.a Gudrun Becker am Gottesdienst teil. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst vom Kinderchor und vom Jugendchor der koptischen Gemeinde.
© Diözese Linz / Kraml
Pater Dr. Lukas Daniel überbrachte am Beginn des ökumenischen Gottesdienstes Grüße des koptisch-orthodoxen Bischofs Anba Gabriel und betonte: „Heute ist es eine große Freude, dass wir uns alle gemeinsam hier treffen und dass wir alle gemeinsam beten.“
Auch Dr. Gerold Lehner, Superintendent der Evangelischen Kirche A. B. in Oberösterreich, begrüßte die etwa 100 Mitfeiernden im Namen des Forums der christlichen Kirchen in Oberösterreich. Lehner wörtlich: „Wir alle, die wir hier stehen, sind Teil der einen Kirche, die Jesus Christus berufen hat. Wir sind aber auch verschiedene Teile. Wir bringen verschiedene Sprachen und verschiedene Kulturen mit, verschiedene Akzente in Liturgie, Theologie und Spiritualität und verschiedene Geschichte – sogar die Geschichten verschiedener Länder. Und in manchen Dingen vielleicht nicht nur unterschiedliche Akzente, sondern auch gegensätzliche Ansichten, Widersprüche und auch Fragen, die wir aneinander haben. Dennoch sind wir gemeinsam hier und gemeinsam bekennen wir heute hier unseren einen Kern. Und in vielem sind unsere Unterschiede ja durchaus ein Geschenk und ein Zeichen der Vielfalt jener einen Kirche, die Christus aus den Völkern und Nationen, Ländern und Kontinenten berufen hat.“
Der evangelische Superintendent dankte der koptischen Gemeinde für ihre Gastfreundschaft und betonte die Verbundenheit mit der koptischen Schwesterkirche: „Unsere koptischen Schwestern und Brüder verbinden uns mit der geografischen und geschichtlichen Herkunft ganz nahe mit dem Ursprung des Christentums. Sie verbinden ihren Ursprung mit dem Wirken des Evangelisten Markus in Alexandria. Bekannte Theologen wie Clemens von Alexandria und Origenes wirken bis heute und werden bis heute gelesen. Hier entstehen Mönchtum und Klöster und hier lebt eine Kirche, die viele Jahre von der großen Christenverfolgung unter Diokletian erzählt. Wir sind zu Gast in einer Kirche, der bis heute das Martyrium nicht fremd ist. Einer Kirche, die seit Jahrhunderten unter Unterdrückung, Benachteiligung und Verfolgung litt. Wir ehren unsere koptischen Schwestern und Brüder und freuen uns, dass wir bei euch zu Gast sein dürfen und diesen Gottesdienst mit euch feiern können.“
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Der katholische Bischof Dr. Manfred Scheuer erinnerte sich in seiner Predigt an einen Besuch in der koptisch-orthodoxen Kirche vor 15 Jahren zurück: „Damals wurde mir bewusst, wie viel die Kirche theologisch und spirituell Ägypten bzw. Christen aus Ägypten verdankt. Ökumene ist zuerst das Bewusstsein, was wir einander verdanken, was wir voneinander lernen können.“ Scheuer skizzierte wesentliche Schritte der Annäherung zwischen römisch-katholischer und koptisch-orthodoxer Kirche: In der „Wiener Christologischen Formel“ von 1971 konnten römisch-katholische wie orientalisch-orthodoxe Kirchenvertreter ihren Christus-Glauben als übereinstimmend erkennen. Mit der Konsens-Erklärung von 1973 wurden dann die gegenseitigen Verurteilungen als Häretiker beendet. Am 28. April 2017 unterzeichneten Papst Franziskus und der koptisch-orthodoxe Papst Tawadros II. eine gemeinsame Erklärung über die gegenseitige Taufanerkennung in Kairo.
Der Linzer Diözesanbischof betonte, die koptisch-orthodoxe Kirche sei seit Jahrtausenden eine Kirche des christlichen Bekenntnisses und des Zeugnisses in einem Umfeld, das politisch und religiös vom Islam geprägt war und ist. Scheuer wörtlich: „Demokratie und Menschenrechte, Verfassung, aufgeklärte Vernunft gehören zu unserer Zivilisation. Dazu gehört auch die Religionsfreiheit. Es ist die Freiheit, den Glauben öffentlich zu praktizieren, aber auch die Freiheit, in einer säkularen Gesellschaft von Religionsansprüchen nicht behelligt zu werden. Es ist nicht überhörbar, dass inzwischen die Forderung nach ‚negativer‘ die nach positiver Religionsfreiheit übertönt.“ Der neue aggressive Atheismus verbinde Religion exklusiv mit Unfreiheit und Unterdrückung, so Scheuer. Wann immer von der Verfolgung von Christen weltweit die Rede sei, werde dies durch den Rückblick auf vergangene Verirrungen und Schandtaten des Christentums zugedeckt. Scheuer wörtlich: „Von einer gegenwärtigen Verfolgung oder Unterdrückung des Christentums will die ‚political correctness‘ nichts wissen. Die Verfolgung von Christen stößt auf eine fast unheimliche Nichtbeachtung. Etwa jeder zehnte Christ wird weltweit wegen seines Glaubens diskriminiert oder verfolgt, mehr als 200 Millionen Menschen in 60 Staaten. Was kümmert das Europa?“
Scheuer dankte den Kopten für ihre Standhaftigkeit im Glauben. So wie die Christen der ersten Jahrhunderte ihren Glauben vor dem Forum der Öffentlichkeit dargelegt hätten, so brauchten auch heute die Christen den öffentlichen Disput, das Forum der intellektuellen Auseinandersetzung und der Kultur nicht zu scheuen, betonte der Bischof. Die Verantwortung des Glaubens dürfe dabei wichtige Lebensbereiche wie Leid, Schuld, Krankheit und Tod nicht tabuisieren oder ausklammern. Das letzte entscheidende Forum für die Verantwortung des Glaubens sei „in biblischer Perspektive die Verantwortung vor den Armen und Leidenden“, so Scheuer. Der Linzer Diözesanbischof betonte, dass Ökumene gemeinsames Zeugnis sei, wie bereits im Ökumenismus-Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils zu lesen sei: „Vor der ganzen Welt sollen alle Christen ihren Glauben an den einen dreifaltigen Gott, an den Mensch gewordenen Sohn Gottes, unsern Erlöser und Herrn, bekennen und in gemeinsamem Bemühen in gegenseitiger Achtung Zeugnis geben für unsere Hoffnung, die nicht zuschanden wird. Da in heutiger Zeit die Zusammenarbeit im sozialen Bereich sehr weit verbreitet ist, sind alle Menschen ohne Ausnahme zu gemeinsamem Dienst gerufen, erst recht diejenigen, die an Gott glauben, am meisten aber alle Christen.“ (UR 12)
Predigt von Bischof Manfred Scheuer zum Nachlesen
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Im Anschluss an den Gottesdienst lud die koptische Gemeinde alle Mitfeiernden zur Agape ein.
Die Spenden aus der Sammlung des Gottesdienstes kommen koptischen ChristInnen in Ägypten zugute. Sie haben Monate der Gewalt hinter sich: Beim Anschlag auf die St. Petrus Kirche in Kairo starben etwa 30 Frauen und Kinder. Bei Anschlägen an der St. Georg Kirche in Tanta und an der
St. Markus Kirche in Alexandria verloren viele Menschen ihr Leben, ebenso beim Anschlag auf die St. Mina Kirche in Helwan kurz vor Beginn des neuen Jahres. Dompfarrer Maximilian Strasser:
„Die Kollekte unseres Gottesdienstes kommt Menschen zugute, die vom Terror betroffen sind. Wir möchten den Familien der Opfer etwas Freude und Hoffnung schenken. Wir wollen ihnen zeigen, dass sie nicht allein sind, dass wir an sie denken, für sie beten und ihnen etwas geben.“
Dompfarrer Maximilian Strasser. © Diözese Linz / Kraml