Unmittelbar Da-sein
„Lebensbegleitend war die Kirche als ehrenamtliches Betätigungsfeld für mich von großer Bedeutung“, sagt sie rückblickend. Als Seelsorgerin berufen fühlte sie sich schon lange bevor sie eine kirchliche Anstellung hatte. Seit 2013 arbeitet sie als Krankenhaus-Seelsorgerin in Wels. Gabriele Miglbauer ist verheiratet, hat vier erwachsene Töchter und zwei Enkelkinder. Sie lebt zwei Berufungen: Familie und Seelsorgerin.
Leben in Fülle. In ihrer hauptamtlichen Arbeit geht es ihr um das „unmittelbar Da-sein im Krankenhaus“, wie sie sagt: „Die Begegnungen im Krankenhaus sind in ihren jeweiligen Lebens- und Sterbesituationen sehr besonders. Das dichte Leben liegt – in seiner ganzen Fülle – oftmals ausgebreitet vor mir. Das erfüllt mich mit Achtung und großem Respekt den Menschen und dem Leben gegenüber.“ Gott offenbare sich hier im Miteinander-Sein, in der Verbundenheit, in der gesamten Gegenwart, in der Endlosigkeit und Zeitlosigkeit. Sie schätzt an ihrem Beruf, dass sie sich selbst immer wieder hinterfragen muss: ihr Verhalten, ihre Muster, ihre Haltungen und ihre Einstellungen. Dieses Lernen habe für sie zur Zeit große Bedeutung.
Unerlässlich. Was es heißt, als Frau in einem kirchlichen Beruf tätig zu sein, beschreibt sie so: „Männer und Frauen haben unterschiedliche `Herangehensweisen´. Die Herangehensweise von Frauen ist in der Seelsorge der katholischen Kirche unerlässlich. Dass dies in der von Männern gemachten kirchlichen Hierarchie strukturell verhindert wird, ist einerseits sehr schmerzlich und andererseits unverantwortlich und fahrlässig im Blick auf die seelsorglichen Bedürfnisse und Kompetenzen.“
Diskussionen. Grundsätzlich sieht sie heute eine positive Veränderung im Diskurs, was für Frauen in der Kirche möglich und erlaubt ist. „Vor zehn Jahren war es fast noch nicht möglich, über die Priesterweihe und das Diakonat von Frauen `laut´ zu reden. Heute gibt es unzählige Leser/innen-Briefe und offene Diskussionen.“ Wenn heute jemand fragt, ob Frauen in der Kirche predigen dürfen, dann irritiert sie, dass jemand dies heute noch immer hinterfragt. Ob die Weihe für Frauen noch ein anzustrebendes Ziel ist, lässt Gabriele Miglbauer offen: „Möglicherweise ist das Bestreben für das Weiheamt für Frauen ein Nachhinken hinter einem Ziel, das es gar nicht (mehr) braucht. Es braucht Berufung und Beauftragung. Ob Beauftragung eine `Weihe´ sein muss, das ist die Frage.“
Sichtbar machen. Zum Thema „Frauen in der Seelsorge sichtbar machen“, sagt Miglbauer: „`Bilder schaffen Wirklichkeit´, ... aber eigentlich ist es umgekehrt: die Wirklichkeit ist in Bezug auf Frauen in der Kirche schon lange eine andere als in den Köpfen mancher Menschen.“ Bilder seien in dem Fall nicht ein Medium, das Wirklichkeit schaffe, sondern ein Medium, das die Wirklichkeit zeige. Das „Bild Gottes“ habe viele Züge, es lasse sich weder durch Sprache noch durch handelnde Personen einengen.
(Elisabeth Leitner)
Zur Person: Gabriele Miglbauer, geb. 1964, verheiratet, vier Kinder, zwei Enkelkinder, Seelsorgerin im Klinikum Wels.