Platz für die Seele
Dass man die 34-jährige Frau und Mutter zweier Töchter am Tag oder nachts mitten im Wald antrifft, kommt immer wieder vor: sie übernachtet nicht alleine am Waldesrand, sondern mit einer Gruppe von Jugendlichen. Hier wird für ein paar Tage gemeinsam das Essen am Lagerfeuer zubereitet, geredet, gelacht, gesungen – und manchmal auch geschwiegen. Sie arbeitet mit Jugendlichen zwischen zwölf und 18 Jahren und jungen Erwachsenen bis zum 40. Lebensjahr, meist vor der eigenen Familiengründung.
Gleichberechtigung. Die Frauen und ihre Kraft in allen Positionen wieder sichtbar zu machen, ist ihr ein Anliegen. Als Frau in einem kirchlichen Beruf zu arbeiten, erlebt sie zwiespältig: Dass sie als Frau diese Kirche mitgestaltet, hält sie für wichtig. Die Kehrseite sieht sie darin, dass die bestehenden Strukturen dadurch mitgetragen und mitgestützt werden. Sie bezeichnet es selbst als „Unstimmigkeit“: auf der einen Seite wird versucht Schlupfräume und offene Formulierungen zu nutzen, bevor Frauen gar nichts mehr dürfen. Andererseits ist zu befürchten, dass, „wenn Frauen nicht offensiver agieren, sich nie was ändern wird“, sagt Schulz und stellt die Fragen: „Wie lange wird es noch dauern, bis Frauen und Männer in der Kirche gleichberechtigt sind?“
Offen sein. In ihrer Zielgruppe, den jungen Menschen, werden die Unterschiede zwischen Mann, Frau, Geweiht oder Laie nur gering wahrgenommen. Auch für Kirchenferne macht es – so ihre Erfahrung – keinen Unterschied, ob ein Priester Eucharistie feiert oder eine Frau Wortgottesdienst. Wenn sie von ihrer Tätigkeit erzählt, stößt sie oft auf Interesse und Verwunderung. Sie versucht zu zeigen und zu leben, dass Kirche offen ist für jene Spiritualität, die die Menschen in sich tragen und dass Kirche kein Korsett sein muss, sondern ein Rahmen sein kann, in dem Spiritualität und Leben Platz haben. Das ist es auch, was sie an ihrem Beruf so schätzt: dass „im Idealfall ... Platz für die Seele ist“. Denn ihre eigene Entwicklung und Spiritualität lässt sich nicht trennen von ihrer Arbeit: „Da ich als Person dafür stehe, was ich glaube und sage, muss ich mich auch damit auseinandersetzen, um authentisch zu sein.“
Raum für Spirituelles. Sie sieht es als ihre Aufgabe, Menschen in ihrer Entwicklung ein Stück zu begleiten, einen Impuls zu setzen, sie zu bestärken. Dabei sucht sie nach Möglichkeiten, um Menschen, egal ob sie christlich sozialisiert sind oder nicht, einen Raum zu eröffnen – für das Spirituelle, Transzendente, für ihre Sehnsüchte, Hoffnungen und Fragen. Kritisch merkt sie an, dass in der letzten Zeit wieder eine Verengung passiert, was katholisch geprägtes Glaubensleben und Geschlechterrollen betrifft. Sie wurde als 18-Jährige für den Pfarrgemeinderat vorgeschlagen und beschloss, sich das einmal anzuschauen. Heute begleitet sie als Beauftragte für Jugendpastoral junge Menschen auf ihrem Weg mit jener Offenheit, die sie selbst immer wieder erlebt hat und selber lebt.
(Elisabeth Leitner)
Zur Person: Mag.a Christine Schulz, geb. 1983, verheiratet, 2 Töchter. Beauftragte für Jugendpastoral im Dekanat Freistadt, Betriebsrätin.