„Kein Tag ist wie der andere...“
Sie ist Pfarrassistentin, verheiratet und lebt mit ihrer Familie in Wels. Die Theologin hat in Linz und Wien Selbständige Religionspädagogik und Lehramt Mathematik studiert. Seit 1995 ist sie im kirchlichen Dienst tätig, seit 2006 als Pfarrassistentin in Wels-St. Franziskus. Im ländlichen Raum seien Frauen in der Seelsorge noch nicht so selbstverständlich wie im städtischen Bereich, im Dekanat sei sie dennoch oft die einzige Frau unter ihren Pfarrer-Kollegen, erzählt sie. Etwas fremd zu sein, ermögliche auch ein bunter Vogel zu sein, quer zu denken und neue Wege zu gehen.
Völlig akzeptiert. In der Pfarre ist sie als Frau längst angekommen und angenommen. „Es ist völlig akzeptiert und meine Anwesenheit wird auch erwartet“, ist ihre Wahrnehmung. Das Schöne an ihrem Beruf lässt sich in einem Satz zusammenfassen: „Es macht Sinn und erfüllt mich mit Freude, in den Spuren von Jesus Christus und mit ihm verbunden mit den Menschen unterwegs zu sein, mit dem Ziel ein gutes Leben für alle anzustreben.“ Die vielfältigen Aufgaben schätzt sie, kein Tag sei wie der andere. Als Frau in einem kirchlichen Beruf gehe es ihr gut: „Ich kann im wunderbaren Raum der Pfarre Wels-St. Franziskus das, was ich bin und kann und wozu ich berufen bin als Seelsorgerin mit und bei den Menschen leben.“ Im Pfarralltag entscheidend sei nicht die Frage, ob jemand geweiht oder ungeweiht, Frau oder Mann ist, sondern letztlich, ob die Person kompetent, entgegenkommend und authentisch agiert. Geschätzt wird, wenn Seelsorgerinnen weltoffen sind, eine heutige, zeitgemäße Sprache sprechen und sich für soziale Anliegen einsetzen.
Frau und kirchliche Hierarchie. Als Frau in der Kirche fehlt es nicht an Akzeptanz bei den Menschen in der Pfarre – gleichwohl die Frage nach der Stellung der Frauen in der kirchlichen Hierarchie nach wie vor unbefriedigend ist. „Gibt es ein wirkliches ‚Wir’ der Kirchenmänner mit den Frauen in kirchlichen Berufen?“ – Diese Frage bleibt für Irmgard Lehner offen. Sie ist überzeugt, dass die Akzeptanz von Seelsorgerinnen im traditionellen Milieu größer wäre, würde die Kirche Frauen zu Diakoninnen und Priesterinnen weihen: „Entscheidend ist dort die Möglichkeit, gültig und geordnet Eucharistie und Sakramente feiern zu können“. Eine Möglichkeit, die Frauen bis jetzt verwehrt ist.
Weibliches Gesicht der Kirche. Dass das mediale Bild von Kirche vor allem männlich klerikal geprägt sei, ist ihre Erfahrung. Wenn sie sich als Seelsorgerin der katholischen Kirche vorstellt, sind Menschen oft überrascht – und kommentieren das mit: „Das ist ja sehr erfreulich!“ – Die Frage, ob Frauen in der Seelsorge mehr sichtbar gemacht werden sollen, beantwortet die 48-jährige Theologin und Mutter dreier Kinder so: „Die Kirche kann auf die Frauen gar nicht verzichten. Es tut der Kirche gut, wenn sie auch ihr weibliches Gesicht deutlicher zeigt. Für viele Menschen eröffnet sich ein Zugang zu Gott, Glaube und Kirche, wenn sie sehen, dass die Kirche auch weiblich ist – und damit auf der Höhe der Zeit: modern, mitten im Leben, nicht verstaubt und lustlos.“
(Elisabeth Leitner)
Zur Person: Mag.a Irmgard Lehner, geb. 1969, verheiratet, 3 Kinder, Pfarrassistentin in Wels-St. Franziskus.