Wie hast du den Weg in die Seelsorge gefunden? Gab es für deinen Weg in die Seelsorge ein prägendes Erlebnis?
In meiner Kindheit und Jugend in Wartberg ob der Aist habe ich viele positive Erlebnisse in der Pfarre gemacht. Besonders prägend habe ich es erlebt, wenn wir selber Verantwortung übernehmen durften: In der Hauptschulzeit haben wir 14-tägig Gottesdienste im Turnsaal des Kindergartens gestaltet, da hat uns der Pfarrer viel Freiraum gelassen. Auch in der Jungschar, der Firmvorbereitung und in musikalischen Projekten durfte ich alles Mögliche ausprobieren und aus meinen Fehlern lernen. Es ist sehr motivierend, wenn man sich als junger Mensch ernst genommen fühlt! Nach der Matura habe ich Mathematik und Chemie auf Lehramt studiert, Chemie jedoch nach einigen Semestern für Religionspädagogik aufgegeben. Der ganzheitliche Blick auf die Welt sowohl durch die logische als auch durch die theologische Brille entspricht mir sehr. Nach dem Studium habe ich einige Jahre Unterricht und Pastoral in Linz-St. Quirinus kombiniert. 2007 wurde ich als Pfarrassistentin für Unterweißenbach angefragt. Die Stelle habe ich ehrlich gesagt mit Bauchweh angetreten, weil ich als erste Seelsorgerin dorthin kam. Die Anfangszeit war tatsächlich von Schwierigkeiten vor allem mit dem Pfarrmoderator überschattet. Zum Glück hat mich der Großteil der Pfarrbevölkerung umso freudiger aufgenommen. Als ein neuer Pfarrmoderator bestellt wurde, hat sich die Situation deutlich gebessert.
Was zählt zu deinen Aufgaben?
Ich bin als leitende Seelsorgerin die Ansprechperson für alle pfarrlichen Belange. Zusammen mit dem Pfarrmoderator ist es meine Aufgabe, Menschen zu begleiten, mit ihnen Liturgie zu feiern und sie mit ihren Fähigkeiten, Talenten und Meinungen einzubeziehen. Ich will einen froh machenden Glauben verkünden. Natürlich fallen in einer Pfarre auch zahlreiche organisatorische Aufgaben an, ich bin für einige Mitarbeiter:innen die Dienstvorgesetzte und ich repräsentiere die Pfarre nach außen. Unseren ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen gegenüber ist es mir sehr wichtig, immer wieder Zeichen der Wertschätzung und des Danks zu setzen. Ich wage zu behaupten, dass ich den Großteil der Bevölkerung mit Namen kenne. Im ländlichen Raum kommen dann noch die Hausnamen dazu, die musste ich am Anfang wie Vokabeln lernen.
Aufgaben auf Dekanatsebene nehmen die Dekanatssekretärin, der Dechant (den ich übrigens vor Jahrzehnten in meiner Heimatpfarre Wartberg als Diakon kennen- und schätzen gelernt habe) und ich als Team wahr. Zudem bin ich als Frauenseelsorgerin im Dekanat stark in der Katholischen Frauenbewegung engagiert. Als Frau in der Kirche fühle ich mich in der kfb sehr beheimatet.
Was ist dir einmal richtig gut gelungen? Was ist schon einmal so richtig schiefgelaufen?
Als Seelsorgerin von männlichen Kollegen nicht ernst genommen zu werden, passiert immer wieder. Das schmerzt und macht mich wütend. Je nach Situation kann Humor helfen – oder Galgenhumor. Zum Glück erlebe ich das bei den Menschen, die ich in Freude und Leid begleite, ganz anders: Ein Höhepunkt ist z.B. am Allerseelenabend unsere Gedenkfeier für die Verstorbenen des vergangenen Jahres. Immer wieder bekomme ich da die Rückmeldung, wie getröstet sich die Trauernden danach fühlen. Und bei Begräbnissen nehme ich ganz bewusst Impulse aus dem Leben der Verstorbenen auf, damit sie nicht austauschbar sind. Das empfinde ich als zutiefst sinnstiftend.
Was sind deine Top 3 Tipps für angehende Seelsorger:innen?
- Behalte dir die Freude am Glauben und am Leben. Wir haben so eine tolle Botschaft zu verkünden!
- Habe Mut – Mut zur Lücke; Mut, etwas Neues zu wagen; Mut, etwas Wichtiges anzusprechen.
- Seelsorge braucht Zeit – und du selber auch.
Was sind deine spirituellen Kraftquellen? Was machst du gerne in deiner Freizeit?
Die Musik ist eine große Kraftquelle für mich – sowohl passiv, als auch aktiv singend und am Klavier. Musik ist mein größtes Hobby, ich musiziere privat in einem Ensemble, nehme gerne an Singwochenenden und der monatlichen Chorwerkstatt im Bildungshaus Schloss Puchberg teil.
Auch in meiner Arbeit spielt Musik eine große Rolle, ich singe und musiziere, wenn es meine Zeit erlaubt, mit unterschiedlichen Gruppen, gerne auch mit Kindern.
Außerdem hat Astrid Lindgren eine große Schweden-Liebhaberin aus mir gemacht: Ich habe mich der schwedischen Sprache angenähert und schon zwei Pfarrreisen nach Schweden organisiert. Sogar zweisprachige Taufen für eine österreichisch-schwedische Familie im Mühlviertel durfte ich schon feiern. Pippi Langstrumpf und Emil (Michel) aus Lönneberga sind meine Lieblinge – offenbar habe ich eine Schwäche für jene, die bestehende Systeme herausfordern und aufrütteln.
Gespräch mit Magdalena Welsch