Wie hast du den Weg in die Seelsorge gefunden? Gab es für deinen Weg in die Seelsorge ein prägendes Erlebnis?
Meine Eltern haben im Waldviertel eine Landwirtschaft, da waren Urlaube selten möglich und das Jungscharlager das Highlight der Sommerferien. Schon als Jugendliche konnte ich mir die Pastoral als Beruf vorstellen, weil wir einen wirklich coolen Pastoralassistenten in der Pfarre hatten. Trotzdem habe ich zuerst einen anderen Weg eingeschlagen: Nach der Matura an der HBLA für Land- und Ernährungswirtschaft in Sitzenberg habe ich im Bereich Marketing und Administration gearbeitet. Mit der Zeit habe ich mir aber immer öfter und intensiver die Frage gestellt: Was möchte ich aus meinem Leben machen? Meine spirituelle Suche hat mich zu Taizé-Gebeten geführt und schließlich zu IMpulsLeben der Salvatorianerinnen, einem Angebot für junge Erwachsene auf Sinnsuche. Unterwegs gemeinsam mit einer Gruppe junger Erwachsener sind wir zwei Wochen in Assisi gepilgert, haben viel geredet, gelacht, gebetet und es hat sich für mich nach viel Leben angefühlt: das Kennenlernen von jungen, bodenständigen, authentischen und gläubigen Christ: innen. Auf meiner weiteren Suche habe ich beschlossen, anderthalb Jahre als „Missionarin auf Zeit“ in einem Alten- und Behindertenpflegeheim für christliche und muslimische Frauen in Emmaus in Palästina mitzuleben, mitzubeten und mitzuarbeiten. Durch diese Erfahrung ist mein Wunsch weiter gereift, als Ordensfrau mein Leben zu gestalten, und im Februar 2019 bin ich bei den Salvatorianerinnen eingetreten. Es folgte ein zweijähriges Noviziat, das einerseits aus Reflektion in Zurückgezogenheit und andererseits aus praktischen Erfahrungen bestand – im Bereich Armutsmigration Caritas Linz, in der Dompfarre Wiener Neustadt und in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung. Wie viele andere Menschen spüre ich eine große Liebe zur Kirche Jesu Christi und leide zugleich unter der beengenden Realität der kirchlichen Strukturen. Da ich überzeugt davon bin, dass Kirche nur von innen heraus verändert werden kann, lebe ich seit zwei Jahren mit zwei Mitschwestern in Linz und mache die Berufsbegleitende Pastorale Ausbildung (BPAÖ) in der Pfarrgemeinde Urfahr-Heiliger Geist. Sie ist Teil der Pionierpfarre Urfahr, dem ehemaligen Dekanat Linz-Nord.
Was zählt zu deinen Aufgaben?
Mein Schwerpunkt liegt auf der Kinder- und Jugendpastoral, da kann ich an meine eigene Jungschar-Begeisterung anknüpfen. Ich gestalte gern liturgische Angebote und bin froh, dass es in der Diözese Linz eine große Offenheit für neue Ideen gibt. Circa eine Woche pro Monat ist für meine pastorale Ausbildung reserviert. Als Ordensfrau habe ich den Vorteil, dass es einen fest eingeplanten, zuverlässigen Rahmen für „spirituelles Auftanken“ gibt, etwa in Form von Gebeten oder Exerzitien. Dadurch fühle ich mich dann wieder bereit, als Seelsorgerin für andere da zu sein. Durch einen schmerzlichen Todesfall in der Familie ist mir kürzlich wieder bewusst geworden: Alles, was einem im eigenen Leben passiert, hat in diesem Beruf Platz. Das ist tröstlich und stärkend.
Was ist dir einmal richtig gut gelungen?
Wenn ich nach einem Gespräch das Gefühl habe, mein Gegenüber hat ein Stück mehr zum Leben gefunden, lässt mich das sehr dankbar sein. Für mich hat geistliche Begleitung einen hohen Stellenwert; vielleicht wird das eine wichtige Aufgabe von und für Seelsorger: innen? Sehr oft erlebe ich, mich mit Freude aus der Komfortzone zu bewegen. Das birgt ein gewisses Fehlerpotential, dafür darf ich regelmäßig aus meinen Fehlern lernen.
Was sind deine Top 3 Tipps für angehende Seelsorger:innen?
- Pflege eine lebendige Beziehung zum Leben und zu Gott!
- Sorge gut für dich selbst! Nur, wenn du deine eigenen Ressourcen pflegst, kannst du als ganze Person für andere da sein.
- Mache dir immer wieder neu bewusst, wen und was du verkünden möchtest! Einen Gott der gehetzten 60-h-Woche? Oder doch eher einen liebevollen, wohlwollenden Gott des Trostes?
Was sind deine spirituellen Kraftquellen? Was machst du gerne in deiner Freizeit?
Von Kindesbeinen an habe ich es geliebt, in der Natur zu sein. In der christlichen Spiritualität gibt es viele Anknüpfungspunkte, denn sie verkündet eine greifbare, bodenständige Anleitung zum guten Umgang – mit sich selbst, mit anderen, mit dem, was uns umgibt. Wir Menschen sind nicht nur Seele, sondern auch Leib; das wurde leider lange Zeit verdrängt und abgewertet. Wichtig sind mir auch alle 6-8 Wochen „stille Tage“, in denen ich beten und Rückschau halten kann. Und nach der Stille zieht es mich zurück in die Gemeinschaft. Ich bin verantwortlich für die Betreuung diverser Social-Media-Kanäle der Salvatorianerinnen, das macht mir Spaß und hält mich auf Trab.
Gespräch mit Magdalena Welsch