Seelsorge-Idee: Auszeit schaffen für 24-h-Betreuer:innen
Das Projekt „Pre teba“ ist nun bereits vier Jahre alt. Die Aufgabe von Monika Samhaber ist es, einerseits seelsorglich für die 24-h-Betreuer:innen aus dem Ausland da zu sein und andererseits mehr Bewusstsein für die Sorgen und Herausforderungen der Pfleger:innen zu schaffen. Dazu besucht sie immer wieder Orte und Pfarrgemeinden, in denen sie sich mit den Betreuer:innen trifft oder die Pfarrbevölkerung über deren Situation informiert.
Echte Auszeiten fehlen
Mit einer Problematik, der sie nun gegensteuern möchte, wird Monika Samhaber regelmäßig bei ihren Treffen mit den 24-h-Pfleger:innen konfrontiert: „Von den Betreuer:innen höre ich immer wieder, dass sie in den zwei Stunden Freizeit, die ihnen pro Tag vertraglich zugesichert sind, den Haushalt nicht verlassen können, weil keine Angehörigen oder andere Dienste vorhanden sind, die sich in dieser Zeit um die alten und oft dementen Menschen kümmern können.“ Auch wenn die zu Betreuenden körperlich fit sind, so haben die Pfleger:innen Sorge, dass etwas passiert, während sie weg sind. Ihre Verantwortung nehmen sie so ernst, dass sie dann lieber ihre Freizeit am Dienstort verbringen, obwohl sie gar nicht müssten. Und Freizeit am Dienstort bedeutet eigentlich keine Freizeit. So können manche der Pfleger:innen auch einen Teil des seelsorglichen Angebots von Monika Samhaber nicht nützen, weil das bedeuten würde, für Treffen und Austausch mit anderen Pfleger:innen das Haus zu verlassen. „Ich besuche die 24-h-Kräfte zwar auch an ihren Dienststellen, dennoch ist es wichtig für die Frauen, auch mal rauszukommen.“
Besuchsdienste wären während der Auszeit der Pfleger:innen möglich
Bei einem ihrer letzten Gespräche in der Pfarre Freistadt mit den Vertreter:innen des Sozialausschusses wurde die beschriebene Problematik thematisiert und es wurde eine neue Idee geboren: „Gerade am Land kennen die Leute in den Pfarrgemeinden einander. Es gibt immer wieder Besuche von Haupt- oder Ehrenamtlichen aus der Pfarre bei den alten Menschen zuhause. Diese Besuchsdienste könnten ja so gelegt werden, dass sie in die Zeit fallen, in der die Pfleger:innen ihre Freizeit haben. Das ist meist am frühen Nachmittag, so um 13:00 bzw. 14:00 Uhr, wenn die Pflege und das Mittagessen erledigt sind.“ Damit würde für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation entstehen, wie Monika Samhaber meint: „Das würde sich für alle sehr gut auswirken. Die Besucher:innen kennen sowohl die Pfarre als auch diejenigen, die sie besuchen. So können sich gute Gespräche und vielleicht sogar eine gewisse Routine ergeben und die Betreuerinnen haben in dieser Zeit frei – nämlich wirklich, sie können rausgehen und etwas durchatmen.“
Eine Idee, die leicht umsetzbar ist
Diese Idee ließe sich sehr leicht in verschiedenen Pfarrgemeinden umsetzen. An vielen Orten gibt es ja bereits Besuchsdienste. Notwendig wäre nur, ein Bewusstsein für die Situation der Pfleger:innen zu schaffen, denn meist ist in den Pfarren bekannt, welche Personen von den 24-h-Betreuer:innen gepflegt werden. Dazu braucht es Vernetzung und eine gute Kommunikation. „Wichtig wäre eine gewisse Regelmäßigkeit und eine gute Absprache mit der pflegenden Person bzw. den alten Menschen. Dabei ist es notwendig, der 24-h-Kraft klar zu kommunizieren, dass sie dann wirklich frei hat, sonst kümmern sie sich erst recht wieder.“
Systemrelevanz sollte durch Wertschätzung spürbar sein
Spätestens seit den Grenzschließungen während der Lockdowns ist das Bewusstsein dafür gewachsen, wie „systemrelevant“ die 24-h-Pfleger:innen aus dem Ausland sind. „Davor waren die Betreuer:innen nur Schattengestalten hinter den Rollstühlen. Damals hat man sie dann mit Flugzeugen und Bussen aus ihrer Heimat geholt, weil deutlich geworden ist, wie wichtig diese Menschen für uns und unsere Gesellschaft sind.“ Dass sich diese Relevanz nicht in angemessenen Gehältern zeigt, ist eine Tatsache, die nur durch politische Handlungmacht verändert werden kann. Dass diese Bedeutsamkeit aber auch in Form von real greifbarer Wertschätzung spürbar ist, liegt in den Händen der Familien, der Pfarren und der Solidargemeinschaft, wie Monika Samhaber deutlich macht: „Die Familien wollen meist, dass die Betreuer:innen ein Teil der Familie sind und die Pfleger:innen sind den alten Menschen oftmals auch wirklich viel näher als die meisten Verwandten. Aber wenn die Betreuer:innen ein Teil der Familie sein sollen, dann sollten sie das auch spüren.“ Leider funktioniert das in vielen Fällen nicht. „Das sollte sich verbessern, denn am Ende der Kette ist der alte Mensch, der nichts dafürkann, dass etwas nicht funktioniert.“
Ein Lösungsansatz dazu ist die Umsetzung von Monika Samhabers Idee: „Es ist schon viel geholfen, wenn man den Pfleger:innen einmal im Monat sagt: Geh raus, ich kümmere mich. Denn die Betreuer:innen opfern sehr viel für diese Tätigkeit. Und wir wiederum werden unserem kirchlichen Auftrag gerecht, wenn wir uns vornehmen, dass wir den Frauen mehr Aufmerksamkeit schenken.“ Denn auch wenn die Frauen untereinander und mit ihren Familien in der Heimat durch Laptop und Handys verbunden sind, so brauchen sie auch hier jemanden, der kommt, mit ihnen redet und sie in der Familie etabliert. Eine Aufgabe, die Monika Samhaber alleine nicht bewerkstelligen kann: „Wenn ich nach meinen Besuchen die Pfleger:innen verlasse, nachdem ich mit ihnen geredet und gemeinsam gebetet habe, so bin ich zwar gekommen und gegangen, die Nähe ist aber geblieben. Und das kann jede:r aus der Pfarre tun. “
Bei Fragen zur Umsetzung der Idee wenden Sie sich gerne an Dipl.-PAss.in Monika Samhaber: monika.samhaber@dioezese-linz.at, Tel.: 0676 8776 1270
Text: Mag.a Melanie Wurzer BA