Schulgewalt und Mobbing
Häufig sind die Erwachsenen ratlos oder schauen weg, während die Opfer die Schuld bei sich selbst suchen und zunehmend in soziale Isolation geraten. Die Schikanen geschehen oft subtil und meist während der Pausen oder auf dem Schulweg.
Du hast die Pest! - Schulgewalt und Mobbing
Je länger Mobbing andauert, umso schwieriger ist es, eine Lösung zu finden und umso sicherer ist eine körperliche oder seelische Beeinträchtigung bei den Betroffenen.
Im Folgenden liegt der Schwerpunkt auf Mobbing unter Schülern, was jedoch die Auswirkungen z. B. bei Mobbing von Lehrern gegenüber Schülern und umgekehrt sowie innerhalb des Kollegiums oder bei Eltern keineswegs verharmlosen soll.
Der Begriff bedeutet anpöbeln, fertigmachen (mob = Pöbel). Mobbing ist eine Form offener und/oder subtiler Gewalt über längere Zeit mit dem Ziel der Ausgrenzung.
Davon unterschieden wird Bullying, physische Gewalt, mit der Opfer durch ihnen körperlich überlegene Mitschüler gequält werden.
Nur selten informiert ein Schüler oder eine Schülerin einen Lehrer oder erzählt den Eltern, was passiert. Zum Verlust des Selbstvertrauens können Schlafstörungen und Konzentrationsprobleme kommen, sich depressive Tendenzen und Passivität entwickeln.
- Verletzungen
- Psychische Schädigungen
- Psychosomatische Reaktionen (z. B. Appetitlosigkeit, Bauchschmerzen, Albträume, Schlafstörungen)
- Unkonzentriertheit, Leistungsrückgang, Fehltage durch „Krankheit“ oder Schwänzen, Rückzug, Ängste, Depressionen bis zu Suizidversuchen bzw. vollzogenem Suizid
Bei Betroffenen können folgende Verhaltensweisen mögliche Anzeichen sein
- Sie wollen nicht mehr zur Schule gehen
- Sie wollen zur Schule gefahren werden
- Ihre schulische Leistung lässt nach
- Sie verlieren Geld (das erpresst wird)
- Sie können oder wollen keine schlüssige Erklärung für ihr Verhalten geben
- Sie ziehen sich zurück
- Sie haben Albträume
- Sie begehen einen Selbstmordversuch
60% der Bullies weisen im Alter von 24 Jahren mindestens eine Vorstrafe auf, 35% bis 40% sogar drei und mehr Straftaten.
Grundsätzlich ist Mobbing kein individuelles Problem, sondern ein strukturelles Gruppenphänomen, das eskaliert ist, weil keine rechtzeitigen und hinreichenden Interventionen erfolgten.
Jedoch scheinen bestimmte Persönlichkeitszüge der Opfer Mobbing zu fördern
- Ängstliche oder überangepasste Schüler mit geringem Selbstwert
- Auffälliges oder andersartiges Aussehen, Seh- und Sprechbehinderungen, Ungeschicklichkeit, Hilflosigkeit oder geringe Frustrationstoleranz
- Manchmal kommen potentielle Opfer auch aus Familien mit betont gewalt-sensiblen Verhaltensnormen
- Schüler, die besonders gutgläubig und vertrauensvoll auf ihre Mitschüler zugehen
- Bei Tätern gibt es häufig folgende Tendenzen
- Demonstration von Stärke/Macht - häufig körperliche, seltener geistige Überlegenheit
- Mangelndes/übersteigertes Selbstwertgefühl
- Kompensation von Schwächen, Führer-Verhalten (Anhänger/Mitläufer in Cliquen)
- Sie halten sich für besser, zeigen dies lautstark und wollen sich vor den anderen brüsten
5% bis 11% der SchülerInnen berichten von regelmäßigen Opfer- und Tätererfahrungen.
- In der Unterstufe scheint häufiger Bullying als Ausgrenzung aufzutreten, wenn (sportlich ungeschicktere, „brav“ aussehende) Mitschüler körperliche „Unzuläng-lichkeiten“ zeigen.
- In der Mittelstufe bestimmen Mode-Normen (Markenkleidung), Verhaltensnormen im Unterricht („Streber!“) und beginnende gegengeschlechtliche Freundschaften (Eifersucht, Rivalität) das Mobbing.
- In der Oberstufe scheint auch der Konkurrenzdruck in Gestalt der Punkte-Jagd eine Rolle zu spielen.
Während Mädchen eher subtil manipulieren, Gerüchte verbreiten und ausgrenzen, neigen Jungen eher zu offener Aggression. Körperliche Gewalt tritt am häufigsten in der Pubertät zwischen 13 bis 15 Jahren auf. Sie nimmt mit zunehmendem Alter ab und wird unabhängig vom Geschlecht zunehmend von verbalen Formen abgelöst.
Wie in der Arbeitswelt können auch in der Schule folgende Ursachen benannt werden
- Mobbing als Versagen der Führungskraft: Lehrkraft oder Schulleitung gehen nicht kompetent mit dem Problem um, mitunter sind sie sogar aktiv am Mobbingprozess beteiligt. Wird Schülermobbing übersehen oder toleriert, wirkt sich dies auf die Tätergruppe als Verstärkung und Bestätigung aus.
- Eine wichtige Rolle spielen gruppendynamische Aspekte: Eine neu zusammen-gewürfelte Klasse, der oder die „Neue“ in einer Klasse, aber auch persönliche Aspekte des Täters wie Rachebedürfnis, Eifersucht, Konkurrenz ect. können Motivhintergrund sein.
- Eine Rolle spielen auch Herkunftsfamilie, sozialer Status, Strukturen der Schule, Klassengröße, Zusammensetzung der Klasse und die Gestaltung der Pausen- und Aufenthaltsräume.
- Generell ist Mobbing ein Symptom für gestörte Kommunikation: Die Opfer werden isoliert, die Täter bekommen keine Rückmeldung über die Auswirkungen ihrer Schikane, und die passiven „Zuschauer“ sind ratlos, haben Angst oder verhalten sich auch in gewisser Weise voyeuristisch.
Fragebogen Schulgewalt und Mobbing
Betroffene brauchen Unterstützung von Außen, denn sie können sich meist nicht mehr selbst wehren.
Schüler/innen sollen den Mut haben, sich an eine Person zu wenden, die helfen kann (Lehrer, Schulpsychologen, Eltern, Freunde, Außenstehende, Beratungsstelle). Viele Betroffene schämen sich, dass sie gemobbt werden und leiden still vor sich hin. Es ist wichtig, dass sie sich Menschen anvertrauen.
Lehrer und Eltern Sollten die Warnsignale kennen, das Kind ernst nehmen und klar Stellung beziehen. Im günstigsten Falle hat die Schule ein Interesse daran, dass Gewalt und Mobbing unterbunden und geahndet werden. Die Schule, die Gewalt und Mobbing duldet, fördert damit aggressive und gewalttätige Schüler.
- LeiterIn der Schule
- VertrauenslehrerIn
- Lehrer, zu dem das Kind ein besonderes Vertrauensverhältnis hat
- Streitschlichter
- Elternvertretung der Schule, Elternbeirat
- Schulpsychologen
- Schulbehörde
Allgemein sollten in Schulen präventive Maßnahmen gegen Gewalt und Mobbing durchgeführt und Projekte unterstützt werden, die das Schulklima verbessern und eine offene Atmosphäre und faire konstruktive Gesprächs- und Streitkultur ermöglichen.
- Plakataktion – Werben für respektvollen Umgang miteinander
- Fragebogen-Aktion („Smob-Fragebogen“ – Schülermobbing)
- Verbesserungen der Schullandschaft
- Vertrauenslehrer, Erwachsene als Ansprechpartner in den Klassen vorstellen
- Konfliktlotsen, Streitschlichter, Mediationsangebote
- Anti-Aggressions-Trainings/Anti-Gewalt-Programme www.faustlos.de
- Initiativen zur Förderung der Zusammengehörigkeit
- Schulfeste
- Schulcharta
- Tutorensystem
Wenn es nicht anders geht, Schulwechsel. Polizei einschalten z. B. bei Drohungen, Verleumdungen durch Anrufe, E-Mails oder Internet, Gewalttaten -versuchen.
Zum Thema Schulgewalt und Mobbing gibt es zwei Seminare für LehrerInnen und Eltern unter dem Titel „Du hast die Pest …“ und „In der Pause gibt’s was …“
Ausgehend von Erfahrungen aus dem Schulalltag erfolgt mit Rollenspielen und Skulptur- Aufstellungsarbeit eine vertiefende Auseinandersetzung mit dem Phänomen Mobbing.
Welche Rolle spielen Täter und Betroffene?
Was können hilfreiche Lösungsansätze sein?
Welche Ressourcen können genutzt werden?
Wo können Maßnahmen der Prävention ansetzen und welche können dies sein?