Gedanken zur Gefangenenseelsorge
Seine Erfahrungen mit der Gefangenenseelsorge bewertet ein oberösterreichischer Gefängnisinsasse folgendermaßen:
„Ich begann zu entrümpeln und gleichzeitig von der Zukunft zu träumen:
Von Verzeihung, von Freiheit, in der jeder Tag als Geschenk betrachtet und bewusst erlebt wird.
Ich begann davon zu träumen, mich an kleinen Gesten zu erfreuen, einen freundlichen Gruß auszusprechen oder ihn ebenso zu erwidern, dass man mir vorurteilsfrei ohne Berührungspunkte gegenübertritt.“
Und weiter:
„Ich fürchte mich vor Gott nicht, weil er ein Liebender, ein Verzeihender ist,
und ich glaube er mag mich, mit meinen Schwächen.“
Treffender kann man die Bedeutung von Gefangenenseelsorge wohl kaum beschreiben.
Seelsorge bei Gefangenen bedeutet die Vermittlung eines Gottesbildes, das ungeachtet seiner Vorgeschichte den konkreten Menschen im Blick hat und ihm eine Perspektive in die Zukunft aufzeigen will.
Ohne die Gegenwart zu ignorieren, ohne die Vergangenheit zu leugnen.
Gott als Gott der Vergebung zu verkündigen heißt aber auch, dass der Mensch angesichts seiner Verfehlungen diesen liebenden Blick Gottes aushalten muss.
Ich denke mir, dass die Gefangenenseelsorgerinnen und -seelsorger in ihrer Tätigkeit somit ganz im Geist des Evangeliums handeln und sich - wie Papst Franziskus es dringend einmahnt – an die existentiellen Ränder unserer Gesellschaft heranwagen.
(Bischof Manfred Scheuer)