Fußwallfahrt aufs Hochgründeck von 2. bis 3. Juli 2016
Von 2. bis 3. Juli 2016 hat die Fußwallfahrt aufs Hochgründeck stattgefunden.
Dazu hat Helmut Stöger einen persönlichen Bericht verfasst, den ihr hier nachlesen könnt.
Ein Aufstieg für Körper, Geist und Seele
Bericht über die Fußwallfahrt aufs Hochgründeck, 2. und 3. Juli 2016 von Helmut Stöger:
Ich hatte mich lange gesträubt, an dieser Wallfahrt teilzunehmen, bin ich doch alles andere als ein trainierter Bergwanderer und bin mit dem Leben auf einer Hütte kaum vertraut. Und dennoch, Monikas Charme, mit dem sie mir sagte, sie hätte an mich gedacht, da sie wisse, ich würde gerne wandern, und wohl auch der Kitzel und eine ungewöhnliche Herausforderung, die Überwindung brauchen würde, anzunehmen, haben mich dazu bewogen, ja zu sagen. Angesichts des Wetterberichtes, der uns die Gefahr von starkem Regen und sogar Gewittern vorhersagte, hoffte ich insgeheim bis zuletzt auf einen Anruf von Monika, die Sache würde abgesagt werden. Doch vergebens, ich musste zu meinem Wort stehen, bei jedem Wetter dabei zu sein und so war eine Teilnahme unausweichlich. Ich habe sie jedoch, wie die folgenden Ausführungen zeigen werden, keineswegs bereut – ganz im Gegenteil!
Samstag um 07.00 Uhr war Treffpunkt am Bahnhof und im Nu saßen wir im Zug. Die fast drei Stunden bis nach St. Johann im Pongau vergingen wie im Flug und ach, die Taxifahrt zur Vogeihütte auf 1111 m war schnell vorüber, sodass wir vor der ersten wichtigen Entscheidung standen. Sollten wir, wie ursprünglich geplant, auf der Alm vor dem Aufstieg noch eine Stärkung zu uns nehmen oder sollten wir besagten Aufstieg unverzüglich in Angriff nehmen, um nur ja vor dem vorhergesagten Gewitter, am besten noch vor den angekündigten Regenfällen, unter dem sicheren Dach der 700 m höher gelegenen Hütte Zuflucht zu finden. Manche entschieden sich so, andere so, ich war Teil der Gruppe, die sich sofort auf den Weg machte, wohl auch mit Hinblick darauf, dass ich, untrainiert wie ich bin, ein wenig länger brauchen könnte.
Und, wie war der Aufstieg? Von Regen keine Spur, stattdessen sommerlich warm, beinahe heiß, gemäß dem Grundsatz: "Wenn Engel reisen, wird sich das Wetter weisen." Statt der Angst, mitsamt meiner heiklen Elektronik völlig durchnässt zu werden und überall abzurutschen, kam die Angst, einen ordentlichen Sonnenbrand zu bekommen, doch wie die eine, so erwies sich auch die andere als völlig unbegründet. Auch meine dritte Angst, ich würde ob vieler Wurzeln und Steine sowie ob kontinuierlich steilen Aufstiegs bald schlapp machen, war unbegründet. Das meiste von den vier Stunden Weg spielte sich auf der Forststraße ab, die sehr angenehm zu gehen war, und nur ganz zu Anfang sowie auf der letzten halben Stunde war es wirklich steil, sodass ich oft rasten und auch ordentlich schnaufen musste.
Die Hütte empfing uns mit der ersehnten Labung durch Speis und Trank, mit Ruhe und Entspannung und mit einem Gewitter plus starkem Regen etwa eine Stunde nach unserer Ankunft, doch das konnte uns nun nichts mehr anhaben.
Gegen Abend machten wir uns mit den Schlafmöglichkeiten vertraut, und auch da erlebte ich eine angenehme Überraschung: Statt des "Lagers", auf das ich zwar vorbereitet gewesen wäre, das mir aber doch ein mulmiges Gefühl bereitet hätte, kam ich in ein Fünfbettzimmer, sogar mit Waschgelegenheit. Schon ganz auf den gemütlichen Abend eingestimmt, hielt ich zunächst wenig von dem Vorschlag, noch einmal rauszugehen und die St. Vinzenz Kirche anzusehen, sowie Hermanns Erklärungen hierüber zu lauschen.
Doch auch hier war es der Charme einiger Damen unter Monikas Führung, die mich schließlich davon überzeugten, den kleinen abendlichen Ausflug zu wagen. Und es hat sich gelohnt. Hermann, unser Hüttenwirt, erzählte uns die Entstehungsgeschichte der von ihm gebauten Kirche und beschrieb uns ausführlich ihr Inneres.
Als "Flüchtling", wie er es selbst nannte, der ungeliebten Einberufung zum Militär entlaufen, verbrachte er einige Jahre in aller Herren Länder, bevor er in die Heimat zurückkehrte und die Hütte am Hochgründeck kurzerhand erwarb. Er baute sie zu einem durch und durch biologisch und nachhaltig bewirtschafteten Betrieb aus und kam auf den Gedanken, in der Nähe der Hütte eine Kirche zu errichten. Die Kirche besteht aus Holz und ist ausgerichtet nach den „12 Stämme Israels und die 12 Apostel“.
Hermann ist eine faszinierende Persönlichkeit: Einerseits steht er mitten im Leben – Bio, Nachhaltigkeit, Hüttenbetrieb -, andererseits wirkt er auf mich wie ein echter Glaubenszeuge mit ausgeprägter Spiritualität, auf eine Art und Weise, wie ich sie nur mehr von wenigen Menschen kenne.
Tief beeindruckt verließen wir die Kirche und hier hatten wir es das einzige Mal mit ein paar Regentropfen zu tun, die mir jedoch nichts anhaben konnten, war doch Anni so nett und lieh mir eine Jacke.
Der Hüttenabend verlief kurzweilig und gemütlich: Zwei Musiker, einer mit Ziehharmonika, einer mit Gitarre, spielten auf und da ich selbst Gitarre spiele und das Instrument der Messe wegen auch mit hatte, gesellte ich mich über weite Teile des Abends zu den beiden und spielte spontan mit. So verging der Abend blitzschnell, und im Nu war es Mitternacht, Zeit zum Schlafengehen.
Die Nacht war angenehm und brachte mir ausreichend Schlaf, was wohl angesichts der Anstrengung des Aufstieges und der vielen neuen Eindrücke auch nicht verwunderlich war und durch einen kleinen Zwischenfall – gegen halb fünf in der Früh krachte mein Bett zusammen – auch nicht wirklich gestört wurde. Der Zwischenfall sorgte allgemein für Erheiterung beim Frühstück, die wir angesichts dessen, was uns am Nachmittag noch erwarten sollte, auch dringend brauchen konnten.
Zuvor aber hatten wir noch die Messe, die wir mit unserem Seelsorger, Franz Lindorfer in der den Abend zuvor erforschten St. Vinzenz Kirche feierten. Das Thema der Eucharistiefeier, ja, der gesamten Wallfahrt, war "Frieden". In der Predigt ging Franz auf das Evangelium - Lk 10, 1-12.17-20 – ein, wo Jesus die 72 zur Mission aussendet: Er macht sie darauf aufmerksam, dass es nicht leicht werden wird, gibt ihnen Anweisungen zum Verhalten, abhängig davon, ob sie willkommen geheißen oder aber abgewiesen werden. Franz wies darauf hin, dass das Wort "Mission" zwar heute einen negativen Beigeschmack bekommen hat, jedoch für das Christentum von großer Bedeutung ist.
Bald nach der Messe begannen wir mit dem Abstieg; er machte mir zum einen weit weniger Schwierigkeiten als der Aufstieg, zum anderen schaffte ich ihn in zwei statt in vier Stunden, was ich als sehr angenehm empfand.
Beim gemeinsamen Mittagessen bei der Vogeihütte deutete nichts darauf hin, dass diesen wunderbaren Tag und die herrliche Stimmung, die durch die Geschenke der Natur, der Spiritualität und der Gemeinschaft entstanden war, noch irgendetwas trüben könnte – da ereilte uns plötzlich die Nachricht, wir sollten ruhig sein, denn Alfons müsse telefonieren. Sofort schlug die Stimmung um.
Bald wurde bekannt, dass sich von denen, die sich zu Fuß hinunter Richtung St. Johann aufgemacht hatten, jemand verletzt hätte – erst dachten wir, es hätte Elisabeth Walter ereilt, dann wurde klar, dass unser Blindenseelsorger Franz von einer Kuh angegriffen worden war. sofort war alle Heiterkeit verflogen, als wir beobachten mussten, wie ein Hubschrauber kam und Franz, der das Bewusstsein verloren hatte, mit Hilfe eines Seiles barg und ins Krankenhaus flog.
Unsere Abfahrt mit Taxi und Zug war fortan von großer Besorgnis beherrscht, wenngleich schon auf der Alm durchsickerte, Franz hätte sich bei dem Unfall "nur" die linke Schulter ausgerenkt, so wich die Bestürzung erst von uns, als uns im Zug sein Anruf erreichte, in dem er uns versicherte, dass nicht mehr passiert sei, es ihm gut gehe und er schon am selben Tag das Krankenhaus wieder verlassen könne.
Dieser Unfall überschattete die ansonsten ganz wunderbare Stimmung, doch sind wir von Herzen dankbar, dass letztlich alles gut ausgegangen und Franz nichts wirklich Ernstes passiert ist.
Eine denkwürdige Wallfahrt, herausfordernd, wie Monika sie sich für uns wünschte, voll tiefer Naturerfahrungen und spiritueller Bereicherung, liegt hinter uns – ich freue mich schon auf die nächste.