Gestenreiche Männerbeziehungen
Bist du mit Gesten und Blicken in Beziehung?
Am Weg zur Straßenbahn durch den morgenfrischen Park erblicke ich einen jungen Vater, der einen Kinderwagen vor sich herschiebt. An seiner Seite marschiert mit bereits sicheren Schritten und ein in Herbstgewand gepackter kleiner Junge mit ca. 1,5 Jahren. Die beiden wirken vertraut und vermutlich sind es Papa und Sohn. Die beiden zu sehen ist ein schöner und stimmiger Anblick. Ich halte inne.
Plötzlich beginnt der kleine Bub zu laufen und steuert zielstrebig eine niedrige Holzbank ohne Lehne an, die ihm bis zur Mitte des Brustkorbes reicht. Dort angekommen blickt er sich um und wartet auf seinen Papa, der in seinem Tempo zu ihm kommt. Die beiden sind sich mit ihren Köpfen einander zugewandt. Der kleine Mann klopft mit seiner Hand auf die Holzbank. Verstehend hebt und stellt der Papa seinen Sohn auf die Bank. Die Augen des Kindes leuchten und sein Mund lächelt, wie er nun seinen Weg auf der Bank fortsetzt. Am Ende angekommen wendet er seinen Kopf erneut zu seinem Vater. Dieser hebt ihn achtsam auf und stellt ihn auf der nächsten Bank wieder ab. Ah, denke ich mir, die beide kennen dieses Spiel. Bei der dritten Bank hält der Junge inne und richtet seinen Blick fixierend gerade aus: da sitzt ein älterer, bärtiger, grauhaariger und korpulenter Mann mit Zeitung und Kaffeebecher, der nun seinen Kopf zum Kind wendet – er lächelt dem Kleinen zu, bleibt gleichzeitig in seiner Sitzposition und widmet sich wieder seiner Zeitung. Nach wenigen Minuten des weiteren Innehaltens nimmt der Bub das Wagnis auf, geht bis zum älteren Mann und mit klarem Plan hinter ihm vorbei. Dieses vertraute Spiel zwischen Vater und Sohn wiederholt sich noch zwei weitere Male, bis es an der letzten Bank endet.
Blicke, Gesten, Aufmerksamkeit, sich aufeinander einlassen, bei sich sein, Vertrauen … ganz ohne Worte läuft diese soziale Interaktion zwischen den drei Männern unterschiedlicher Generationen ab.
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Hast du eine ähnliche Erfahrung mit deinem (Enkel)Kind?
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Sind dir deine Gesten bewusst, die du häufig verwendest?
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Welche Qualitäten erlebst du mit dieser Art der Kommunikation?
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Bist du auf diese Weise mehr oder weniger mit dir und dem Kind in Beziehung?