Margret Bilger (1904-1971)
Künstlerin – Visionärin – Wegbegleiterin – Glaubende.
Von Zeitgenossen wird sie als Mystikerin und Visionärin bezeichnet. Ihr Schaffen erstreckt sich über fünf Jahrzehnte und umfasst Holzrisse, Druckgrafiken, Farbglasfenster, kleinformatige Web- und Hinterglasbilder, Aquarelle und Zeichnungen.
Ihre Werke beeindrucken nicht nur eine künstlerisch interessierte Öffentlichkeit. In den zahlreichen Farbglasfenstern in Sakralräumen begegnet ihre Kunst Menschen, die Gott suchen, Stille erfahren, Gottesdienst feiern, Leben und Tod in Gottes Hände legen. Weit über das figural Dargestellte hinaus eröffnet sie in ihren Fenstern Menschen neue Erfahrungen, die über das sprachlich Erfassbare hinausgehen.
Geboren am 12.8.1904 in Graz studierte sie an den Kunstgewerbeschulen in Graz, Stuttgart und Wien. Zunächst wurde sie durch ihre Holzrisse bekannt und schuf damit ein unverwechselbares Oeuvre im Stil des Expressionismus.
Ende der 1930er Jahre zog Margret Bilger ins Haus ihrer Großmutter nach Taufkirchen an der Pram in die Ortschaft Leoprechting. Dort entwickelte sich eine intensive Künstlerfreundschaft mit Alfred Kubin. 1953 heiratete sie den Bauhaus-Künstler Hans Joachim Breustedt.
Ein zweiter Lebensmittelpunkt war die Glaswerkstätte des Stiftes Schlierbach, wo ab 1950 bis zu ihrem Tod im Jahr 1971 Farbglasfenster für Kirchen in Österreich, Deutschland und den USA entstanden. Nicht nur inmitten der Gemeinschaft des Männerordens hatte sie als Frau und Künstlerin eine Einzelstellung. Margret Bilger war auch die erste Künstlerin, die die Ausstattung von Kirchen und kirchlichen Einrichtungen mit ihren Glasfenstern geprägt hat. Als Meisterin des Holzrisses und Glaskünstlerin gilt sie als unvergleichliche Pionierin. Ihr Leben war kompromisslos auf ihr künstlerisches Schaffen ausgerichtet.
Margret Bilger, die als sehr feinfühlige und schwermütige Frau beschrieben wird, knüpfte in Atmosphäre und Farbigkeit in der Mystik der mittelalterlichen Glasfenster an. Jegliche Art der Behübschung von Kirchen war ihr fremd. Ihre Fenster bestehen in ihrer künstlerischen Qualität seit mehr als einem halben Jahrhundert. Zumeist als Teil eines gewachsenen Zustandes geben sie auch die Sehnsucht nach einer „mystischen“ Atmosphäre in einer Zeit wieder, die von einer Rationalität und Funktionalität der spät einbrechenden architektonischen Moderne in oberösterreichischen Kirchen geprägt war.
Margret Bilger, die aus einer evangelischen Familie stammt, konvertierte in ihren letzten Lebensjahren zum Katholizismus: „Das Katholische ist mir eigen wegen des Marianischen – dies letztlich vermittelnde Weibliche, wie Goethe es zuletzt erfaßte...“ (Margret Bilger,1966).
Margret Bilger ist am Friedhof in Taufkirchen an der Pram begraben. Ihr Wohnhaus ist als Bilger-Breustedt-Haus der Öffentlichkeit zugänglich. Das Margret Bilger Stipendium des Landes für junge Künstlerinnen und die Margret Bilger Galerie im Stift Schlierbach sind nach ihr benannt.
Autorin: Dr.in Martina Gelsinger, Kunsthistorikerin, Kunstreferat / Diözesankonservatorat der Diözese Linz.
Quelle: Breicha, Otto und Melchior Frommel (Hg.,): Margret Bilger. Holzrisse, Zeichnungen, Glasfensterentwürfe Salzburg, Salzburger Landessammlung Rupertinum, 1988.
Assmann, Peter und Melchior Frommel (Hg.): Margret Bilger: das malerische Werk; [anlässlich der Ausstellung in der Landesgalerie Oberösterreich vom 26. November 1997 bis 1. Februar 1998], Weitra 1997.
Bild: Glasmalerei Stift Schlierbach Gmbh & Co KG.