Freitag 27. Dezember 2024

Pfarrkirche Hargelsberg Hl. Andreas

 

Altarraumgestaltung von Alfred Haberpointner 2006

 

Die gotische Pfarrkirche von Hargelsberg zeigt sich in Raumschale und Ausstattung als gewachsenes Gesamtkunstwerk des 19. Jahrhunderts. 


Mit der Gestaltung von Altar, Ambo und Sedes ergänzt Alfred Haberpointer dieses Ensemble und eröffnet mit der Wahl des Materials Kupfer zugleich eine neue symbolische Ebene. In Materialität, Proportion und Farbigkeit stellen die neuen liturgischen Orte Bezüge zum Raum und seiner Ausstattung her. Die Farbigkeit des Altars steht in Verbindung mit der Raumschale sowie dem „steinfärbig“ gefassten Hochaltar und den beiden Seitenaltären. Der in massiv Kupfer ausgeführte blockförmige Altar schafft inmitten der von kleinteiligen Strukturen bestimmten Ausstattung einen Ort der Sammlung und Konzentration. Nicht nur visuell, sondern auch akustisch vermittelt der Altar, der bei einer stärkeren Berührung zu schwingen beginnt, eine besondere Aura.

 

 

Pfarrkirche Hargelsberg Hl. Andreas. © Kunstreferat
Pfarrkirche Hargelsberg Hl. Andreas. © Kunstreferat


Mit einem unter dem Boden gelegten Kupferdraht, der an den Eingängen und am Kreuzungspunkt zwischen Langhaus und angedeutetem Querschiff sichtbar wird, kommt auch die symbolische Bedeutung des Materials, das Leiten – der Künstler bezeichnet sie auch als die „Übertragung unsichtbarer Substanzen“ – zum Ausdruck. Die künstlerische Gestaltung thematisiert die Verbindung des Eintretenden mit dem Altar und die Einbindung aller in das liturgische Geschehen durch die Verbindung mit dem gesamten Kirchenraum. 

 

 

Übertragung unsichtbarer Substanzen
 

Für die gotische Pfarrkirche von Hargelsberg wurde 1867 beim Linzer Bildhauer Engelbert Westreicher ein „neuer gotischer Hochaltar“ bestellt. Im Anschluss daran waren bis 1905 drei Generationen von Bildhauern mit ihren Werkstätten im Kirchenraum tätig: Josef Kepplinger, der in Ottensheim eine florierende Werkstätte führte und dessen Schüler Michael Plakolb und Michael Hochmuth. Mit höchster Präzision studierten sie die Details ihrer Vorbilder, schufen in Perfektion die kleinteiligen Strukturen der Altaraufbauten und waren bestrebt, für die Ausstattung des Raumes die gotischen Vorlagen bestmöglich zu verarbeiten. Die vier Altäre, die Kanzel, der Taufstein, die gerahmten Kreuzwegbildern und die zahlreichen farbig gefassten Heiligenstatuen bildeten zusammen mit den Kirchenbänken, der Gewölbemalerei und den Fenstern ein über Jahrzehnte gewachsenes Gesamtkunstwerk.


Während unzählige – geringschätzig als „Brettlgotik“ bezeichnete – Ausstattungsensembles aus dem 19. Jahrhundert in Oberösterreich verloren gingen, blieb die Pfarrkirche Hargelsberg von der in den 1960er und 1970er Jahre wütenden Phase der sogenannten Purifizierung und Entrümpelung weitgehend verschont. Lediglich mit der Entfernung der Kanzel 1972, der Übermalung der neugotischen Dekorationsmalerei im Gewölbe und der Entfernung des Kommuniongitters wurde dem Geist der Zeit Attribut gezollt. 


Teile der Kommunionbank fanden für den seit der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils notwendigen „umschreitbaren“ Altar wieder Verwendung. Dass diese Art der Zweitverwendung für den „Tisch des Herrn“ nicht adäquat und würdig ist, darüber waren sich Verantwortliche von Diözese und Pfarre einig. Im Rahmen der 2005 bis 2006 durchgeführten Innenrenovierung der Pfarrkirche wurde vom Kunstreferat der Diözese Linz ein geladener künstlerischer Wettbewerb zur Gestaltung der liturgischen Orte ausgeschrieben. Mit wenigen Worten und einem schlüssigen Konzept überzeugte Alfred Haberpointner mit seinem Entwurf die Jurymitglieder und die anwesenden Vertreter der Pfarre. Für Altar, Ambo und Sedes verwendet der Künstler, dessen bildhauerische Arbeiten in internationalen Sammlungen vertreten sind, ein für diese Funktion ungewöhnliches Material: Kupfer. 


„Kupfer ist ein Material, das für Leiten steht. Stromleitungen, Wärmeleitungen etwa sind aus Kupfer gemacht. Es steht für die Übertragung von unsichtbaren Substanzen“, so Haberpointner. „In Hargelsberg wurde unter dem Boden eine Leitung gelegt, die mit dem Altar verbunden ist. Der Kirchenraum ist somit von den Eingängen bis zum Altar hin mit einer Leitung verbunden. Sichtbar wird diese Leitung durch Kupferstreifen, die jeweils an den Eingängen und in der Mitte der Kirche durch ein Kreuz zu sehen sind. Die Gestaltung verbindet auf diese Weise symbolisch Pfarrgemeinde und Priester oder Kirchenraum und Altar.“ 


In Materialität, Proportion und Farbigkeit stellen die neuen liturgischen Orte Bezüge zum Raum und seiner Ausstattung her. Die Farbigkeit des Altares steht in Verbindung mit der Raumschale sowie den „steinfärbig“ gefassten Hochaltar und den beiden Seitenaltären. Der in massiv Kupfer ausgeführte blockförmige Altar schafft inmitten der von kleinteiligen Strukturen bestimmten Ausstattung einen Ort der Sammlung und Konzentration. Nicht nur visuell sondern auch akustisch vermittelt der Altar, der bei einer stärkeren Berührung zu schwingen beginnt, eine besondere Aura.


Bei der Renovierung wurde auch die schablonenartige, dekorative Ausmalung des 19. Jahrhunderts wieder sichtbar. Bernd Euler-Rolle, stellvertretender Landeskonservator, hat die Renovierung von Seiten des Bundesdenkmalamtes fachlich begleitet. Hargelsberg ist für ihn ein ideales Beispiel, wie ein neugotisches Gesamtkunstwerk von Raumschale und Ausstattung – inklusive der oft heiß umkämpften Kirchenbänke – fachgemäß erhalten und Neues in überzeugender künstlerischer Qualität eingefügt wurde.
 

Martina Gelsinger

aus: Kulturbericht OÖ 09/2006

 
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