Kulturelle Tradition und zeitgenössische Religiosität: Pfarrkirche St. Nikolaus in Bad Ischl (OÖ)
Juni 2019 OberösterreichDenkmal des Monats
© Renate Schrattenecker-Fischer
Der spätbarocke Kirchenbau von St. Nikolaus prägt das Zentrum von Bad Ischl. Bereits 1396 wurde an dieser Stelle eine gotische Kirche geweiht, die man im 18. Jahrhundert jedoch durch einen viel größeren Neubau ersetzte. Nur der Turm aus dem 15. Jahrhundert blieb erhalten.
Die Raumwirkung des großen, einschiffigen Kirchenraums wird wesentlich von der um 1877 entstandenen malerischen Ausstattung von Georg Mader geprägt. Alle Wand- und Gewölbeflächen sind mit Malereien und Mosaiken von hoher Qualität gestaltet, eine beeindruckende Fülle von Farben und Formen, dekorativen Elementen und bildlichen Darstellungen lassen den Besucher staunen.
Risse im Gewölbe des Presbyteriums wurden zum Anlass für umfassende Restaurierungsmaßnahmen an Teilen der Raumschale, an Mosaiken, Kirchen-fenstern und Chorgestühl. Im Zuge der Restaurierungs- und Umbaumaßnahmen konnte an den Seitenaltären auch eine besondere Entdeckung gemacht werden. An den gemauerten Altartischen kamen die originalen Malereien von 1877 zum Vorschein. Sie wurden restauriert und stellen ein wichtiges Zeitdokument dar, da alle weiteren dekorativen Malereien im Kirchenraum im 20. Jahrhundert überarbeitet wurden.
Die Kirche ist nicht nur Denkmal, sondern auch lebendiger Gottesdienstraum. Daher entstand in der Pfarre der Wunsch, zeitgemäße Liturgie durch die Neugestaltung wesentlicher Feierorte im Raum noch besser erlebbar zu machen. So entstand aus liturgischen Überlegungen heraus in Zusammenarbeit mit dem Architekten Mag. Christian Neureiter ein architektonisches Konzept, das die räumliche Abfolge der klassischen „Wegkirche“, die das Dokument eines historischen Glaubensbildes darstellt, aufbricht und bereichert.
Zwei einander gegenüberliegende Feierorte – die durch die einheitliche Gestaltung aufeinander bezogen sind – bilden eine neue „Klammer“ im Kirchenraum. Da ist zum einen der neu gestaltete Altarraum im Presbyterium und, diesem gegenüber, der Taufort nahe dem Haupteingang. Die Neugestaltung dieser Bereiche prägt nun eine Glaubenspraxis, die den Menschen am Eingang vor einer Goldenen Wand in der Taufe empfängt und beim Begräbnis verabschiedet.
Die Künstlerin Inge Dick hat sich der besonderen Herausforderung gestellt, in diesem bereits von zahlreichen Kunstwerken dominierten Kirchenraum, Neues zu schaffen. Es gelingt ihr dabei, eine klare und selbstbewusste künstlerische Intervention harmonisch in die historische Ausstattung einzufügen. Altar, Ambo, Priestersitz, Vortragskreuz und Portalwand sind in schlichten, geometrischen Formen gehalten und beindrucken durch die feinfühlige, die Farben des Raumes aufnehmende Oberflächengestaltung.
Der spätbarocken Kirche mit ihrem mittelalterlichen Turm und der historistischen Ausstattung wurde damit eine weitere künstlerische Phase hinzugefügt und ihr Bestand durch statische Sanierung und Restaurierung für die Zukunft gesichert.