Nachbericht SelbA Fachtagung 2024
220 SelbA Trainer:innen und Interessierte aus dem Pflegebereich nutzten die Gelegenheit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und gemeinsam mit Expert:innen den Meisterleistungen unseres Gehirns auf den Grund zu gehen. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Treffpunkt Pflegepersonal statt.
Es war nicht einfach für Moderatorin und SelbA Referentin Barbara Aigner-Reitbauer, sich Gehör zu verschaffen. Denn der Spirit von SelbA manifestiert sich in der Begegnung, im Austausch und in der Begeisterung der engagierten SelbA Trainer:innen. Doch mit der Ankündigung von Hildegard Nachum, einer renommierten Validationsexpertin, war ihr die Aufmerksamkeit sicher. Nachum ist in der Fachwelt für ihre Expertise sowie für ihre unterhaltsamen, tiefgründigen und zugleich humorvollen Vorträge bekannt. Zuvor aber begrüßten Maria Otruba (Leiterin SelbA OÖ) die Gäste und Andrea Wienerroither (Leiterin Treffpunkt Pflegepersonal) sorgte für einen spirituellen Impuls zum Einstieg.
Validation - Menschen mit Demenz wertschätzend begegnen
„Wir sollten endlich wieder den Menschen im alten Menschen sehen und nicht nur die Diagnose“, gab Hildegard Nachum zu Beginn ihres Vortrags als grundlegenden Rat. Sie verwies auf den Wortstamm von „validieren“ – „für gültig erklären“ – und betonte die Bedeutung der Wertschätzung. Im Umgang mit dementen Menschen müsse man sich zweier Prinzipien stets bewusst sein:
- Hinter jedem Verhalten steht eine Ursache (und diese ist immer in der Vergangenheit, im „Gestern“, zu finden).
- Gefühle, die nicht wahrgenommen oder ignoriert werden, verstärken sich zunehmend.
Es sei daher wichtig, Menschen mit Demenz auf der Gefühlsebene und nicht auf der rationalen Ebene zu begegnen. Dies beginne bereits bei den einfachsten Gesprächsthemen: Statt „Was hast du heute Mittag gegessen?“ (ein potenzieller Konflikt, da alles, was länger als eine Minute zurückliegt, oft schwer zu erinnern ist) sei es besser zu fragen: „Wie hat es geschmeckt?“
Im Verlauf ihres Vortrags brachte Nachum zahlreiche praxisnahe Beispiele und humorvolle Anekdoten aus ihrer Zeit im Seniorenheim in Lasberg. Viele dieser Geschichten behandelten ungelöste Konflikte aus der Vergangenheit. „Wenn etwas nicht abgeschlossen ist, können viele Menschen nicht loslassen und keinen inneren Frieden finden. Tränen, die nie geweint wurden, fordern eines Tages ihren Raum.“ Eindringlich gab sie dem Publikum einen zentralen Ratschlag mit: „Klärt eure Baustellen!“
Veranstaltungstermine mit Hildegard Nachum:
• 25.10. Steyr, Ennsleite
• 14.11. Eferding
• 15.11. Windischgarsten Seniorenheim
• 16.11 Puchberg, Workshop
• 27.11, Enns, Seniorenheim (Lauriacum)
Weitere Informationen finden Sie hier.
Einsamkeit und Demenz
Bevor es am Nachmittag in die Trainingspraxis ging, begrüßte Christian Pichler, Leiter des Katholischen Bildungswerks OÖ, die Gäste. Für Pichler steht in seinem Tun und Wirken im Katholischen Bildungswerk immer die Gemeinschaft und die Nähe zu den Menschen im Vordergrund. „Einsamkeit kann Studien zufolge die Lebenserwartung reduzieren, von Lebenslust und Lebensfreude ganz zu schweigen. Laut Primar Dr. Kainz vom Neuromed Campus Linz erhöht eine gefühlte Einsamkeit das Risiko, an Demenz zu erkranken, um das 2,5-Fache und ist somit der mit Abstand größte Risikofaktor für Demenz“, so Pichler. Und auch deshalb sei SelbA so wichtig, weil es – neben seinem wissenschaftlich fundierten Trainingserfolg – auch der Alterseinsamkeit entgegenwirke.
„Und noch ein Faktor, den ich hier anführen will: SelbA ist zukunftssicher! Unsere Zielgruppe ist die einzige Bevölkerungsgruppe in Österreich, die stark wächst. Wir können also davon ausgehen, dass der Bedarf an SelbA-Gruppen in Zukunft noch viel stärker sein wird“, fügte Pichler mit einem Augenzwinkern hinzu.
Wir bauen Straßen im Kopf
Am Nachmittag stand das Kort.X®-Gehirntraining mit Susanne Sigl (nach Antonia Santner) auf dem Programm. Die Kombination aus koordinativen Bewegungsaufgaben, Gedächtnis- und Konzentrationsübungen forderte das Publikum heraus.
„Unser Ziel ist es, durch das Training neue Bereiche im Gehirn zu erschließen. Wir stellen uns das Gehirn wie eine wunderschöne Blumenwiese vor. Wenn du stehen bleibst und zurückschaust, siehst du deine Schritte. Aber was passiert, wenn du eine Woche nicht mehr darüber gehst? Genau, das Gras richtet sich wieder auf und deine Spuren verschwinden. Genauso ist es mit dem Erlernten: Damit es bleibt, musst du üben und wiederholen, bis sich ein Weg bildet – erst ein Trampelpfad, dann Schotter und schließlich, im besten Fall, Asphalt. Dann kannst du ohne viel nachzudenken auf das Erlernte zurückgreifen – du hast eine Erinnerung geschaffen“, erklärte die Trainerin
Zauberhafter Ausklang
Zum Abschluss der Fachtagung verblüffte „The Magic Priest“ Gert Smetanig die Zuschauer. Auch bei diesem Programmpunkt wurde das Publikum aktiv einbezogen: Gedanken wurden gelesen, Geldscheine verzaubert und persönliche Gegenstände erraten. „Wie hat er das bloß gemacht?“ – diese Frage beschäftigte sicherlich viele auf ihrer Heimfahrt von diesem inspirierenden Tag in Schloss Puchberg.
Sichtbar machen
Zum Schluss betonte Maria Otruba die Bedeutung der Gemeinschaft: „Ihr seid eine Bereicherung für so viele Menschen da draußen. Danke, dass ihr den SelbA Spirit in die Regionen tragt. Ich bin sehr stolz auf euch und auf diese wunderbare Gemeinschaft, dieses Netzwerk, das wir hier geschaffen haben.“
Otruba war es besonders wichtig, das Engagement und die Personen dahinter sichtbar zu machen. Viele durften aufstehen, sich zeigen und wurden auf die Bühne geholt. Es gab Blumensträuße und Dankesworte – ganz im Sinne des Themas, das sich wie ein roter Faden durch die Tagung zog: Wertschätzung.
Text:
Silke Kreilmayr
Öffentlichkeitsarbeit Katholisches Bildungswerk OÖ