Predigt zu Familiengottesdienst, 4. So im Jk., Lj B (Mk 1,21-28)
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4. Sonntag im Jk. , Lj. B, Mk 1, 21-28
Dr. Georg Wildmann, Ansprache zur Familienmesse auf Ersuchen von Pfr. Žarko Prskalo, am 29. Jänner 2012
„Einer, der Vollmacht hat“
Liebe Mädchen und Buben, ihr habt den Erwachsenen vorgeschlagen, heute am Anfang der Messe sich ganz auf das Hören einzulassen und habt da euch an Tonproduktionen eine Menge einfallen lassen. Hören - ob es einem gefällt oder nicht, das gehört zu unserem Leben. Ich glaube, wir alle haben auch schon ein besonderes Hörerlebnis gehabt. Eines, das einem für immer im Gedächtnis bleibt.
Mein Großvater hat, wo er schon nahe an die 90 Jahre alt war, kaum mehr etwas gehört. Man musste schon sehr laut mit ihm reden. Da haben wir ihm zugeredet und gesagt: Opa, du brauchst einen Hörapparat, damit du etwas hörst. Da hat er geantwortet: Ich hab schon genug gehört. – Er hatte drei Ehefrauen verloren, er hatte von sechs Kindern fünf in frühem Alter verloren, zuletzt hat er als alter Mann auch die Heimat verloren. Satt an Jahren, wie die Bibel sagt, hat die Welt selbst sein Interesse verloren. Er hackte den Garten und las die Kirchenzeitungen. Er war ein gläubiger Mensch, der jeden Tag ohne viele Worte in die Kirche gegangen ist, auch mit 90 Jahren. Hie und da denke ich darüber nach: Das gibt es also auch: Da ist ein Mensch, der nur mehr die Stille hören will. Ich habe mich dann auf einmal an den Dichter Werner Bergengruen erinnert. Er hat ein wunderbares Gedicht geschrieben. Die letzte Strophe lautet:
„Gewalt und Gier und Wille
der Lärmenden zerschellt.
O komm, Gewalt der Stille
und wandle du die Welt.“
O komm Gewalt der Stille - Die Stille kann Gewalt haben, Gewalt, die uns freimacht für Gedanken, die von Gott kommen.
Auch ich habe Hörerlebnisse in Erinnerung. Ich hatte einen Freund, der Pfarrer in Niederösterreich war. Ich habe ihn öfter besucht, weil wir zusammen Bücher gemacht haben. Ich kann mit dem Lied sagen: „Ich hatt’ einen Kameraden, einen besseren find’st du nicht“. Vor mehr als 20 Jahren war ich bei ihm im Pfarrhof. Ich bin an einem Morgen im Frühjahr in den Pfarrgarten gegangen, groß wie ein halbes Fußballfeld, und stand auf einmal vor einem großen Kirschbaum. Der Baum stand in voller Blüte: Tausende schneeweiße Blüten, eine große weiße Kugel in der Morgensonne. Es war ganz still, denn die Bienen waren noch nicht da, weil es ihnen noch zu kühl war. Und in dieser weißen Pracht gab es nur ein Summen – das Summen einer einzigen kleinen Hummel. Tausende Blüten und eine einzige Hummel! Sie konnte tausendmal an der Süßigkeit saugen, der ganze Baum stand ihr zur Verfügung. Da hat mich der Gedanke gepackt: So muss es bei Gott im Paradiese sein – saugen und trinken aus der Fülle Gottes: das Süßeste, das es gibt, Gott als unausschöpflicher Genuss! Das Summen der Hummel am stillen Morgen in dieser großen weißen Pracht – Ein unauslöschliches Hörerlebnis, das mir – so denke ich – bis an mein Lebensende im Gedächtnis bleiben wird.
- heutige Evangelium erzählt uns auch von einem Hörerlebnis, das sich in der Synagoge, also die Versammlungskirche der Juden, in Kafarnaum, der Lieblingsstadt Jesus, am schönen See Genesareth, ereignet hat. Die Juden sind zum Gottesdienst am Sabbat versammelt. Da sitzt ein Mann ganz normal unter ihnen, doch plötzlich ändert sich sein freundliches Gesicht in eine schreckliche Fratze, er bekommt eine hässliche Stimme und er spricht wie eine neue Person und böse lästerliche Worte. Die Juden von damals kennen das und sagen: Er ist besessen von einem unreinen Geist. Besessenheit - das kommt manchmal auch heute vor. Wir sagen dann: dieser Mensch ist krank, und die Ärzte bemühen sich lange, um ihn wieder gesund zu machen, damit er wieder der normale Mensch wird, der er vorher war. In Kafarnaum kommt Jesus in die Synagoge, und wie er erscheint, schreit der Besessene: Was willst Du von mir, du Heiliger Gottes? Jesus sagt: Schweig und fahr aus ihm heraus! Der Mann wird hin- und hergerissen. Er stößt einen Schrei aus - und ist wieder der normale, ruhige, freundliche Mann. Wofür unsere Ärzte heute lange brauchen, dass schafft Jesus mit wenigen Worten. Die Leute in der Synagoge sind ganz weg. Dieser Jesus macht die Menschen mit einem Schlag gesund! Sogar das Kranke und Unreine in ihren Köpfen verschwindet. Ein neues Hörerlebnis für die Juden in Kafarnaum. Sie sagen: Der Jesus von Nazareth, er spricht wie einer, der Vollmacht hat. Und er hat uns Neues zu sagen. Hören wir also auf Jesus. –
Es gibt die Zeit, da hört man die „Gewalt der Stille“, und es gibt die Zeit, da hört und erlebt man die „Gewalt des Wortes“.
Lesung aus dem fünften Buch des Mose
(Dtn 18, 15-20)
So sprach Mose zum Volk Israel:
Einen Propheten wie mich wird euch der Herr,
euer Gott, erwecken, genau so,
wie ihr es euch bei eurer Versammlung
am Berg Horeb gewünscht habt.
Auf diesen Propheten sollt ihr hören.
Ja, so hat Gott zu mir gesprochen:
Einen Propheten wie dich, Mose,
will ich ihnen erwecken,
mitten aus ihrem Volk.
Ich will meine Worte in den Mund
dieses Propheten legen,
und er soll ihnen alles sagen,
was ich, euer Gott, ihm gebieten werde.
Wort des lebendigen Gottes