„Sonntag der Völker“ 2021: Gemeinschaft in der Vielfalt
Am 26. September 2021 um 10.00 Uhr wurde auf Einladung der Fremdsprachigen Seelsorge der Diözese Linz und der Caritas für Menschen in Not im Linzer Mariendom unter Einhaltung der geltenden Corona-Präventionsmaßnahmen ein Festgottesdienst zum „Sonntag der Völker“ gefeiert. Mit den verschiedenen muttersprachigen Gruppen und deren Seelsorgern feierte Dr. László Vencser, seit 30 Jahren Leiter der Fremdsprachigen Seelsorge im Pastoralamt der Diözese Linz und von 2000 bis 2020 Nationaldirektor der katholischen fremdsprachigen Seelsorge in Österreich. Der Festgottesdienst stand unter dem Motto „Gemeinsam im Geist Jesu unterwegs“.
László Vencser betonte in seiner Predigt die Einheit in der Vielfalt: „Wir hören die Botschaft Jesu, wir feiern gemeinsam die Eucharistie. Wir gehören zu verschiedenen Nationen, haben verschiedene Sprachen, Kulturen und Hautfarben, aber trotz dieser Verschiedenheit sind wir eine Großfamilie. Der Glaube an Gott einigt uns.“ Er, Vencser, habe am 12. September, dem 50. Weihetag seiner Priesterweihe, mit Papst Franziskus in Budapest beim Internationalen Eucharistischen Weltkongress konzelebriert: „Aus 80 Ländern, aus der ganzen Welt kamen Menschen nach Budapest. Am Vorabend sind wir mit der Eucharistie in der Prozession durch die Stadt Budapest, gemeinsam mit Jesus gegangen. Drei Stunden lang wurde gebetet und gesungen in verschiedenen Sprachen. Dort konnte man spüren, welche Kraft die Eucharistie hat, welche Stärkung der Mensch bekommen kann, wenn man mit Jesus unterwegs ist. In den letzten 30 Jahren habe ich am Sonntag der Völker hier im Mariendom das Gleiche gespürt.“
Besonders beim Fest der Begegnung auf dem Domplatz, das heuer wie schon 2020 coronabedingt nicht stattfinden konnte, sei diese Verbundenheit und Berufung zur Einheit immer besonders deutlich geworden: „Es war immer beeindruckend zu sehen, wie Menschen aus verschiedenen Völkern und Ländern, die hier eine zweite Heimat gefunden haben, miteinander redeten und sich dabei freuten. Heute feiern auch viele mit uns, die in den letzten Jahren durch die Erwachsenentaufe Mitglieder der katholischen Kirche geworden sind. Ich freue mich, wenn ich höre, dass Pfarren diesen Menschen eine Heimat bieten und sich bemühen, sie zu integrieren.“
Integration sei freilich keine Einbahnstraße, so Vencser: „Beide Seiten haben die Aufgabe, die Wege für ein gutes Miteinander zu finden und gemeinsam auf dem Weg mit Jesus unterwegs zu sein.“ Vencser lud dazu ein, auf Jesus Christus zu schauen: in der Kirche, beim Blick auf ein Kruzifix, in der Natur, in der Begegnung mit anderen. Alle ChristInnen seien aufgerufen, die Botschaft Jesu an andere weiterzugeben: „Den Auftrag der Verkündigung kann man in den Pfarrgemeinden, in den fremdsprachigen Gemeinden, auch in den Kulturvereinen mit Hilfe der eigenen Muttersprache, eigener Kultur erfüllen und Gott einen Platz geben.“ So bleibe Gott mit den Menschen: im alltäglichen Leben, in den Familien, in den Pfarrgemeinden, in der Welt und in der Gesellschaft, betonte Vencser abschließend.
© Diözese Linz / Wakolbinger
Sprachlich-musikalische Vielfalt
Die Vielfalt der verschiedenen muttersprachlichen Gruppen wurde nicht nur durch die bunten Landestrachten sichtbar, sondern auch bei den Texten und Liedern im Festgottesdienst hörbar: Die Texte zum Bußakt wurden in verschiedenen Landessprachen gelesen, ebenso die Fürbitten. Die Lesungen wurden auf Ungarisch und Englisch gelesen, das Evangelium auf Deutsch und Kroatisch. Mehrere hundert Mitfeiernde beteten und sangen in ihrer jeweiligen Muttersprache mit. Musikalische Akzente setzten Liedbeiträge der afrikanischen, polnischen, ungarischen und tschechischen Gemeinde. Außerdem musizierten Kantor Christoph Niemand und Jean Matau an der Orgel. Bei der Gabenbereitung kamen VertreterInnen unterschiedlicher Volksgruppen nach vorn und überreichten László Vencser landestypische Geschenke.
Für Vencser mischte sich in die Freude über das gemeinsame Feiern auch ein wenig Wehmut, war der heurige „Sonntag der Völker“ doch der letzte in seiner Funktion als Mitorganisator und Leiter der Fremdsprachigen Seelsorge. Nach seiner Pensionierung mit Juni 2022 wird er als Gast mitfeiern, wie er betonte. Am Ende des Gottesdienstes dankte László Vencser für 30 schöne, vielfältige Jahre und blickte mit Freude auf die schönen Feste zum „Sonntag der Völker“ im Mariendom und auf dem Domplatz zurück. Er richtete Worte des Dankes an die Dompfarre, die fremdsprachigen Gemeinden und deren Priester, an Caritas und Pastoralamt und nicht zuletzt an seine Mitarbeiterin Cornelia Karlinger. Sein Wunsch an alle Mitfeiernden: „Gehen wir gemeinsam weiter!“
© Diözese Linz / Wakolbinger
László Vencser: Vielfalt als (Lebens-)Programm
KonsR Prof. Dr. László Vencser ist seit 1. September 1992 Leiter der Abteilung Fremdsprachige Seelsorge im Pastoralamt der Diözese Linz. 1947 in Ditró (Diözese Alba Iulia) geboren, entstammt er der ungarischen Minderheit in Siebenbürgen (Rumänien). In seinem Leben ist Vielfalt seit jeher Programm – er erlebte sie bereits im Priesterseminar, wie er in einem Interview mit der KirchenZeitung erzählte: „Die Kommunisten erlaubten für die katholische Kirche nur ein Seminar. Also waren dort neben den Ungarn auch Deutsche, Kroaten, Bulgaren, Tschechen, Slowaken und ein paar Rumänen. Ähnlich war es während seines Studiums in Rom: Ich hatte Kollegen aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, Norwegen, Schweden und aus dem ehemaligen Jugoslawien.“ Am 12. September 1971 wurde Vencser in der Herz-Jesu-Kirche seiner Heimat Ditró von Bischof Áron Márton zum Priester geweiht; heuer begeht er sein Goldenes Priesterjubiläum.
Nach Stationen in seiner Heimatdiözese Alba Iulia als Professor für Moraltheologie, Vizerektor im Priesterseminar und Caritas-Direktor führte ihn sein Weg nach Österreich, wo er 1991 als Fremdsprachenseelsorger begann und 1992 zum Leiter der Abteilung Fremdsprachige Seelsorge ernannt wurde. Von 1. Juli 2000 bis 30. Juni 2020 hatte er das Amt des Nationaldirektors der katholischen fremdsprachigen Seelsorge in Österreich inne. Seit 1995 hilft er als Priester in der Stadtpfarrkirche Linz aus. Ein großes Anliegen ist ihm auch die redaktionelle Mitarbeit an der Zeitung „Életünk“ (dt. „Unser Leben“), der Zeitung der ungarischsprachigen KatholikInnen in Europa.
Als Förderer der Vielfalt in der Kirche würdigt Bischof Manfred Scheuer den Leiter der Abteilung Fremdsprachige Seelsorge: „Von Herzen danke ich László Vencser für sein umsichtiges Wirken in der Fremdsprachigenseelsorge. Er hat die Vielfalt in der Kirche mit großer Leidenschaft gefördert. Für die Diözese Linz haben die zahlreichen Gemeinschaften aus verschiedenen Nationen eine hohe Bedeutung. Sie tragen zu Vitalität und Stärkung des gemeinsamen Glaubens bei.“
László Vencser ist seit 30 Jahren Leiter der Fremdsprachigen Seelsorge der Diözese Linz. © Diözese Linz / Wakolbinger
Fremdsprachige Seelsorge in Oberösterreich
In der Katholischen Kirche in Oberösterreich gibt es Seelsorge für 15 fremdsprachige Gemeinden: afrikanisch-englischsprachige, albanisch-katholische, arabische und chaldäische, ukrainisch-griechisch-katholische, kroatische, rumänisch-griechisch-katholische, philippinisch-katholische, polnische, lateinamerikanische/spanischsprachige, tschechische und slowakische, türkische und persische, ungarische sowie vietnamesische. Es gibt auch eine persisch-afghanische Gemeinschaft. Am „Sonntag der Völker“ wird diesen Gruppen besondere Wertschätzung zuteil. Dr. László Vencser, Leiter der Fremdsprachigen Seelsorge im Pastoralamt der Diözese Linz sowie Mag.a (FH) Michaela Haunold von der Caritas für Menschen in Not sind als OrganisatorInnen wesentlich für das Gelingen des Festes verantwortlich.
107. Welttag des Migranten und Flüchtlings
Mit dem „Sonntag der Völker“, der in den Diözesen Österreichs am 26. September 2021 begangen wurde, macht die Kirche auf die Vielfalt der Nationen in der römisch-katholischen Glaubensgemeinschaft aufmerksam. Das Motto des diesjährigen „Sonntags der Völker“ lautete: „Gemeinsam im Geist Jesu unterwegs“. Es schließt an die Papstbotschaft zum Weltflüchtlingstag 2021 (26. 9.) an, die den Titel „Auf dem Weg zu einem immer größeren Wir“ trägt. Papst Franziskus äußert darin den Wunsch nach einem Wir, das die ganze Menschheitsfamilie umfassen soll. Der Papst in seiner Botschaft: „Sowohl am Anfang als auch am Ende der Heilsgeschichte steht (…) ein Wir, und im Zentrum steht das Geheimnis Christi, der gestorben und auferstanden ist, damit ‚alle eins seien‘. Heute sehen wir jedoch, dass jenes gottgewollte Wir zerbrochen und zersplittert, verwundet und entstellt ist. Und in den Zeiten größerer Krisen, wie jetzt während der Pandemie, wird dies besonders deutlich. Ein verbohrter und aggressiver Nationalismus und ein radikaler Individualismus zerbröckeln oder spalten das Wir, sowohl in der Welt als auch innerhalb der Kirche. Und den höchsten Preis zahlen diejenigen, die besonders schnell als Andere gelten: die Ausländer, die Migranten, die Ausgegrenzten, all jene, die an den existentiellen Rändern leben.“
Der Papst betonte, Gottes Geist befähige die katholische Kirche dazu, „eine alle umfassende Gemeinschaft in der Vielfalt zu bilden und dabei die Unterschiede in Einklang zu bringen“, was aber niemals zu einer entpersönlichenden Uniformität führen dürfe. „In der Begegnung mit der Vielfalt der Fremden, der Migranten, der Flüchtlinge und im interkulturellen Dialog, der daraus entstehen kann, haben wir die Möglichkeit, als Kirche zu wachsen und uns gegenseitig zu bereichern. Tatsächlich ist jeder Getaufte, wo auch immer er oder sie sich befinden mag, mit vollem Recht Glied der örtlichen kirchlichen Gemeinschaft, Glied der einen Kirche, Bewohner des einen Hauses, Teil der einen Familie“, so der Papst wörtlich. Die Kirche sei gerufen, hinauszugehen an die existenziellen Peripherien und sich um jene zu kümmern, die verwundet seien – ohne Vorurteile oder Ängste und mit der Bereitschaft, alle offen aufzunehmen. Die Begegnung mit Migranten und Flüchtlingen anderer Konfessionen und Religionen sei „ein fruchtbarer Boden für die Entwicklung eines aufrichtigen und bereichernden ökumenischen und interreligiösen Dialogs“, so Papst Franziskus.
Der Papst appellierte an alle Menschen, sich „gemeinsam auf den Weg zu einem immer größeren Wir zu begeben und die Menschheitsfamilie wieder neu zusammenzubringen, um gemeinsam eine Zukunft in Gerechtigkeit und Frieden aufzubauen und dafür zu sorgen, dass niemand außen vor bleibt.“ Es gehe dabei um eine persönliche und kollektive Anstrengung zugunsten aller weiterhin notleidenden Brüder und Schwestern und um den Versuch, eine nachhaltigere, ausgewogenere und inklusivere Entwicklung zu erreichen. Papst Franziskus: „Dieses Engagement macht keinen Unterschied zwischen Einheimischen und Fremden, zwischen Einwohnern und Gästen, denn es geht um einen gemeinsamen Schatz, um den sich ausnahmslos alle kümmern und von dem ausnahmslos alle profitieren sollen.“
Papstbotschaft zum 107. Welttag des Migranten und Flüchtlings 2021