Der alte Meierhof soll erhalten bleiben
Der alte Meierhof des Chorherrenstifts in Reichersberg (Bezirk Ried im Innkreis) war 2020 Thema von zwei Diplomarbeiten des Instituts Konservierung und Restaurierung der Akademie der bildenden Künste Wien: Andreas Rieder (Wandmalerei und Architektur) und Kerstin Fischbacher (Objekt – Holz) untersuchten im Juni 2020 das baufällige Gebäude jeweils aus dem Blickwinkel ihrer Schwerpunktfächer. Unterstützt wird das Projekt von Bundesdenkmalamt, Abteilung Oberösterreich, Kirchliches Bauen der Diözese Linz, Augustiner-Chorherrenstift Reichersberg und den Innviertler Bautechnikern.
Barocker Vierkanthof
Bei dem denkmalgeschützten Meierhof handelt es sich um einen barocken Vierkanthof mit einem südwestseitigen Risalit und einer nordostseitigen Scheune. Zwischen diesen Trakten sind Wirtschaftsgebäude angeschlossen. Die Entstehungszeit des Komplexes ist in einer Kartusche an der Fassade auf das Jahr 1768 datiert. Früher wurde das Gebäude zu wirtschaftlichen Zwecken genutzt, zum Teil bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts auch zum Wohnen. Heute sind nur noch kleine Teile des Wirtschaftshofs in landwirtschaftlicher Nutzung und der gesamte Komplex baufällig.
Um die historische Substanz zu bewahren und eine Nutzung zu ermöglichen wird nun in einem ersten Schritt nach einem umsetzbaren Konservierungs- und Restaurierungskonzept erarbeitet. Als repräsentativer Bereich für Befundung und Proberestaurierung wurde der zweistöckige Südwest Risalit gewählt, an dem auch eine Musterachse angelegt wird. Die in der Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse sollen bei der Sanierung der restlichen Bauteile als Vorgabe dienen.
Farbe und Holz
Das Projekt umfasst Bauforschung, Bestandsaufnahme und Kartierung von Schäden an der Fassade des Risalits. Dabei befasst sich Andreas Rieder mit dem Putzaufbau und den historischen Farbgestaltungen, deren Zusammensetzung und Schäden. Kerstin Fischbacher untersucht die Holzfenster des Gebäudeteils, deren Ausführungstechnik und Zustand. Für beide Fassadenbestandteile werden ein aufeinander abgestimmtes Erhaltungskonzepte erstellt und eine Pilotrestaurierungen an einer Fassadenachse durchgeführt.
→ Artikel in der KirchenZeitung Diözese Linz
Musterachse
Die Musterachse im Stift Hof Reichersberg schreitet voran. Der Putz von 1756 wurde durchgefestigt. Nach Festigung wurden die Putzergänzungen an den Gesimsen ausgeführt und anschließend gekalkt (getüncht).
Im Innviertel gibt es noch wenige Kalkfassaden. In den letzten Jahren wurde bei kirchlichen Bauprojekten versucht, Kalkfassaden in historischer Technik wiederherzustellen. Eine dieser Fassaden ist an der Pfarrkirche Mühlheim am Inn zu sehen.
Fensterrenovierung
Nach Abschluss der Arbeiten an der Fassade wurde ein Fenster näher untersucht. In der Regel waren früher an einem Fenster drei Gewerke bzw. die drei Zünfte Metall, Glas und Holz tätig. Heut werden Fenster meist an einem Ort produziert, die Fertigung erfolgt an einem „Fließband“. Im Unterschied zu den historischen Fenstern handelt es sich heute um ein Dreifachverglasung und das Holz wird mit eine Aluschale geschützt statt wie früher meist mit Leinölfarbe. Diese Farbe ist diffusionsoffen und kann alle zwei Jahre mit Standöl gepflegt werden. Manche Leinölfarben halten jahrhundertelang.
Der erste Fensteranstrich des Meierhofs in Reichersberg ist wahrscheinlich um 1820/1830 erfolgt. Die usprüngliche Farbfassung wurde bei der Restaurierung eines Fensters beibehalten und mit Leinöl eingelassen. Bei richtiger Pflege müsste dieser auch die kommenden 200 Jahre halten.
v.l.n.r.: Mag. Beate Sipek, Andreas Rider, Chorherr Andreas Unterhuber, Kerstin Fischbacher,
Dipl.Kons./Restauratorin Heike Winkelbauer © DFK/Senzenberger