100 Jahre Mariendom Linz
Auf Initiative von Bischof Franz Joseph Rudigier wurde am 1. Mai 1862 der Grundstein für den Mariä-Empfängnis-Dom in Linz gelegt. Der Sakralbau sollte die überragende Marienverehrung in Oberösterreich dokumentieren und verewigen. Mit dem Entwurf und den anschließenden Ausführungsplanungen wurde der Kölner Dombaumeister Vincenz Statz beauftragt. Der Dombau galt zu seiner Zeit als das größte Bauvorhaben in ganz Europa und stellte eine technische und logistische Meisterleistung dar. Nach 62-jähriger Bauzeit wurde der Mariendom am 29. April 1924 geweiht. 2024 feiert die katholische Kirche in Oberösterreich 100 Jahre Domweihe.
Der Mariendom ist als Landes- und Bischofskirche ein wichtiger Ort der Liturgie und Spiritualität. Er zählt zu den bedeutendsten Kirchenbauten der Neugotik des 19. Jahrhunderts und ist damit auch ein architektonisches Juwel. Als Ort für Kunst und Kultur strahlt der Dom weit über die Landesgrenzen hinaus. „Er ist Heimat für die Gläubigen der Dompfarre und identitätsstiftend für die Kirche in Oberösterreich, er ist Ruheort für Suchende und Rastlose, ein Ort des Gebets und der Sammlung, eine beeindruckende Sehenswürdigkeit für Touristinnen und Touristen und eine einzigartige Kulisse für Konzertbesucherinnen und -besucher sowie Musizierende auf dem Domplatz“, so Bischof Manfred Scheuer über die Bedeutung des Doms. Das Bauwerk beeindrucke durch seine Dimensionen, durch seine architektonische Schönheit und seine besondere Atmosphäre. In einer Zeit der Veränderung und der Umbrüche und mitten im Getriebe der Großstadt vermittle der Mariendom Beständigkeit, Verlässlichkeit und Stabilität. Gleichzeitig weise der in den Himmel ragende Turm über die Menschen hinaus auf etwas Größeres hin, so der Bischof.
Start ins Jubiläumsjahr mit Festwochenende am 27. und 28. April 2024
„100 Jahre Domweihe ist ein schöner Anlass, dankbar auf das zu schauen, was mit dem Mariendom errichtet und aufgebaut wurde. Wir wollen auf die Dynamik des Dombaus schauen, um den Dom weiterzubauen und modern, gegenwartsbezogen und traditionell den Entwicklungen unserer Gesellschaft Raum, Zeit und Input zu geben“, so auch Johann Hintermaier, der als Bischofsvikar für Bildung, Kunst & Kultur die Jubiläumsfeierlichkeiten verantwortet. Der Dom sei Ort der Liturgie, Spiritualität, Kunst, Architektur, ein vielschichtiges Wahrzeichen von Kirche, Stadt und Land und ein Gottes- und Menschenhaus. Dementsprechend feiere die Kirche das 100-jährige Weihejubiläum mit einer Reihe an Veranstaltungen und programmlichen Angeboten.
Den Anfang macht ein großes Festwochenende Ende April. Beim Tag des offenen Doms am Samstag, 27. April können die Besucherinnen und Besucher bei inszenierten Rundgängen, die mehrmals pro Stunde starten, Räume und Orte im Dom entdecken, die sonst nur schwer zugänglich sind. Anlässlich des Jubiläums gibt die Post AG auf Anregung des Philatelistenvereins St. Gabriel eine Sonderbriefmarke mit dem Motiv des Mariendoms heraus, die Ersttagspräsentation findet an diesem Tag im Domcenter statt. Kinder und Familien dürfen sich auf ein buntes Mitmachprogramm mit Hüpfkirche und einer Zaubershow mit Magic Priest Gert Smetanig am Domplatz freuen. Dort können Interessierte auch die Dombauhütte als lebendige Werkstätte kennenlernen und sich bei Workshops mit der Glasmalerei Stift Schlierbach als Glaskünstlerinnen und -künstler versuchen. Am Sonntag, 28. April, wird ein Festgottesdienst mit Bischof Manfred Scheuer gefeiert, musikalisch gestaltet mit der Messe in d-Moll von Anton Bruckner. Auch die rund 250-seitige Festschrift, die anlässlich des Jubiläums erscheint, wird an diesem Wochenende präsentiert. Hier geht es zum Detailprogramm am Samstag, 27. April und Sonntag, 28. April.
Nach der Langen Nacht der Kirchen (7. Juni) wird am Samstag, 8. Juni rund um das neue Domcenter gefeiert. Familien und Kinder sind eingeladen, nach einer Kinderfahrzeug-Segnung mit Tretauto, Roller und Laufrad über den Domplatz zu flitzen und Dominik Raab, einen der weltbesten Trialbiker, bei einer waghalsigen Show zu bestaunen oder selbst an einem Fahrrad-Fit-Workshop teilzunehmen. Die Wiese am Dom wird an diesem Tag zur Picknickfläche, die Besucherinnen und Besucher können Selbst-Mitgebrachtes genießen oder an den Kulinarikständen vor Ort gustieren.
Raum für künstlerische Auseinandersetzung und Diskurs
Anlässlich des 100-jährigen Weihejubiläums bietet die größte Kirche Österreichs einmal mehr Raum für die künstlerische Auseinandersetzung mit gesellschaftsrelevanten Themen. So macht die Veranstaltungsreihe DonnaStage den Dom und das neue Domcenter zum Aushandlungsort für zeitgenössische Fragen nach Frauenrollen, Familienbildern und Geschlechtergerechtigkeit. „In der Bauzeit des Doms fanden idealisierte Bilder von Maria, Josef und dem Jesuskind als ‚Heilige Familie‘ weite Verbreitung. Heute sind Rollenverständnis und Familienkonstellationen aber diverser geworden. DonnaStage versteht sich als Bühne, überlieferte Vorstellungen kritisch zu hinterfragen und durch künstlerische und diskursive Projekte mit der Gegenwart zu konfrontieren“, so Martina Resch, eine der Initiatorinnen der Veranstaltungsreihe. Die Themen werden in vielfältigen Formaten wie Lesungen, Workshops, Schreibwerkstätten, Vorträgen und Debatten aufgegriffen und ein Austausch zwischen Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen mit Akteurinnen und Akteuren aus Stadtkulturarbeit, Politik und Kunst vorangetrieben. So werden beispielsweise am 16. Mai ab 19.00 Uhr im Domcenter unter dem Titel “Wie Familie?“ solidarische Lebensformen im Linzer Franckviertel am Beispiel der Initiative KIOSK vorgestellt und diskutiert.
Die Turmkapelle West im Mariendom wird im Jubiläumsjahr 2024 zum Kunstraum. Künstlerinnen wie Monika Pichler, Esther Strauß, Katharina Struber, Elisabeth Altenburg, Elke Punkt Fleisch, Sophie Reyer, Judith Huemer und Bernadette Huber werden ausgehend von ihrer künstlerischen Praxis das Thema der Heiligen Familie in einer Wechselausstellung kritisch reflektieren und neue Zugänge für die Betrachterinnen und Betrachter eröffnen. Alle Termine der Veranstaltungsreihe DonnaStage finden Sie hier.
Darf man in der Kirche eine Banane essen? Unter diesem — auf den ersten Blick ungewöhnlichen — Titel setzt sich das Theater Stellwerk in einem für den Mariendom und das Weihejubiläum konzipierten Stück mit dem Thema Gleichgewicht auseinander. In kurzen Szenen regen die Schauspielerinnen und Schauspieler an, nachzudenken, was in unserer Welt aus der Balance geraten ist. Als Bühne dient ein liegendes Kreuz, auf dem dieses
(Un-)Gleichgewicht dargestellt ist.
100 Jahre Mariendom Linz & 200 Jahre Anton Bruckner
Der Mariendom ist eng mit Anton Bruckner verknüpft, dessen 200. Geburtstag ebenfalls heuer gefeiert wird. So ist der Komponist nicht nur im berühmten Linzer Fenster des Doms verewigt, auch bedeutende Kompositionen wie die für den Mariendom geschaffene Motette "Locus iste" oder die anlässlich der Einweihung der Votivkapelle komponierte Messe in e-Moll verbinden Bruckner mit dem Dom. Das Zusammentreffen der beiden großen Jubiläen ist Anlass und Inspiration für spannende Projekte und Veranstaltungen.
So setzt der Dommusikverein Linz beim Symposium 1824 – 1924 – 2024 am 27. April ab 13.30 Uhr Anton Bruckner und die Neogotik in Architektur, Musik und Geschichte erstmals in Beziehung. Um 19.00 Uhr findet an diesem Tag im Mariendom mit dem Konzert Bruckner-Resonanzen eine musikalisch-poetische Annäherung an den Komponisten statt, bei dem Werke von Anton Bruckner, Johann Nepomuk David und Wolfgang Kreuzhuber präsentiert werden. Nähere Infos zu Symposium und Konzert ...
Die Kompositionswerkstatt: Komponieren in HIMMLISCHER Höhe — ein Projekt der OÖ KulturEXPO Anton Bruckner 2024 — bietet sieben jungen Komponierenden Raum für spannende Klangexperimente in Annährung an Anton Bruckner. Nach einem Workshop mit Reflexionsgesprächen und Diskussionen können die Komponierenden auch in der Einsamkeit der Eremitenstube des Mariendoms in 68 Meter Höhe an ihren Werken arbeiten. Die Uraufführung findet am 17. Oktober mit dem Vokalensemble Cantando Admont statt. Alle Infos finden Sie hier.
Eine Besonderheit erwartet die Besucherinnen und Besucher im Rahmen der Eröffnung des heurigen Ars Electronica Festivals am 4. September. „BruQner“ gehört weltweit zu den ersten Versuchen, mit echten Quanteneffekten künstlerisch zu arbeiten. Markante Passagen aus Bruckners Werk werden dabei auf neue Weise hörbar gemacht.
Das gesamte Programmangebot im Jubiläumsjahr mit allen Informationen findet sich auf www.100jahremariendom.at.
Neues Domcenter als Willkommens- und Begegnungsort
Ab Ende April werden die Besucherinnen und Besucher des Mariendoms im neuen Domcenter willkommen geheißen. Dieses öffnet sich mit viel Raum und Glas ebenerdig und barrierefrei zur Stadt und ist als Informationsdrehscheibe eine wichtige Anlaufstelle für Besucherinnen und Besucher. Es dient als Treffpunkt für Domführungen, als Kartenverkaufsstelle und als Empfangsbereich für Veranstaltungen im Dom und am Domplatz. Innerstädtisch gelegen und leicht erreichbar ist das Domcenter ein Ort der Begegnung, der auch zum Verweilen einlädt und wo man unter anderem Kaffee aus der Bio-Kaffeerösterei Kurt Traxl sowie Torten und Mehlspeisen genießen kann. Das Domcenter ist ab Ende April täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet.
Den Mariendom virtuell erleben
Das Domcenter ist Ausgangspunkt für einen neuen Rundgang mit multimedialen Vermittlungsstationen. Dieser ermöglicht – über die Turmkapelle Ost und Turmhalle hinein in den Kirchenraum – spannende Einblicke in und neue Perspektiven auf die Besonderheiten des Doms und ausgewählte Objekte des Kunstschatzes. Der Mariendom und seine Geschichten werden neu erzählt und über vielfältige Sinneserfahrungen erlebbar. Die spirituellen, die kunst- und kulturhistorischen sowie auch die architektonischen Dimensionen werden neu zugänglich gemacht. Im neuen Ausstellungsraum in der Turmkapelle können in virtuellen Vitrinen besondere Objekte wie der berühmte Blümelhuber-Schlüssel betrachtet und erforscht werden. Ein digitales Lexikon in der Turmhalle macht es möglich, Schätze wie die wertvolle Statz-Monstranz oder den kunstvoll gestalteten Rudigierstab interaktiv mittels Postkarten genauer zu betrachten und weiterführende Informationen einzublenden. Auch eine Auswahl des umfangreichen Planarchivs wird den Besucherinnen und Besuchern erstmals digital zugänglich gemacht. Hochauflösende Scans ausgewählter Objekte ermöglichen einen detailreichen Blick auf jene Baupläne, die in den Planschränken des Archivs schlummern.
An weiteren Vermittlungsstationen im Lang- und Querschiff des Doms können die Gemäldefenster und die Baubestandteile des Mariendoms aus neuen und ungewöhnlichen Perspektiven in den Blick genommen werden. Die Geschichten, die diese Kunstwerke erzählen, werden durch digitale Erweiterungen sichtbar gemacht.
Die Grundlage für diese weiterentwickelte und zeitgemäße Form der Kunst- und Kulturvermittlung bildet ein innovatives und den hohen qualitativen Anforderungen, die das neugotische Bauwerk und seine detailreiche Ausstattung mit sich bringen, entsprechendes Digitalisierungskonzept. Dieses wird in Kooperation mit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, dem Ars Electronica Center und dem Bundesdenkmalamt umgesetzt. Dazu wurden insgesamt mehr als 3.000 Objekte, darunter historische Originaldokumente, wie beispielsweise Pläne von Dombaumeister Vincenz Statz aus dem Jahr 1866, aber auch Kunstgegenstände, Gemäldefenster und Mosaike sorgsam gesichtet, kategorisiert, mit Hilfe von Metadaten in eine Datenbank katalogisiert und mittels Hightech-Scanverfahren bildgebend verarbeitet.
Der Mariendom als „Gestalt gewordener Glaube vergangener Generationen und identitätsstiftend für die Kirche in Oberösterreich“
Bischof Manfred Scheuer über 100 Jahre Mariendom
„Vor einhundert Jahren, am 29. April 1924, wurde der Mariendom nach 62-jähriger Bauzeit eingeweiht. ‚Fertig‘ war er deswegen noch lange nicht und wird er auch nie sein: Der Mariendom ist ein lebendiges Bauwerk, das laufend in Stand gehalten, aber auch gestaltet werden will. Der Mariendom beeindruckt durch seine Dimensionen, durch seine architektonische Schönheit und seine besondere Atmosphäre. In einer Zeit der Veränderung und der Umbrüche und mitten im Getriebe der Großstadt vermittelt der Mariendom Beständigkeit, Verlässlichkeit und Stabilität. Gleichzeitig weist der in den Himmel ragende Turm über uns hinaus, auf etwas Größeres hin. Ich betrete den Mariendom (fast) immer von hinten, vom Turmeingang her: Da hat er etwas Einladendes, Großzügiges, ja Überwältigendes. Als prozessionsartig ausgerichteter Raum vermittelt er das Unterwegssein, das Pilgerdasein des Menschen und der Kirche mit einer klaren Orientierung nach vorne und nach oben.
Der Mariendom ist Heimat für die Gläubigen der Dompfarre und identitätsstiftend für die Kirche in Oberösterreich, er ist Ruheort für Suchende und Rastlose, ein Ort des Gebets und der Sammlung, eine beeindruckende Sehenswürdigkeit für Touristinnen und Touristen, eine einzigartige Kulisse für Konzertbesucherinnen und -besucher und Musizierende auf dem Domplatz. Ich habe das Gefühl, dass der Dom gerade in den letzten Jahrzehnten mehr und mehr in den Herzen der Menschen angekommen ist. Der Dom bewegt die Menschen auf vielen Ebenen.
Im Mariendom verweben sich die Lebensgeschichten von Menschen mit ihrer Beziehung zum Transzendenten, zu Gott. In ihm ist auch die Geschichte des Landes Oberösterreich mit Krieg und Frieden, mit Heil und Unheil, mit allen Veränderungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik hineinverflochten. Kirchenbauten wie der Mariendom sind Gestalt gewordener Glaube vergangener Generationen. Sie vermitteln allein durch ihre bauliche Präsenz ein stilles Wissen aus Erfahrungen und Zukunftshoffnungen und faszinieren Jung und Alt, Gläubige und Nichtgläubige.
Viele entdecken den Dom aufgrund seiner spirituellen Dimension neu als einen Ort der Zuflucht, als ein ‚Obdach für die Seele‘ für alle, die auf der Suche nach einem zweckfreien Platz ohne Konsumzwang sind. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann der Dom als Mittelpunkt von Stadt und Land verstanden werden und positiven Einfluss nehmen auf das Leben der Gesamtbevölkerung wie auch auf das Leben der christlichen Gemeinschaft in der Diözese Linz.“
Alle Informationen zu den Veranstaltungen und Angeboten im Jubiläumsjahr:
Zum Download:
Foto_01 / © Diözese Linz Johannes Kienberger
von links: Bischof Dr. Manfred Scheuer, Mag.a Martina Resch, Bischofsvikar Dr. Johann Hintermaier, Mag.a Karin Imlinger-Bauer
Foto_02 / © FlightKinetic Portugal
Der Mariendom, die größte Kirche Österreichs, prägt das Linzer Stadtbild
Foto_03 / © Franz Wurzinger
Mit einem vielfältigen Programm aus Musik, Kunst und Performance feiert die katholische Kirche 100 Jahre Mariendom.
Rendering © Peter Haimerl Architektur
Das neue Domcenter als Begegnungs- und Willkommensraum eröffnet Ende April.