War Maria eine Feministin?
Die Figur der Maria ist nicht nur die wichtigste Frau in der biblischen Erzählung, sie ist auch belegt mit vielen Vorstellungen, wie Frauen zu sein haben. „Für mich ist sie auch eine geflüchtete Frau mit Kopftuch“, sagt Abena Carty-Pinner, Gemeinderätin (Die Grünen) in Linz. Außerdem eigne sich ihre Geschichte gut, um über Feminismus und Frauenbilder zu sprechen. Diese Möglichkeit gibt’s am 14. November auf der DonnaStage im Mariendom.
Wenn sie an die biblische Figur der Maria denkt, verknüpft Abena Carty-Pinner diese mit einem sehr traditionellen Frauenbild. „Es ist die reine, aufopfernde, immer gebende, bedingungslos liebende Frau – eine Heilige“, sagt sie. Das sei keine Inspiration für sie, aber etwas, was die Gesellschaft wieder mehr verlange. Die Politikerin sieht eine Rückkehr zu tradierten Rollenbildern, die sich bis in die TikTok-Kanäle ausbreitet. „Hier feiern sich junge Frauen als Hausfrauen und versuchen andere zu dieser Lebensweise zu animieren“, sagt sie und sieht das als Begleiterscheinung eines Rechtsrucks in der Gesellschaft. Ihr Wunsch: Frauen sollen selbst entscheiden können, wie sie leben möchten.
Maria als Vorbild
Die Figur der Maria hat viele Gesichter. Theologinnen halten sie für eine Prophetin, für die Vertreterin ihres Volkes, für eine solidarische und kämpferische Anhängerin der Jesusbewegung. Diese Zuschreibungen sind für Abena Carty-Pinner neu. „Wenn man sie aber als eine geflüchtete Frau mit Kopftuch sieht, die in der christlichen Gesellschaft verehrt wird, könnte das doch vorbildhaft sein“, sagt die derzeit karenzierte Frauenbeauftragte der Stadt Linz. Stattdessen haben migrantische Frauen aktuell oft Angst um ihre Sicherheit. Wenn man über Frauenleben 2024 spricht, müsse man auch über Gewalt und Femizide sprechen.
Luisa, nicht Maria
Gewalt-Beratung, die Unterstützung von Frauen und die Sensibilisierung der Gesellschaft, was Rollenbilder angeht, sind auch wichtige Themen der Frauenpolitik in Linz. „Luisa ist da“ heißt die neue Kampagne für Mädchen und Frauen gegen sexuelle Belästigung und Gewalt. „Luisa ist also das Codewort, wenn man sich aus einer unangenehmen Situation in einem Lokal oder anderswo befreien möchte. Dazu werden Mitarbeiter:innen im Magistrat und als nächster Schritt auch Kellner:innen geschult“, erklärt Abena Carty-Pinner.
Doch eine Maria
Der Begriff Feminismus ist häufig negativ besetzt. Deshalb müsse man darüber sprechen, was eine feministische Haltung für jede Einzelne heißt. Für Carty-Pinner bedeutet Feminismus, dass jede Person zu der reifen kann, die sie ist, und ihr volles Potenzial ausschöpfen kann – unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Religion. „Man muss sich das auch immer im Kontext der Zeit anschauen, kann sein, dass auch Maria feministisch war“, räumt die Politikerin ein. Sie ist heuer selbst Mutter geworden und ihre kleine Tochter heißt mit zweitem Namen Maria! Ein Zugeständnis? „Nein, das hat mit meiner Oma zu tun, die auf jeden Fall eine Feministin war – und damit eine große Inspiration für mich.“
Veranstaltung der Reihe DonnaStage im Mariendom:
Zum Thema „Maria – Inspiration für Frauenrollen heute“, diskutieren am 14. November 2024 um 19.00 Uhr im Domcenter Gemeinderätin Abena Carty-Pinner und Mirja Kutzer, Professorin für Systematische Theologie an der Universität Kassel.