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Seit Freitag, 4. Oktober 2024, zieht im Kunstraum in der Turmkapelle ein gläserner, in einer Höhe von 3,5 Meter im Raum schwebender Schriftzug in leuchtendem Neon-Pink die Aufmerksamkeit der Besucher*innen auf sich.
Das vom Schlussstein des Gewölbes hängende Lichtobjekt taucht den Raum in farbintensives Licht und schafft einen in der Gegenwart verankerten Blickpunkt im historischen Sakralraum. Die Positionierung des Objektes regt die Besucher*innen an, sich durch den Raum zu bewegen. Der Text erschließt sich unter dem Schriftkörper stehend, mit Blick nach oben: in schwungvoller Handschrift ragt der Schriftzug „werden“ als leuchtendes Statement diagonal durch den Raum.
Die Höhen und Tiefen der Serifen der Buchstaben – die Künstlerin hat dafür ihre eigene Handschrift eingesetzt – stehen im Gegensatz zur Strenge und Symmetrie des neugotischen Raums und schaffen zusammen mit dem Neonlicht eine neue Raumerfahrung. Die Handschrift bringt als scheinbar flüchtige Notiz eine menschliche Dimension in den Raum. Das Werk steht – wie ein großer Teil des Schaffens von Judith Huemer – in Verbindung mit Autobiografischem und entstand während ihrer Schwangerschaft. Das Lichtobjekt bezieht sich auf das philosophische Verständnis von Gilles Deleuze und Claire Parnet, die dem „werden“ eine besondere Bedeutung zuschreiben: „werden, das ist niemals nachahmen, auch nicht, es einem Modell gleichtun oder sich ihm angleichen. (Dialoge, Gilles Deleuze/Claire Parnet, edition suhrkamp, 1980, S. 10)“
„Das Schriftobjekt und der Begriff erscheinen mir im aktuellen Ausstellungskontext als ein äußerst treffender Impuls, um familiäre Strukturen, Beziehungsgeflechte sowie Dynamiken innerhalb Gruppen- und Gemeinschaftskonstellationen neu zu denken. Es ermöglicht eine Dekonstruktion etablierter Muster und bietet die Chance, starre Denkstrukturen aufzubrechen, über das werden in Bewegung zu kommen und einen kreativen und offenen Prozess in Gang zu setzen“, so die Künstlerin.
In ihrer künstlerischen Praxis begegnet Judith Huemer Orten und Räumen auf unkonventionelle Weise. Sie hinterfragt Rollenzuschreibungen und kollektive Vereinnahmungen. Ihr Werk umfasst Installationen und Interventionen, Videos, Fotografien und Performances mit partizipatorischem Ansatz. Markant sind ihre farbintensiven Ausdrucksformen. In Judith Huemers Arbeiten erfahren alltägliche Beobachtungen und Materialien eine künstlerische Umdeutung, die existenzielle oder gesellschaftliche Reibungen reflektiert.
Über Judith Huemer
Judith Huemer wurde 1969 in Schärding geboren und studierte an der Akademie der bildenden Künste sowie an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Sie arbeitet als Künstlerin und Professorin an der Akademie der bildenden Künste Wien und leitet dort den Fachbereich Kunst und Intervention/Environment. Ihre Werke sind in öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten, unter anderem im Dommuseum Wien, im Salzburg Museum, in der Fotosammlung des Bundes, im MdM Museum der Moderne Salzburg, in der Österreichische Galerie im Belvedere Wien, in der Kunstsammlung Land OÖ, im Museum für Gegenwartskunst Benediktinerstift Admont oder auch im Lentos Kunstmuseum Linz.
Nähere Infos: www.judithhuemer.net
Judith Huemer
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Neon-pink, Glas, Aluminium, Unikat, 75 x 345 cm, 2013/2024
4.10. bis 29.10.2024, Kunstraum Mariendom
Die Installation von Judith Huemer ist bis 29. Oktober 2024 im Kunstraum des Mariendoms (Tumkapelle West) zu sehen.
Eine Kooperation mit Welt der Frauen.