Kulturhauptstadt Salzkammergut Bad Ischl 2024: Eröffnung mit kirchlichen Akzenten
Festgottesdienst mit Bischof Hermann Glettler: Kirche und Kunst als Geschwister
Bei strahlendem Sonnenschein und klirrender Kälte versammelten sich Mitfeiernde aus allen beteiligten Pfarrgemeinden der Kulturhauptstadt“region“ Salzkammergut 2024, um mit „Kunst-Bischof“ Hermann Glettler am Sonntag, 21. Jänner 2024 einen Festgottesdienst in Bad Ischl zu feiern. Aus allen Gemeinden wurde Wasser aus besonderen Quellen, Flüssen oder Bächen gebracht und im Taufbecken gesammelt. Bischof Hermann Glettler segnete die Mitfeiernden mit dem geweihten Wasser. Die Kulturhauptstadt-Region umfasst Gemeinden der Dekanate Pettenbach, Gmunden, Bad Ischl und Schörfling sowie die Gemeinden des steirischen Ausseerlandes. In diesem pfarr-, dekanats- und auch diözesanübergreifenden Fest brachten alle Dekanate selbstgemachtes Brot mit besonderen Bitten für ihre jeweilige Region zum Altar.
In seiner Predigt betonte Bischof Glettler die Verbindungen zwischen Kirche und Kultur: „Glaube und Kultur, Kirche und Kunst sind Geschwister“, sagte der Innsbrucker Bischof. Es sei erfreulich, dass die Kirche sich in die Gestaltung des Programms vielfältig eingebracht habe, so Glettler, der innerhalb der Österreichischen Bischofskonferenz für den Bereich Kunst und Kultur zuständig ist. Die Spannbreite geht von einem Audio-Kunstwerk in der Stadtpfarrkirche Bad Ischl über „Wasserpilgern“, speziellen Kirchenführungen und Konzerten bis hin zu einem Caritas-Kulturbuddy-Programm.
Auch wenn beide Lebensbereiche – Kultur und Glaube – „immer reformbedürftig bleiben, um sich nicht in Eigenwelten zu verlieren", so Glettler, verbinde sie letztlich der „Kampf gegen die Banalisierung des Lebens und gegen die Übergriffigkeit einer rein materialistischen Auffassung unseres Daseins“. Es gehe um eine gemeinsame Notwehr gegen den rein „technokratischen Zugriff auf unsere Welt“, so der Bischof mit Verweis auf Papst Franziskus, der stets einen sehr weiten Kulturbegriff verwende, etwa wenn er von einer „Kultur der Begegnung“ und einer „Kultur des Dialogs“ spreche. So biete das Programm der Kulturregion vieles, „was im Sinne der streitbaren Geschwisterlichkeit von Kunst und Kultur zu verstehen ist“, so der Bischof: Prophetische Zeitdiagnose mit einem Aufruf zur Umkehr, das Aufzeigen alternativer Lebensoptionen und ein breites, geistvolles Vernetzungsprogramm.
Die wunderbare Musik zu diesem Fest steuerten das HOLAtrio aus dem Ausseerland (mit Mitgliedern aus der Band „Die Seer“), der Organist Markus Höftberger sowie das Ensemble der Pfarre Bad Ischl unter der Leitung von Kirchenmusikerin Raminta Skurulskaite bei. Der Musiker Micha Sengschmid, gebürtiger Ebenseer, komponierte zu diesem Anlass ein besonderes Sanctus für Chor und Orgel.
Eröffnung Großer Welt-Raum-Weg
Am Sonntagnachmittag wurde unter regem Interesse der Große Welt-Raum-Weg des Künstlers Christoph Viscorsum eröffnet, ein Beitrag der Stadtpfarre Bad Ischl zu den kirchlichen Projekten zum Kulturhauptstadt-Jahr. Als mehrtägige Hör- und Wanderreise führt der Große Welt-Raum-Weg von der Privatheit des eigenen Badezimmers über die Pfarrkirche Bad Ischl und die Rettenbachalm bis in die Steinwüste des Toten Gebirges und zurück in den eigenen Alltag. Der auch im Winter zugängliche Teil steht ab sofort als besonderes Hörerlebnis zur Verfügung. Die Besucherinnen und Besucher erlebten an diesem Tag die Hörstation der Kirche. Danach präsentierte der Künstler den Weg der Produktion und sprach mit verschiedensten Interviewpartner:innen und Träger:innen dieses besonderen Projekts, unter ihnen die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann, die Philosophin Ariadne von Schirach, der Bergführer Christoph Hüttmair, Pfarrer Christian Öhler u. a.
https://grosser-welt-raum-weg.info/
Ein Eröffnungsreigen
Bereits an den Tagen zuvor läuteten die über 40 Kirchenglocken der Region als Antwort auf den Glögglwaggon des Künstlers Georg Nussbaumer. Ein Waggon, bestückt mit Glocken und Schellen, der am 19. Jänner 2024 von Attnang-Puchheim bis Steinach-Irdning durch die Region unterwegs war und so wunderschön in einer regionsübergreifenden Komposition mit den Kirchenglocken die Kulturhauptstadt einläutete. Viele Menschen erwarteten und begrüßten den Waggon entlang der Zugstrecke und in den Bahnhöfen.
Der Theologe Stefan Schlager erklärt und deutet dieses Festgeläut: https://www.dioezese-linz.at/institution/320501/aktuelles/article/255197.html
Bei Kirchenkonzerten war die Stadtpfarrkirche Bad Ischl bis zum letzten Platz gefüllt. Die neu sanierte Kaiser-Jubiläums-Orgel ertönte beim beeindruckenden Konzert der Ischler Kirchenmusikerin Raminta Skurulskaite mit der Schlagwerkerin Emma Frauenholz. Das Duo Ruut aus Estland bezauberte zu mitternächtlicher Stunde mit ihren Stimmen zu den Klängen einer Zitter.
30 kirchliche Initiativen - geöffnet und bewegt
Unter dem Motto "geöffnet und bewegt" gibt es insgesamt 30 kirchliche Projekte und Initiativen, die in Pfarren verortet sind und teils über Länder- und Diözesangrenzen hinweggehen, also das oberösterreichische und steirische Salzkammergut umfassen. Zudem gibt es überpfarrliche regionale Projekte sowie Kooperationen zwischen Pfarren und anderen Projektträgern wie Caritas oder Katholische Jugend aber auch Koperationen mit Kulturvereinen und Künstlerinnen und Künstlern. Die wertvollen kirchlichen Kulturräume sollen allen Interessierten offenstehen, erklärte Teresa Kaineder, seit 2020 Leiterin der kirchlichen Projekte für „Salzkammergut 2024“.
Die Kulturhauptstadt-Region umfasst 23 politische Gemeinden und 32 katholische Pfarrgemeinden, rund 20 Pfarren bringen sich aktiv ein. „Wir sind Kirche in der Welt, hier werden gesellschaftliche Fragen verhandelt – mit ein Grund, warum wir uns engagieren“, so Kaineder. Für Pfarren bringe das Kulturhauptstadt-Jahr zudem einen „Energieschub“ und neue Perspektiven. „Kultur ist Lebensausdruck von uns Menschen, Kunst kann über uns hinausweisen und neue Perspektiven eröffnen“, deshalb sei es kaum möglich, existenzielle Fragen ohne Bezugnahme auf Kunst und Kultur zu stellen.
Zu den kirchlichen Projekten zählt auch ein „Wasserpilger“-Weg mit fünf Etappen von Roitham am Traunfall bis Bad Aussee. Unter dem Titel „Über die Schwelle“ gestalten zudem namhafte Künstlerinnen und Künstler Positionen am Friedhof, Beinhaus und in der Kirche der Pfarre Hallstatt. In der Kirche von Bad Goisern werden eigens gestaltete Fenster an die dort verstorbenen KZ-Häftlinge erinnern, die beiden letztgenannten Projekte begleitet durch den Fachbereich Kunst und Kultur der Diözese Linz. Ferner wird sich auch das bekannte „Kirch'Klang Festival“ beteiligen. Im Zuge der „Langen Nacht der Kirchen“ am 7. Juni 2024 ist ein verstärktes Engagement in der Region geplant.
Das Angebot reicht weiter zu Konzerten und tollen Lesungen der Pfarrbibliothek Bad Ischl in Kooperation mit dem Literaturschiff, umfasst das Projekt Kulturbuddy, ein Freiwilligenprogramm zum Abbau von Hürden beim Kulturkonsum (RegionalCaritas) sowie ein wanderndes Angebot für Jugendliche (Open Up. Dieser Moment gehört dir) der Katholische Jugend Region Salzkammergut.
Teresa Kaineder leitet kirchliche Projekte im Kulturhauptstadtjahr
Teresa Kaineder ist die Verantwortliche für kirchliche Projekte und Initiativen im Rahmen der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024. Kaineder ist mit dem Eröffnungswochenende sehr zufrieden: „Im Rückblick war es ein unglaublich dichtes und wunderbares Wochenende! Nach langer Vorbereitungs- und Aufwärmzeit waren die letzten Tage ein schöner und berührender Start in ein besonderes Jahr. Die kirchlichen Akzente und Kooperationen an diesem Wochenende sind in ihren Ideen voll aufgegangen und waren geprägt von einer hohen Beteiligung der unterschiedlichen Pfarrgemeinden, angefangen vom Läuten der über 40 Kirchenglocken in der Region mit dem ‚Glögglwaggon‘ bis hin zur dekanats- und sogar diözesanübergreifenden Gottesdienstfeier mit Bischof Hermann Glettler.“