Der Himmel weint Frieden
Das Friedensdenkmal besteht aus drei Teilen: dem Weg, der Taubenskulptur und der Wandgestaltung. Werner Reiterer bezieht bereits den Weg entlang der zentralen Achse durch den Friedhof zum Friedensdenkmal in die Gestaltung mit ein.
Bei Regen, und nur dann, wird auf diesem Weg der Satz DER HIMMEL WEINT FRIEDEN sichtbar, der zugleich Projekttitel ist. Im übertragenen Sinne wird so der Weg - das Aufeinander Zugehen - als Voraussetzung, um Frieden zu schließen oder zu erhalten unmittelbar erfahrbar.
Am Endpunkt der zentralen Achse steht eine Taube in fast menschlicher Größe. Die weiße Taube - universelles Sinnbild des Friedens und im Christentum Symbol des Heiligen Geistes als Mittler zwischen Himmel und Erde – trägt eine Beinprothese. Das vertraute Motiv erzeugt so einen Moment der Irritation. Die Prothese verweist auf die Fragilität des Friedens. Zugleich wird dadurch die Beeinträchtigung und Versehrtheit, das Nicht-Perfekte sichtbar.
Die Taube steht vor der Rundung der Friedhofsmauer, die Werner Reiterer in Anlehnung an das Deckenfresko Giottos in der Arenakapelle in Padua (1304-1306) in Ultramarinblau mit leuchtend gelben Sternen bemalt hat. Das Motiv des Himmels ist zentraler Teil der Gestaltung. Drei Sterne sind durch ihre Größe hervorgehoben. Sie bilden einerseits Brücken zum, 1954 errichteten Kriegerdenkmal und benennen andererseits die Felder der Gewalt und des Leids, die letztlich dem Frieden vorausgehen. Ein Stern enthält den Satz, der auch bei Regen auf dem Weg zu lesen ist: DER HIMMEL WEINT FRIEDEN. Ein zweiter Stern trägt die Inschrift: ZUM GEDENKEN AN DIE IM KZ 1938-1945 ERMORDETEN. Der dritte Stern ist DEN OPFERN, DEN TOTEN UND DEN VERMISSTEN DER BEIDEN WELTKRIEGE 1914-1918 UND 1939-1945 gewidmet.
Die Entscheidung für das Friedensmahnmal von Werner Reiterer fiel im Rahmen eines geladenen Wettbewerbes des Fachbereichs Kunst und Kultur der Diözese Linz gemeinsam mit der Vertretung der Stadtgemeinde und der Pfarre Laakirchen.
Die von Werner Reiterer verwendeten Motive und Symbole sind der christlichen Bildsprache entlehnt und mit aktuellen Bezügen verknüpft. Nach einem ersten Moment der Irritation soll das Friedensdenkmal am Friedhof - als Ort der Besinnung und des Friedens - ein Denkanstoß im positivsten Sinne für alle Generationen sein.
Werner Reiterer, geboren 1964 in Graz (Steiermark), lebt in Wien. Er zählt zu den renommiertesten Künstlern Österreichs. International bekannt wurde Werner Reiterer vor allem durch seine ortsspezifischen Arbeiten im öffentlichen Raum. Seine Kunstwerke sind intellektuell präzise durchdacht, inspirierend und schaffen in der unmittelbaren Begegnung tiefe Erfahrungsmomente.
www.wernerreiterer.com
Frieden ist ein hohes, ein sehr hohes Gut.
Die Europäische Gemeinschaft wurde - neben anderen, auch wirtschaftlichen Interessen – vor allem als großes Friedensprojekt geschaffen. Es gab in der Geschichte Europas bisher keine längere Zeitspanne (das zerfallende ehemalige Jugoslawien zählte damals nicht zur EU), in der wir durchgehend über einen Zeitraum von nunmehr fast 80 Jahren miteinander in Frieden leben dürfen. Das neue Friedensdenkmal von Werner Reiterer erinnert daran, dass Frieden immer in Gefahr ist, verletzbar, besonders dort wo Eigeninteressen einzelner sich vor Allgemeininteressen drängen. Das neue Friedensdenkmal möchte in gewisser Weise provozieren, mich herausfordern zur Auseinandersetzung mit dem hohen Gut des Friedens. Für dieses Gut muss man ständig aktiv arbeiten. Frieden ist ein äußerst vielschichtiges Thema, welches wesentlich auch soziale Gerechtigkeit miteinschließt.
Ein heiliger Raum
Der Künstler will mit dem Sternenhimmel im Hintergrund (Friedhofsmauer) einen fühlbaren Raum der Andacht schaffen. Aus dem Sternenhimmel ragen drei größere Sterne heraus. Auf einem dieser Sterne kann man die Inschrift DER HIMMEL WEINT FRIEDEN lesen. Ein zweiter Stern weist auf die Opfer des 1. und 2. Weltkrieges hin und ein dritter Stern auf jene der im Konzentrationslager Ermordeten. Ein schöner Gedanke: sie finden auf dem Friedhof ihren letzten Frieden - in unmittelbarer Nähe der Ehrengräber, ein Ort, der ihnen gebührt und ihrer würdig ist.
Die Flüchtigkeit von Frieden
Der Hauptweg wird vom Künstler mit einer sogenannten Hydrophobierungsflüssigkeit bearbeitet. Diese Flüssigkeit isoliert an den behandelten Stellen
den Boden gegen das Eindringen von Wasser. Das hat zur Folge, dass sich diese Stellen bei Regen von den nassen, dunkleren im Umfeld abheben und zum Vorschein kommt der Text DER HIMMEL WEINT FRIEDEN. Nach Auftrocknung wird der Text wieder unsichtbar. Das Bild vom Sehen des Textes bleibt in der Erinnerung und im Bewusstsein des Menschen und wird zum Gesprächsstoff über die Flüchtigkeit von Frieden. Der Text DER HIMMEL WEINT FRIEDEN lässt uns daran denken, wie sehr selbst der Himmel traurig ist, wenn der Frieden abhandenkommt -im Großen wie im Kleinen. Denn auch in einer Gemeinde, Gruppe, Familie ist Frieden eines der höchsten Güter, welches für das Wohl von Menschen entscheidend ist.
Einmal werden wir ganz im Frieden sein
In unserer vorläufigen Welt und Zeit kann uns das Gut des Friedens abhandenkommen. Umso mehr dürfen wir uns über dieses höchste Gut freuen und es wertschätzen, wenn es unter uns zugegen ist. Bei der Liturgie eines verstorbenen Menschen ist das letzte Wort, das am Grab über den Verstorbenen gesprochen wird: Herr, lass ihn/sie ruhen in Frieden. Einmal werden wir nach Gottes Willen, ganz in Frieden sein - mitsamt all unseren Verletzungen und Verwundungen.