Idee
Die Idee der Heiligen Jahre (annus sanctus) – auch Jubeljahre (annus iubilaeus) – geht auf Papst Bonifatius VIII. (um 1235–1303) zurück, der für 1300 ein – zunächst nur für Römer:innen gedachtes – Pilgerjahr ausrief: Auch wenn in der Einberufungsbulle Antiquorum habet fida relatio (Ein glaubwürdiger Bericht der Alten) vom 22. Februar 1300 noch nicht der Begriff Heiliges Jahr verwendet wurde – hier liegt dokumentarisch der Ursprung der Heiligen Jahre. Mit dieser Idee grief Papst Bonifatius VIII. auf das biblische Vorbild des Jobeljahres oder auch Erlassjahres aus dem Alten Testament (3. Mose 25) zurück: „Erklärt dieses fünfzigste Jahr für heilig und ruft Freiheit für alle Bewohner des Landes aus!“ (Lev 25,10) – Gemäß diesem Gebot der Tora sollte nach siebenmal sieben Jahren im fünfzigsten Jahr ein Jobeljahr gefeiert werden, in dem die Israeliten verpflichtet waren, durch Entschuldung und Freilassung von in Leibeigenschaft geratenen Israeliten die Gleichheit zwischen allen Angehörigen des Volkes Israel wiederherzustellen. Der Begriff geht dabei auf das hebräische Wort jôbêl für den Widder zurück. Denn die Hörner des Widders wurden für das Blasinstrument Schofar, eine Lärmposaune, verwendet, mit dem bei der Eröffnungsfeier eines Jobeljahres zu Jom Kippur geblasen wurde.
Der Rhythmus der Heiligen Jahre war dabei zunächst Schwankungen unterworfen: Papst Bonifatius VIII. setzte zunächst hundert Jahre fest, es folgte durch Papst Clemens VI. (um 1290–1352) mit der Bulle Unigenitus Dei filius (Der eingeborene Sohn Gottes) vom 27. Januar 1343 eine Änderung auf fünfzig (mit Bezug auf das biblische Jobeljahr) und durch Papst Urban VI. mit der Bulle Salvator noster (Unser Retter) vom 8. April 1389 auf dreiunddreißig Jahre (in Anknüpfung an das Sterbealter Jesu). Papst Paul II. (1417–1471) legte mit der Bulle Ineffabilis Providentia (Unaussprechliche Vorsehung) vom 19. April 1470 schließlich den heute gültigen Rhythmus von 25 Jahren fest. Auf historischen Hintergrund bezieht sich auch die heute noch bekannte Redewendung „Alle Jubeljahre einmal ...“.
Neben diesen ordentlichen Heiligen Jahren besteht für Päpste auch die Möglichkeit, außerordentliche Heilige Jahre auszurufen. Zuletzt war dies im Jahr 2015/2016 der Fall, als Papst Franziskus mit der Bulle Misericordiae vultus (Antlitz der Barmherzigkeit) vom 11. April 2015 das Heilige Jahr der Barmherzigkeit ankündigte.
Das Heilige Jahr ist von seiner Grundidee ein Jahr der Versöhnung, der Stärkung und der Vertiefung des Glaubens sowie ein Jahr zur Ermutigung zu einem Leben im Einklang mit christlichen Werten.