Tanz der Gedanken
Von einem chassidischen Rabbi geht die Rede, er habe seine Studierenden einmal sehr lange warten lassen. Während sie warteten, diskutierten sie miteinander über die Fragen, die sie ihm stellen wollten.
Als der Rabbi endlich eingetreten war, gebot er Schweigen, stellte sich hin und begann langsam eine Melodie zu summen. Er wiegte den Körper hin und her und begann schließlich zu tanzen. Dann streckte er seine Hände aus, fasste die Umstehenden und zog sie in seinen Tanz. Der Tanz wurde immer inniger und bewegter.
Als sie erschöpft, aber glücklich und voller Harmonie das Tanzen beendet hatten, wusste keiner, wie lange sie wohl getanzt hätten.
Und der Rabbi sagte die einzigen Worte bei dieser Zusammenkunft: „Nun habe ich wohl alle eure Fragen beantwortet, ihr könnt gehen.“
„Man muss jeden Tag tanzen, und wäre es nur im Gedanken“, sagt ein anderer Rabbi.
Aus dem Buch Exodus:
„Die Prophetin Miriam, die Schwester Aarons nahm eine Pauke in die Hand und alle zogen mit Paukenschlag und Tanz hinter ihr her.“
Chassidische Geschichten aus: Gaisbauer, Hubert, Tanz der Gedanken. Begegnungen von Glauben und Kunst, Poesie und Erinnerung, Wien-Graz-Klagenfurt 2007.