Aufgabenbereich der Gefängnisseelsorge
1. Unser Auftrag im Gefängnis
Im Gefängnis, einem System von Sicherheit und Ordnung, von Befehl und Gehorsam, von Schuld und Strafe wollen wir den Gefangenen Beistand leisten. Oft sind es die Abgelehnten, die Schwierigen, die sogenannten Querulanten, die besonders das Verständnis und die Begleitung der Seelsorge brauchen. Unsere Arbeit ist ein Dienst gegen Einsamkeit und Isolation.
Grundvoraussetzung dafür ist die seelsorgliche Verschwiegenheit. In der Begegnung mit den Gefangenen wird ein Freiraum geboten, der Offenheit und Ehrlichkeit ermöglicht. Alle Facetten menschlicher Erfahrungen können ”folgenlos” zur Sprache kommen.
Nicht zu trösten sind wir vorerst da, sondern die Verzweiflung und Trostlosigkeit der hilfesuchenden Gefangenen im seelsorglichen Gespräch zuzulassen. Trotz ihrer sehr schwierigen und einengenden Lebenssituationen sollen Gefangene Ja zu ihrem Leben sagen und ihr Leben wieder als sinnvoll erfahren können. Wir wollen die Gefangenen ermutigen, ihr Leben nach ihren eigenen Möglichkeiten selbst in die Hand zu nehmen.
Dieser Prozess der Selbstfindung wird auch in sakramentalen Feiern und religiösen Riten zur Sprache gebracht und vor Gott hingetragen (und damit die Befreiung vorweggenommen).
2. Unser Auftrag außerhalb des Gefängnisses
a) Kontakte zu Angehörigen und Kooperation mit sozialen Einrichtungen
Die tragfähigen Bindungen und Kontakte der Gefangenen, insbesondere zu Familie, Freunden und Freundinnen, sollen bewahrt und gestärkt werden. Die sozialen Probleme der Inhaftierten nach ihrer Entlassung sind vielfältig und bedrängend. Wir versuchen gemeinsam mit den Betroffenen und in Kooperation mit sozialen Einrichtungen Lösungen zu erarbeiten und gemeinsam umzusetzen.
b) Bewusstseinsbildung in Kirche und Gesellschaft
- Wir wollen Bewusstseinsbildung dahingehend leisten, dass Gefängnisseelsorge nicht nur Aufgabe der Gefängnisseelsorger:innen ist, sondern die Gesamtkirche in Oberösterreich und deren Mitglieder betrifft.
- Wir nehmen das Anwachsen der Zahl multiethnischer Inhaftierter während der letzten Jahre wahr und setzen uns dafür ein, dass die Verantwortlichen die speziellen kulturellen und religiösen Bedürfnisse ausländischer Staatsangehöriger in den Gefängnissen berücksichtigen.
- Wir setzen uns dafür ein, den in unserer Gesellschaft und Kirche vielfach anzutreffenden Sündenbockmechanismus aufzudecken und diesem entgegen zu wirken. Mittels gezielter Öffentlichkeitsarbeit wollen wir gesellschaftliche Vorurteile gegenüber Randgruppen thematisieren und zum Abbau von Ängsten beitragen.
- Wir sehen unsere Aufgabe auch darin, an Alternativen zur Freiheitsstrafe mitzuarbeiten. Wir unterstützen den außergerichtlichen Tatausgleich für Jugendliche ebenso wie für Erwachsene als erfolgreiche und innovative Versöhnungsmodelle.