„Das Gefühl der Geborgenheit in Gott ...“
Meiner Meinung nach ist es für jede Organisation, egal, in welchem Bereich sie tätig ist, wichtig, männliche und weibliche Perspektiven zu integrieren. Das gilt für mich auch für die Kirche. Je diverser die Menschen sind, die hier arbeiten, umso leichter ist es uns möglich, die Menschen wahrzunehmen, für die wir arbeiten, umso näher bei den Menschen können wir sein.
Als Frau ist es mir besonders wichtig, dafür einzutreten, dass Frauen mit ihren Anliegen, mit ihren Sichtweisen und mit ihren Ressourcen ernst und wahrgenommen werden. In der Sozialarbeit erleben wir immer wieder, dass es für Frauen gerade im Wohnungslosenbereich sehr schwierig ist, über die Runden zu kommen, dass viele Frauen in prekären Wohnverhältnissen leben und finanziell mangelhaft abgesichert sind. Das Thema Frauen und Kirche ist ein durchaus spannendes – so gibt es zum Beispiel in der Caritas viele Frauen in Führungspositionen und ich hoffe, dass wir als Organisation hier eine Vorbildwirkung für andere kirchliche Bereiche werden können.
In der Gesellschaft sehe ich die größte Herausforderung aktuell darin, dass die Solidarität, der Zusammenhalt untereinander abnimmt. Wohnungslose Menschen, BettlerInnen, aber auch zum Beispiel Menschen mit Beeinträchtigungen lösen teilweise Angst aus, führen zu Verunsicherung und damit zu einem Wegschauen. Dieses Wegschauen ist manchmal auch verbunden mit dem Wunsch, nicht mit diesen Menschen konfrontiert zu sein, nicht sehen zu müssen, dass es Personen gibt, denen es nicht so gut geht. Und das ist gerade für mich im Wohnungslosenbereich spürbar.
Im Alltag ist es nicht immer leicht, in Verbindung mit der eigenen Spiritualität zu bleiben. Ich ziehe meine Kraft aus kleinen Dingen – so steht bei mir am Schreibtisch ein „Hl. Elisabeth-Schutzöl“, ein Duftöl, das eine liebe Kollegin für mich kreiert hat. Durch den Advent hat mich ein Adventkalender namens „Wo bleibst Du Trost?“ von Paul Weismantel begleitet. Und ich versuche, jeden Tag Danke zu sagen – für die Dinge, die ich habe und die so vielen meiner KlientInnen fehlen – FreundInnen, Familie, Wohnung, warmes Essen,... All das gibt mir das Gefühl der Geborgenheit in Gott und auch die Kraft und den Mut, weiter an meiner Kirche mitzuarbeiten und mitzugestalten.
Zur Person:
Mag.a (FH) Michaela Haunold ist Leiterin der Caritas-Sozialberatungsstellen.