„Kirche hat bei uns immer schon eine Rolle gespielt ...“
Warum ich mich als Frau in der Katholischen Kirche in Oberösterreich engagiere und einbringe ...
Kirche hat bei uns in der Familie immer schon eine Rolle gespielt: Mein Vater ist Lektor, meine Mutter singt im Kirchenchor, meine Schwestern und ich waren Ministrantinnen, wir waren bei der Jungschar dabei, etc. Als wir älter wurden, haben wir den Bezug zur Kirche dann zwischenzeitlich ein bisschen verloren. Bis ich gefragt wurde, ob ich gerne als Jugendleiterin für die KJ Gruppe in Schönau tätig sein möchte. Das war 2009. Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Ahnung von KJ, war aber neugierig und wollte es gerne probieren. Diese Entscheidung hat mein Leben nachhaltig geprägt: Ich war 10 Jahre lang ehrenamtliche Jugendleiterin der Katholischen Jugend Schönau, habe dabei meine Freunde fürs Leben gefunden, Talente an mir entdeckt, mich selber besser kennengelernt, Werte entwickelt, die mir wichtig sind und gemerkt, wie viel Freude mir das Begleiten von jungen Menschen macht. Es gibt kein schöneres Geschenk, als eine Bezugsperson für junge Menschen zu sein, jemand zu sein, dem sie sich anvertrauen, bei dem sie sich willkommen fühlen, ihnen Werte zu vermitteln und ein Stück ihres Lebensweges aktiv mitzugestalten. Diese Zeit prägt mich nach wie vor und hat mich 2014 auch beruflich zur Katholischen Jugend gebracht.
Warum ich mich also in der Katholischen Kirche in Oberösterreich engagiere: Weil ich in der Katholischen Jugend eine zweite Heimat gefunden habe, weil sie mir eine Lebensschule war und nach wie vor ist, weil ich Gemeinschaft erleben darf, weil ich mich willkommen und zuhause fühle, weil meine Talente gesehen und gefördert werden, weil in der Kirche immer wieder jemand an mich geglaubt und mir was zugetraut hat und auch immer jemand da war, wenn ich mal gestolpert bin.
Als Referentin für Großveranstaltungen sehe ich meine Aufgabe auch immer wieder darin, den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Erinnerung bleibende Erlebnisse mit Kirche zu schenken, die vielleicht auch diesen einen Funken auslösen und entfachen, der den jungen Menschen (so wie mir damals) Gemeinschaft, Freundschaft und noch vieles mehr schenkt.
Themen, die mir als Frau unter den Nägeln brennen ...
Inklusion: Ein Grundwert der Kirche ist eigentlich, dass alle Menschen willkommen sind und Platz haben. In der Realität werden aber so viele Menschen, die nicht in das Schema der Kirche passen, ausgegrenzt oder benachteiligt. Und das obwohl sich diese Menschen oft in der Kirche engagieren und sich dort beheimatet fühlen. Diese Realität schmerzt mich sehr und lässt mich auch an der Institution zweifeln. Ich würde mir eine Kirche wünschen, die hält was sie verspricht, und wirklich ein Ort ist, wo jeder und jede (egal welche sexuelle Orientierung, welche Lebensumstände, etc.) Platz hat und sich willkommen fühlt.
Frauenpriestertum: Viele Frauen engagieren sich in der Kirche an vielen unterschiedlichen Orten und tun das mit einer großen Leidenschaft. Ich würde mir das Frauenpriestertum wünschen, weil es so viele engagierte Frauen gibt, die Großartiges in der Kirche leisten und auch etwas zu sagen haben, Menschen leiten und begleiten können und unglaublich gute Seelsorgerinnen sind.
Zölibat: Ich denke, Kirche ist immer wieder sehr fremd und überhaupt nicht nahe an den Menschen. Ich finde, dass da auch das Zölibat ein Grund dafür ist. Wie kann ich Situationen und Problematiken in der Familie gut verstehen, Menschen verheiraten, etc. und dann selbst das nie erfahren. Deshalb würde ich mir die Auflösung des Zölibats wünschen. Ich finde jede:r sollte das Recht auf eine Familie haben, auch Priester.
Diese gesellschaftspolitischen Themen stehen meiner Meinung nach jetzt an ...
Einigkeit und Zusammenhalt in unsere Gesellschaft bringen: Corona hat unsere Gesellschaft massiv gespaltet. Ich würde mir wünschen, dass unsere Politik aufhört zu streiten und anfängt, als gutes Beispiel und Vorbild voranzugehen. Wir brauchen dringend wieder Einigkeit in unserer Gesellschaft. Werte wie Solidarität und Nächstenliebe sind wichtiger denn je. Und ich denke, da können auch wir als Kirche einen guten Beitrag leisten und mit gutem Beispiel voran gehen. Unterschiedliche Meinungen hat es immer schon gegeben und wird es auch immer geben (das ist auch wichtig in einer Demokratie), aber wir müssen wieder lernen, uns trotz unterschiedlicher Meinungen respektvoll und wertschätzend zu begegnen. Das ist mir wirklich ein großes Anliegen: Akzeptanz und auf den/die Nächste:n schauen und somit wieder ein bisschen mehr Freude und Leichtigkeit in unser Leben bringen.
Was oder wer mich beGEISTert und mir Kraft gibt, damit Kirche lebendig wird und in Bewegung bleibt ...
Was mich an Kirche schon immer begeistert hat und nach wie vor begeistert ist die Musik. Singen und Musizieren ist schon seit ich ein Kind bin eine Leidenschaft von mir. Und diese Leidenschaft konnte ich und kann ich nach wie vor in der Kirche leben. Ich liebe die Akustik in der Kirche, die Kraft, die ein Chor in so einem Gebäude hat und die Gemeinschaft und Freude, die ich beim gemeinsamen Singen erlebe.
Und vor allem modernes (geistliches) Liedgut mit schönen lebensnahen Texten, lässt mich in besonderer Art meinen Glauben zum Ausdruck bringen. Beim Singen spüre ich die Nähe zu Gott am allerbesten. Musik und Gesang ist für mich die schönste Art zu beten, denn beim Singen entsteht echte ehrlich gemeinte Freude, Begeisterung und Bewegung.
Eines meiner Lieblingslieder ist das Lied „Mein ganzes Leben“ von Stefanie Poxrucker – dort schreibt sie „Mein ganzes Leben ist dir vertraut. Mein Gott wie du mich kennst. Ich danke dir, dass du mich umgibst, du hältst deine Hand über mir.“
Diese Zeilen beschreiben so schön, dass Gott uns bis in den letzten Winkel kennt. Vor ihm brauch ich mich nicht zu verstellen oder zu verstecken. Er kennt alle Seiten von mir und sagt trotzdem ja zu mir. Er ist immer bei mir, er umgibt und beschützt mich, auch wenn ich mich ihm vielleicht gerade nicht besonders nahe fühle.
Zur Person:
Judith Zeitlhofer MSc ist Referentin für Großveranstaltungen bei der Katholischen Jugend Oberösterreich.