Er besuchte das Gymnasium in Augsburg, studierte 1767-1768 in Heidelberg Philosophie (Bacc., Mag. phil.) und Theologie und trat dann in das Priesterseminar zu Bruchsal ein, wo er am 13. Juni 1772 zum Priester für die Diözese Speyer geweiht wurde. 1773 ging er nach Wien, um bei dem aufgeklärten Pädagogen Johann Ignaz von Felbiger, Abt von Sagan, die "Normalschulmethode" zu studieren. Felbiger vermittelte ihn später als Religionslehrer an die k.k. Normalschule bei St. Anna in Wien. 1778 zum Hofkaplan ernannt, wurde Gall 1780 Pfarrer in Burgschleinitz sowie 1784 Schulenoberaufseher für alle deutschen Schulen Niederösterreichs. Als solcher führte er verschiedene Reformmaßnahmen im Geiste der Aufklärung durch. 1787 wurde er von Kaiser Joseph II. zum Domscholaster von St. Stephan in Wien und am 12. Mai 1788 zum Bischof von Linz ernannt. Die kanonische Institution folgte am 15. Dezember, die Konsekration durch Kardinal Christoph v. Migazzi am 8. Februar und die Inthronisation am 1. März 1789.
Die Bevölkerung der Diözese Linz begegnete Gall zunächst mit Skepsis, da er als Josephiner, Aufklärer und Freund der Generalseminare galt. Die ihm nachgesagte Zugehörigkeit zu den Freimaurern lässt sich quellenmäßig nicht beweisen.
Gall gewann jedoch durch seine bescheidene Lebensführung, Schlichtheit und Selbstlosigkeit zusehends größere Anerkennung. In einem von Kaiser Leopold II. angeforderten Gutachten über die kirchliche Situation wandte sich Gall 1790 nicht nur gegen abergläubische Praktiken, sondern auch gegen den "Leichtsinn" einer übertriebenen Aufklärung. Gall erreichte auch die Umwandlung seiner bis dahin in Geld ausgezahlten Dotation in eine Realdotation. Da er selbst kein Freund der Klöster war, hatte er dafür einige noch bestehende Abteien vorgeschlagen, aber nicht die Zustimmung des Kaisers gefunden. 1791 erhielt er die aufgehobenen Benediktinerklöster Garsten und Gleink sowie das Stift Mondsee.
In die Amtszeit Galls fiel die Gründung der "Theologisch-praktischen Monatsschrift" (1802), in der er auch selbst mehrere Beiträge veröffentlichte. Gall förderte besonders den Katechismusunterricht in den Schulen und Kirchen (vor allem die Christenlehre), die Predigt und die Liturgie. Er verfasste selbst ein Gebetbuch und ein deutsches Rituale für die Spendung von Taufe und Krankensalbung. Nach Aufhebung der Generalseminare durch Leopold II. führte Gall 1793-1794 mit großem Engagement die theologischen Studien in Linz wieder ein und gründete 1806 das Priesterseminar, zu dem er aus eigenen Mitteln viel beisteuerte und das er in seinem Testament ausgiebig bedachte. Gall starb am 18. Juni 1807 in Linz. Er wurde im Alten Dom beigesetzt.
Schriften: [J.A. Gall], Vorstellungen der liebreichen Anstalten und Ordnung Gottes, die Menschen gut und glückselig zu machen (Wien 1778). – [J.A. Gall], Einleitung zum Religionsunterricht in Gesprächen der Mutter mit dem Kinde (Wien 1779; Köln 1782; Wien 1820). – Sonn- und Festtägliche Evangelien der Dorfgemeinde zu Burgschleinitz unter der Frühmesse vorgetragen, 2 H. (Wien 1782/84). – J.L. Stangl [= J.A. Gall], Sokrates unter den Christen in der Person eines Dorfpfarrers, 3 Bde. (Wien 1783/84). – [J.A. Gall], Anweisung, wie die Kirchenkatechisationen künftig gehalten werden sollen (Linz 1789). – [J.A. Gall], Anleitung zur Kenntnis und Verehrung Gottes, nebst der Anweisung zur Glückseligkeit nach dem Leben und der Lehre Jesu (Wien 1793). – [J.A. Gall], Anweisung zur Glückseligkeit nach dem Leben und der Lehre Jesu (Wien 1793; 21794). – [J.A. Gall], Liebreiche Anstalten Gottes, die Menschen gut und glückselig zu machen (Wien 1795). – Andachtsübungen, Gebräuche und Ceremonien unserer heiligen katholischen Kirche recht faßlich und lehrreich erkläret zur Beförderung der wahren Andacht und Ordnung des Gottesdienstes, 3 Bde. (Wien 1799; bearb. f. Bayern: Straubing 1805; Wien 1811; Augsburg 1824). – Kurze Reden bei den kanonischen Kirchenvisitationen gehalten von weiland dem Hochwürdigsten Bischof in Linz Joseph Anton Gall und nach dessen Tode aus seinen hinterlassenen Papieren gesammelt und zum Druck befördert (Linz 1808).
Literatur: K. Ritter, Kaiser Joseph II. und seine kirchlichen Reformen (Regensburg 1867), 199-207 (Wiederabdruck des Gall betreffenden Abschnittes in NAGDL 13, 1999/2000, 97-102). – F. Scheibelberger III. – M. Hiptmair. – R. Hittmair. – H. Ferihumer, Die kirchliche Gliederung des Landes ob der Enns im Zeitalter Kaiser Josefs II. (Linz 1952). – Ders., Kaiser Leopold II. und der Episkopat der Erbländer. Die Rolle des Linzer Bischofs J.A. Gall, in: Festschrift Karl Eder (Innsbruck 1959) 181/96. – H. Hollerweger, Reform des Gottesdienstes. – M. Brandl, Theologen, 75f. – R. Zinnhobler – J. Ebner (Hg.), Aus den letzten Tagen des Bischofs Joseph Anton Gall, in: NAGDL 1 (1981/82), 48-53. – A. Albinger (Hg.), Die Briefe des Linzer Bischofs Joseph Anton Gall (= 1807) an seinen Bruder Johann Baptist Gall (= 1821), in: NAGDL 1 (1981/82), 86-101; 2 (1982/83), 189-214. – A. Langer, Die Herkunft des Bischofs von Linz Joseph Anton Gall, in: NAGDL 2 (1982/83), 40-57. – H. Hollerweger, in: Zinnhobler, Bischöfe von Linz, 32-57. – R. Zinnhobler, Bischof Gall und die Wiedereinführung der theologischen Studien in Linz, in: MOÖLA 18 (1996), 417-432; Zinnhobler u. Pangerl, Kirchengeschichte in Linz (Reg.).