Freiwillig eine Nacht im Zelt im kalten Februar? Insgesamt 17 Personen haben stellvertretend für viele BefürworterInnen der Initiative „Wochenende für Moria“ an den vergangenen zwei Wochenenden eine Nacht, manche sogar zwei Nächte, im Zelt im Orangeriepark in Schärding verbracht.
Warum tut sich das jemand an? „Weil ich zeigen möchte, dass es nicht allen egal ist, was da in Griechenland passiert“, so Markus Leßky, Lehrer am Gymnasium und BORG Schärding. Auch zwei Firmlinge aus Zell an der Pram ließen es sich nicht nehmen, im Zelt zu übernachten: „Ich kann mich jetzt zu Hause wieder aufwärmen“, erklärt Benedikt Neunhäuserer nach seiner Nacht im Zelt. „Aber die Flüchtlinge in Griechenland haben diese Möglichkeit nicht.“ Auch Studentin Ida Berschl ist sich ihres Privilegs bewusst: „Ich habe das Glück, dass ich nur eine Nacht hier schlafen muss. Aber die Kinder und Familien in Griechenland leben seit Monaten und Jahren in diesen unmenschlichen Lagern. Das finde ich nicht in Ordnung.“
An den letzten beiden Wochenenden im Februar hatte eine Kooperation verschiedener kirchlicher und zivilgesellschaftlicher Organisationen für jeweils 24 Stunden ein Solidaritätscamp im Orangeriepark aufgestellt und sich damit der österreichweiten Bewegung „Wochenende für Moria“ angeschlossen. Zahlreiche sind gekommen um der Forderung zuzustimmen, Österreich möge zumindest 100 Familien mit Kindern aus den griechischen Flüchtlingslagern aufnehmen.
Auch ein Mitglied des Organisationsteams bringt es auf den Punkt: „Ich möchte nicht eines Tages von meinen Kindern gefragt werden, warum ich nichts getan habe, um das Leid der Kinder in den griechischen Flüchtlingslagern zu beenden. Solch katastrophale Unterkünfte für Flüchtlinge darf es heutzutage auf europäischem Boden nicht geben. Das entspricht nicht meiner Vorstellung von konkreter Nächstenliebe, von Solidarität und von der Umsetzung der Menschenrechte.“ Katharina Mantler aus Andorf, von ORA International Österreich.
Ob die Schärdinger Initiative erfolgreich war? „Ja, wir freuen uns über die breite Unterstützung verschiedenster Personen und Vereine. Und nein, denn die grundsätzliche Forderung, nach der Aufnahme einer überschaubaren Zahl geflüchteter Familien wird von der Bundesregierung weiterhin nicht erfüllt. Gesehen wird unser Signal trotzdem“, ist sich Organisator Martin Brait vom Team „Brücken bauen“ gewiss. „Immerhin habe ich einige Tage vor unserem ersten Wochenende einen Anruf direkt aus Wien bekommen, ein Versuch uns umzustimmen. Also kann es den Politikern und Politikerinnen in Wien doch nicht ganz egal sein, was Menschen in Schärding denken und tun.“
Nach Abschluss der Aktion wird nun Pakete mit insgesamt mehr als 300 Briefen und persönlichen Stellungnahmen an Bundeskanzler Sebastian Kurz geschickt, die in Schärding aber auch in den teilnehmenden Pfarren wie zum Beispiel Zell an der Pram gesammelt wurden. Doch es soll weiter gehen: So laden die Organisatoren alle BürgerInnen ein, an Gemeinderäte, Bürgermeister und Parteiobleute heranzutreten, um ihre Unzufriedenheit mit dem Kurs der Regierung auszudrücken. „Man weiß bekanntlich nie, welcher Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt. Deshalb zählt jeder Brief, jedes Gespräch, jedes Telefonat.“ Es bleibt die Hoffnung auf ein Zeichen der Menschlichkeit vonseiten der Bundesregierung.
Der Brief an Bundeskanzler Sebastian Kurz zum Download